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Internationale Sammler-Zeitung,
Kummer 18
die Gaben in den Fenstern der Beschenkten auch unter
gebracht roerden konnten. Zum Unterschiede non den
alten, durchkomponierten Glasfenstern bezeichnet man heute,
nicht gerade sehr zutreffend, diese kleineren Glasbilder als
Kabinettscheiben.
Wie bei der Tagsatjung, so gingen auch bei den
Räten der Städte und flecken Gesuche um die Verabfolgung
?ig. 5.
non fenstern und Wappen, oder doch um einen Beitrag
zur Herstellung solcher, so häufig ein, dafj seit dem 16.
Jahrhundert die Klagen über diesen „fensterbettel“ auch
in den Ratsprotokollen beständig miederkehren. Unter
solchen Verhältnissen kann es nicht befremden, roenn z. B.
der Seckeimeister non freiburg alle diese Gesuche unter
der Rubrik „Stur (Beisteuer) und Bettelmerk“ eintrug.
Doch halfen alle Verbote nichts. Denn seit dem Gilde des
16. Jahrhunderts begnügte man sich sogar nicht einmal
damit, die Regierung oder den Rat um das Bandes- oder
Stadtroappen zu bitten, sondern man oerlangte die Wappen
sämtlicher ITlitglieder und sogar die der höheren Beamten
überhaupt. Das namentlich bei Reubauten non Kirchen.
Und in gleicher Weise gelangte man an die Vertreter der
Regierungen auf dem Bande, an die Eandoögte, Band
schreiber u. a. Da diese nicht gemillt roaren, die staat
lichen Geschenke aus eigenen Rütteln zu bezahlen, kamen
Kompetenzüberschreitungen nicht selten oor und führten
zumeilen zu scharfen Auseinandersetzungen mit den Vor
gesetzten.
Immerhin darf man nicht glauben, dafj zu allen
Zeiten non den Obrigkeiten Glasmalereien zu solchen
Zmecken in gleich grofjer Zahl oerschenkt morden seien.
Vielmehr hing die Unzahl der Geschenke oon den Zeit
läufen ab und oon den Zmecken, roelche man mit diesen
Gaben zu erreichen suchte. So gibt es in den Seckel-
meisterrechnungen selbst größerer Orte Jahrgänge, die
keine oder nur sehr roenige Ginträge für solche Spenden
aufroeisen. Während die Zahl der im Verlaute eines Jahres
der Tagsatzung eingereichten Gesuche bei einem ITlittel oon
13 bis auf 26 und ausnahmsweise sogar bis auf 39 an-
rouchs, bewilligte z. B. Zürich 1560 : 17, 1561 : 14,
Bern 1560 : 9, 1561 : 11 (nur für die deutschen Bande);
Basel 1577 : 5, 1578 : 6; freiburg 1560 : 11, 1561 : 18;
Solothurn 1560 : 15, 1561 : 29; Schaffhausen 1560:8,
1561 : 7 Gesuche. Diese Zahlen entsprechen aber nicht
immer den oon den Räten mährend eines Jahres ange-
kauften Standesmappen. Denn um den Gesuchstellern
rascher entsprechen zu können, oder auch manchmal nur,
um die armen Glasmaler zu beschäftigen, wurden solche
Scheiben in Vorrat, d. h. auf Depot angeschafft. So liefj
der Rat oon Zürich z. B. im Jahre 1579 zu diesem Zwecke
nicht weniger als 47 Wappen malen, für aie er zusammen
275 Pfund bezahlte. Da nun dieser Vorrat gewöhnlich
nicht mährend eines Jahres oerschenkt wurde, so stimmen
die auf den Glasgemälden aufgemalten Daten auch nicht
immer mit dem Schenkungsjahr überein,
Reben dieser obrigkeitlichen fenster- und Wappen
schenkung, der sich seit der (Riffe des 16. Jahrhunderts
auch die Vorsteherschaften der Bandgemeinden anschlossen,
ging diejenige oon weltlichen und geistlichen Korporationen
und Prioatpersonen einher. Sie umfafjte alle Stände und
alle möglichen Veranlassungen wurden zum Vorwände für
Bittgesuche oerwendet, wo nicht freundschaft diese Gaben
aus freiem Willen spendete. Dabei zeichneten sich beson
ders die Klöster nicht nur als willige Spender, sondern
auch als eifrige Sammler oon Glasgemälden aus, kam es
doch oor, dafj eine kleine Abtei bei Anlafj eines Reubaues
nicht weniger als 70 Gesuche auf einmal ergehen lief).
Aus Buzern wird uns schon aus dem Jahre 1489 die Sitte
bezeugt, wonach man bei Hochzeiten dem jungen Paar
ein fenster resp. sein Wappen in dessen neues Heim
stiftete. Das gab neuerdings zu der ganz unrichtigen
Kleinling Anlafj, es seien alle Glasgemälde, auf denen
Klann und frau als Wappenhalter oder in ähnlicher Dar
stellung oorkommen, solche Hochzeitsgeschenke gewesen.
Diese Begehrlichkeit nach Gigsgemälden rief eine
Rlassenproduktion heroor, an der sich bald auch Unberu
fene beteiligten. Gs wäre darum durchaus unrichtig, wenn
man in allen Glasgemälden kunstgewerbliche Arbeiten oon
dauernder Bedeutung erblicken wollte, ungerecht aber,
wenn man ihren Wert nur nach den graphischen Repro
duktionen beurteilte. Denn da der besondere Reiz der
Glasmalerei in der malerischen Wirkung und Beuchtkraft
der Gläser liegt, geben die Schmarz-Weifj-Reproduktionen
?ig. 6.
wohl die Zeichnung wieder, auf der alle Klüngel sich oft
in geradezu unangenehmer Weise oordrängen, mährend
die guten Qualitäten, welche diesen Arbeiten eine ange
sehene Stellung neben denen der Schwesterkünste sicher
ten, selbst auf farbigen Reproduktionen nicht genügend
zur Geltung kommen. Glücklicherweise oerfügten gerade
die ungeschickten Zeichner auch über so mangelhafte