MAK
Hummer 18 
Internationale 5amm 1 er-Zeitung. 
Seite 279 
Kenntnisse in der Technik des Glasbrennens, dafj ihre 
Arbeiten schon nach kurzer Zeit zufolge der Witterungs 
einflüsse oder der Umgebung ihres Standortes nerdarben. 
Dieses Schicksal traf aber nur zu oft auch die roertuollsten 
Glasmalereien, namentlich bei ungenügendem Schule gegen 
Unroetter oder infolge chemischer Ginflüsse. Schon Akten 
aus dem 15. Jahrhundert berichten uns non Reparaturen 
an alten Bildern, und ganze Kirchenfenster, die im Taufe 
der Jahrhunderte mehrmals solchen unterzogen werden 
mußten, sind keinesvoegs selten. Seit dem Ende des 16. 
Jahrhunderts machen die Gesuche um Erneuerung früher 
geschenkter Glasgemälde, die inzmischen schadhaft oder 
unscheinbar geworden mären, ein Viertel bis ein fünftel 
der jährlich eingehenden Bittschriften aus, 
In der folge liefjen sich auch die oon einzelnen Re 
gierungen auf gestellten Tarife für die Glasgemälde nicht 
aufrecht erhalten, schon aus dem Grunde, weil sich weder 
Korporationen noch Priemte daran gebunden fühlten. Das 
war ein Glück für die Glasmalerei. Denn nur dadurch 
wurde es den guten meistern möglich, sich einer minder 
wertigen Konkurrenz gegenüber ein ausreichendes Ein 
kommen zu erhalten, wobei bessere Bezahlung sie dazu 
anspornte, alle fähigkeiten für die Ausführung eines Auf 
trages einzusefyen. 
Diese sich stetig nerbreiternde Sitte der fenster- und 
Wappenschenkung sefjt eine gleichartige Zunahme der 
fensteroerglasungen zu Stadt und Tand Daraus, die nicht 
nur einen uölligen Umschwung in die Ausstattung der 
Wähnräume, sondern sogar in den Bau der Häiser brachte. 
Dadurch wurde sie zu einem mächtigen Kulturelement, das 
man bis heute noch nicht genug würdigte und über dessen 
Wirkungen im einzelnen man sich noch Diel zu wenig 
klar ist. 
Um unter den ansäfjigen Glasmalern dem gegen 
seitigen Heid bei der Ausführung der obrigkeitlichen Be 
stellungen nach JTlögiichkeit zu steuern, beschloß der Rat 
non Zürich im Jahre 1516, einem Gesuche derselben zu 
entsprechen, wonach die Aufträge in periodischer Reihen 
folge an die Rleisfer oerteilt werden sollten. Solche rein 
handwerklichen Interessen dienende Beschlüsse förderten 
natürlich die Glasmalerkunst ebensowenig, wie die llor- 
mierung des Preises nach dem format. Im allgemeinen 
war die soziale Stellung der Glasmaler zu allen Zeiten 
eine prekäre. Da die Glasgemälde zu den Tuxusartikeln 
gehörten, nermochten die staatlichen und prioaten Auf 
träge zusammen den meistern auf einem und demselben 
Platje gewöhnlich nur einen sehr bescheidenen Tebensunter- 
halt zu oerschaffen. Viele suchten sich dadurch zu helfen, 
dafj sie, wie schon oben berichtet wurde, nebenbei das 
Glaserhandwerk ausübten, während wieder andere auch 
als lllaler tätig waren oder als Hauptberuf eine Gastwirt 
schaft betrieben. Am liebsten waren ihnen öffentliche 
Ämter, die zwar nicht immer ein groijes, dafür aber ein 
sicheres Einkommen brachten, welches wenigstens Dar llot 
schüfjte. So finden wir Glasmaler nebenbei als Torwächter, 
Stodtmeibel, Schulmeister und in ähnlichen Stellungen im 
Dienste der Städte. Doch gab es auch TRänner unter 
ihnen, welchen ein gütiges Geschick oder ihre Kunst ein 
sorgenloseres Dasein bereitete und zeitweise sogar als 
Vögte, d. h. Regierungsstatthalter, auf die schönen staat 
lichen Tandsitje führte, ohne dafj sie deswegen ihren Beruf 
aufgaben. Gefährlicher war es, dem Rate als Spion zu 
dienen, wozu man gelegentlich die Glasmaler darum gerne 
oermendete, weil sie ihrem Beruf Dielfach eine gewisse 
Volkstümlichkeit und die Kenntnis oon Tand und Teilten 
oerdankten. So konnte es namentlich in den kriegerischen 
Zeiten zu Anfang des 16. Jahrhunderts Darkommen, dafj 
z. B. ein mann, wie der Glasmaler und Schenkwirt Jakob 
Wildermut in Heuenburg, der zuerst als Spion oer- 
wendef wurde, es später zufolge seiner Intelligenz bis 
zum Gesandten in wichtigen Staatsgeschäften brachte, 
während er sich gleichzeitig oom Söldner zum Anführer 
eines in der Tandesgeschichte berühmt gewordenen Kriegs 
zuges empararbeitefe. Trat] dieser im allgemeinen wenig 
befriedigenden sozialen Stellung der Glasmaler wuchs doch 
während der Blütezeit unserer Sitte der fenster- und 
Wappenschenkung, d. h. bis zum Ende des 16. Jahr 
hunderts, die Zahl der HJeister auf dem gleichen Plalj- 
fortmährend. Sie betrug für Zürich 1540:9; 1560: 12; 
1580:17; 1600 : 10; 1620 : 8; 1640:7; 1660:7; 
1680:4; 1700: 2. 
Die ersten Anzeichen eines kommenden Hiederganges 
des Glasmalergewerbes ahnen wir aus Klagen, wie die 
des llleisters Hans Wälder, der 1595 oom Rate non 
Zürich die Konzession für die Errichtung einer Buchdruckerei 
mit der Begründung oerlängte, das Glasmalerhandwerk 
ernähre seinen mann nicht mehr. Und wie weit dieser 
Iliedergang gegen die mitte des folgenden Jahrhunderts 
schon Dargeschritten mar, beweist uns deutlich die Tat 
sache, dafj ein anderer Zürcher Glasmaler, Gottfried Stadler, 
fig. 7. 
der diesen Beruf oon 1635 —1638 erlernt hatte, erst im 
Jahre 1659 infolge besonderer Umstände sich dazu ent- 
schlofj, das meisterrecht zu erwerben, während er bis dahin 
oorgezogen hatte, Schule zu halten. 
Zur Verschlimmerung der Verhältnisse half nament 
lich auch der Umstand mit, dafj die Glasmaler nicht die 
Vorteile der zünftig organisierten Handwerke genossen, 
welche dafür sorgten, dafj nie eine Konkurrenz entstehen 
kannte, die durch Preisunterbietungen einzelne Hleister oer- 
armen lief]. Der Grund zur Befreiung der HJeister Dom 
Zunftzwang lag aber nicht etwa in der hohen Achtung 
nor diesem Gewerbe, wie bei oermandten Berufsarten, 
sondern in dem Umstande, dafj noch im 15. Jahrhundert 
zufolge der geringen Zahl oon Glasern innerhalb der 
mauern einer Stadt noch kein Bedürfnis nach einer zünf 
tigen Organisation Darlag. In Zürich werden sie zu dieser 
Zeit neben den Kaminfegern genannt. Da aber nur die 
zünftig organisierten Handwerke an der Regierung teil 
nehmen konnten, so stellte man es den Glasern und Glas 
malern frei, ihre Zunft frei zu wählen. Infolgedessen 
suchte gewöhnlich jeder da unterzukommen, wo er oon 
der Zunft selbst oder oon deren ITlitgliedern Aufträge zu 
erhalten hoffte. 
Auch der Alangel einer gewerblichen Organisation 
machte sich so lange nicht fühlbar, als die Konkurrenz 
nicht unlauterem Wettbewerb trieb. Dieser entstand ge-
	        
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