)iifernutiohule Sammler-Zeitü 11 g.
Seife 276
tierfe, sondern weitere hinzugebracht hatte und dazu neue
Bundesgenossen und mächtige freunde. Lim diesen auch
in ihrem äußeren .Auftreten gleichwertig zu erscheinen,
fing man an, sich kostbarer zu kleiden und mehr Sorgfalt
auf die Ausstattung der Räume in priemten und öffent
lichen Gebäuden zu nennenden, zum Arger derjenigen
Patrioten, welche in der früheren Einfachheit das Wohl
des Staates erblickten. Die Befriedigung dieser Bedürf
nisse wurde ermöglicht infolge der Erzwingung der nötigen
Garantien für wollige Sicherheit auf den alten Handels
strafgen, durch die Erschließung neuer Handelspläße für
den Absatj der einheimischen Produkte und besonders
durch den reichen Sold, welcher non allen Seiten in die
Taschen der oielumworbenen Hauptleute und Söldner floß.
Dabei traf es sich, daß dieser materielle Aufschwung zeit
lich zusammenfiel mit einer Erfindung, welche das ganze
Wohnungswesen umgestaltete. Es waren die Bußen
scheibe n.
Hatte bis dahin der ITlangel an zweckmäßigen
fensteroerschliissen das Anbringen non fensteröffnungen
?ig; 5.
an den Wohnhäusern auf das notwendigste beschränkt,
so öffnete man nun, wo es die mittel erlaubten, wenig
stens im eigentlichen Wahngeschoße, wenn möglich die
ganzen freiliegenden fronten zu einer im Innern non
Säulen getragenen breiten fensterwand oder uereinigte zu
fenstern wenigstens eine größere oder kleinere Zahl non
hohen, schmalen Öffnungen, durch welche endlich das lang
oermißte L'icht in goldenen fluten ungehindert Einzug in
die früher so düsteren Wohngemächer hielt. Diese Wohl
tat machte sich ganz besonders während der langen,
trüben Wintermonate fühlbar. Kann es da befremden,
wenn alle Welt solcher fensteroerschlüsse begehrte? Aber
auch in den Gotteshäusern wollte man nicht mehr darauf
oerzichten. Wohl erfreuten sich die in gotischem Stil er
bauten Kirchen oon jeher größerer fensteröffnungen, in
denen bisweilen bunte Glasmalereien ihre farbenreflexe in
das Halbdunkel des Andachtsraumes warfen und bei
Sonnenschein wie bunte Schmetterlinge auf dem Kirchen
boden und über die Bestuhlung spielen ließen. Allein sie
bildeten eine oerschwindend kleine Zahl. Denn die Bet
häuser auf dem Tande gewährten nur durch wenige runde
Hummer is
oder rechteckige, unregelmäßig in die [Hauern oerteilte
und nur teilweise durch trübes Waldglas oerschlosseue
Öffnungen dem Eichte Zutritt, wobei man sich oft damit
begnügte, die schadhaft gewordenen Glasoerschlüsse mit
Brettern oder tappen zu oerstopfen, um wenigstens dem
Unwetter den Eintritt zu wehren. Jeßt sollte auch hier
Wandel geschaffen werden. Zu Stadt und Land wurden
die Kirchen um- und neugebaut, und in großer Zahl man-
derten Leute umher, die, gestiißt auf Bettelbriefe ihrer
geistlichen und weltlichen Obrigkeiten, durch Sammlung
milder Beisteuern zu diesen Kirchenbauten sich Verdienste
für das ewige Leben erwerben wollten, Und wie die Seckel-
meisterrechnungen beweisen, waren es gegen Schluß des
15. Jahrhunderts nicht mehr, wie früher, Geldbeträge, um
die oor allem angehalten wurde, sondern fernster und, wo
die Umstände auf Erfolg hoffen ließen, dazu auch noch
die Wappen der Donatoren, immerhin zunächst aber noch
mit Beschränkung auf die Landes- oder Herrschaftsherren,
die städtischen Räte und weltliche und geistliche Personen,
die zu dem Gotteshaus in näheren Beziehungen standen.
In ähnlicher Weise erstreckte sich die Bautust auch
auf die Rathäuser. Bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts
hatte man auch ihnen wenig Schmuck angedeihen lassen
und sogar nur, wo es die Rot erforderte, wie etwa in
der Stube des Schreibers, die fenster mit Glasoerschliis-
sen uersehen. Je öfter nun fremde Gesandtschaften er
schienen, die mit Geld und Versprechungen um der eid
genössischen Stände und Städte Gunst warben, desto
dringender fühlte man auch das Bedürfnis, diese in Räumen
zu empfangen, die schon durch ihre Ausstattung bewiesen,
daß man sich, wenn nicht unter Gleichstehenden, so doch
unter Leuten befand, deren Hilfe oder auch nur Gunst in
den mannigfachen Händeln der großen und kleinen Staaten
und Dynasten unter sich nicht federleicht in die Wagschale
fiel. Zu diesen Ausstattungsstücken gehörten aber seit
dem Ende des 15. Jahrhunderts ganz besonders auch die
Glasfenster. Dabei waren gerade die Ratstuben der rich
tige Ort, um an der Zahl der in den fenstern leuchtenden
Wappen oon freunden und Bundesgenossen zu beweisen,
wie sehr man umworben war, und der Hülfesuchende
konnte sich nicht besser einführen, als wenn er dazu auch
sein eigenes als Angebinde guter freundschaft stiftete.
Um diese Zeit brachte die Erfindung des Schieß-
pulners auch eine Umwandlung im Waffenhandwerk.
Darin sich zu üben, waren die Eidgenossen oon jeher
ganz besonders eifrig gewesen. Run galt es, sich mög
lichst rasch auch in die Handhabung der feuermaffen ein
zuarbeiten. Um dies zu fördern, wurden besondere Ge
sellschaften gegründet, deren Tätigkeit die Räte mit allen
ihnen zu Gebote stehenden ITlitteln unterstüßten. Infolge
dessen entstanden neue Schüßenhäuser mit neuen Ziel
stätten. Da man in den ersteren die fröhlichen Gelage
abhielt, welche bei festlichen Anlässen nicht fehlen durften,
so bot sich auch zu deren Ausschmückung Gelegenheit
durch Stiftung oon fenstern und Wappen, und weil sich
die benachbarten Städte jährlich zu gemeinsamen Schießen
einluden, füllten die gegenseitigen Gaben bald alle fernster
der Schüßenstuben. Daß hinter diesen die der Zünfte und
Gesellschaften und sogar die Badestuben nicht zuriiekstehen
wollten, bedarf keiner näheren Begründung.
Ein weiterer Ort, wo sich erst recht alle Weit zu
sammenfand, waren die Herbergen und Gasthäuser in den
Städten und an den großen Heerstraßen auf dem Lande.
Ihre Besißer zählten nicht nur zufolge ihres Wohlstandes
oielfach zu den einflußreichsten Leuten, sondern auch gerade
wegen ihres Gewerbes. Denn sie hörten oon ihren Gästen
oiel oon den Zeitläufen und konnten dadurch den Räten
mancherlei wichtige Dienste leisten. Ihr Stolz war es oon
jeher, wenn hochangesehene Personen bei ihnen Einkehr