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Internationale S a m m I e r - Z e i t u n g 
Hummer 18 
roöhnlich in dem ITlomente, da es einzelnen meistern an 
Arbeit fehlte. Einen teilroeisen Ersaß für die zünftige 
Organisation suchten die Glasmaler in den Bruderschaften, 
die sie im 16. Jahrhundert roenigstens in allen größeren 
Städten gründeten, manchmal geschah dies in Verbindung 
mit anderen Handroerken, roobei sie ihre besonderen ge- 
merblichen Bedürfnisse durch spezielle Satzungen regelten, 
die oarnehmlich das Eehrjungen- und Gesellenroesen und 
das Verfahren beim Einkäufe der Gläser regelten, und die 
sie sich non den zuständigen Behörden bestätigen liefjen. 
Das mar um so notmendiger, als zu Stadt und fand 
immer mehr „Stümpler und Störer“ auftauchten, die ihr 
Handroerk nicht in richtiger Weise erlernt hatten. Doch 
mären nach der Hüfte des 17. Jahrhunderts selbst in Zürich 
menige llleisfer mehr in der Tage, sich Cehrlinge zu halfen. 
Der eigentliche Riedergang in der Glasmalerei und 
damit auch in der Sitte der Fenster- und Wappenschenkung 
setjf in der Schmeiz in der zmeifen Hälfte des 17. Jahr 
hunderts ein. Wohl mochte der Grund dafür in einer ge- 
roissen Übersättigung und Schenkmüdigkeit der damaligen 
Generation liegen. Doch ist es geroiß kein Zufall, daß er 
abermals zusammenfällf mit dem Aufkommen einer neuen 
Verglasung. Sie bestand in sechseckigen kleinen Glas 
tafeln, etroas größer als die alten runden Bußen, die dem 
ticht nicht nur ungehinderten Zulaß, sondern den Zimmer 
insassen auch einen Ausblick gestatteten, der durch das 
geschlossene fenster Gegenstände und Vorgänge der Außen- 
roelt deutlich erkennen ließ. Die Wirkung dieses oer 
mehrten Eichteinlasses, der roieder als eine große Wohltat 
empfunden rourde, suchte man noch zu fördern durch die 
Weißelung oder bunte Bemalung der Wände und das An 
bringen oon Stuckdecken, zu deren Erstellung es seit der 
ßeoorzugung des Barockstiles für die Kirchenbauten an 
geschickten Kleistern nicht fehlte, für diese Räume mären 
Glasgemälde kein Bedürfnis mehr,, da deren bunte farben- 
pracht zur Innendekoration eher störend wirkte, ähnlich 
roie die buntfarbigen Öfen. Da man aber oererbte Ge 
bräuche nur ungern aufgibt, so suchte man auch der Sitte 
der Glasgemäldeschenkung roenigstens noch ein Scheinleben 
zu erhalten, indem man Wappen und Bilder in sepiabraunen 
Tönen auf Glastafeln malen lief]. Es mar ein altes Ver 
fahren, roelchesman unter Ulitoerroendung oon sogenanntem 
Silbergelb schon seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts in 
den lliederlanden und am lliederrhein zu großer Voll 
kommenheit ausgebildet hatte und das sich einer solchen 
Beliebtheit erfreute, daß für diese Gegenden die bunten 
Gläser dagegen nie recht aufzukommen oermochfen. Da 
gegen fand es in unseren Tarnten keinen großen Anklang 
und rourde daher zu gleicher Zeit nur für die Umrahmun 
gen der Wappen und Bilder uerroendet, um schon gegen 
die Hütte des 16. Jahrhunderts gänzlich in Abgang zu 
geraten. Run zog man diese Grisaille- oder Graumalerei 
roieder zu Ehren, anfänglich, roie früher, blaß für die um 
rahmende Architektur, bald aber auch für Wappen und 
Bilder. Eeßtere roaren aff nichts anderes, als auf Glas 
übertragene Kupferstiche. Diese Technik erhielt sich bis 
zur IRitte des 18. Jahrhunderts, als abermals eine Ver 
besserung in der fensteroerglasung auch ihr ein Ende be 
reitete. Sie bestand darin, dalj man die Fensterflügel 
durch ein feines hölzernes Rahmenroerk in rechteckige 
flächen einteilte und dieses mit kleinen Glastafeln schlofj. 
Diese Verglasung hat sich nicht nur in oielen alten Wohn 
häusern bis heute erhalten, sondern roird sogar neuerdings 
roieder, roenigstens für die Oberlichter, mit Vorliebe in 
Reubauten uerroendet und bedarf darum keiner näheren 
Beschreibung, ln dieses neue Rahmenroerk hätten sich die 
Grisaillescheibchen ohne weiteres einfügen lassen. Da aber 
gleichzeitig ein Wandel in der Innendekoration der Räume i 
eintrat, indem die tonangebenden familien das oon frank- 
reich in IRode gebrachte Rokoko nachahmten, paßten diese 
Graumalereien nicht mehr zu den farbenglühenden seidenen 
Wandbekleidungen in oergoldetem Rahmenroerk oder den 
bunten Papiertapeten, den hohen Spiegeln und reizenden 
Genremalereien, um so weniger, als man mit bunten Vor 
hängen dem Eichte den Eingang roieder zu mehren begann, 
Es kann darum nicht befremden, roenn der im Jahre 1766 
uerstorbene leigte Glasmaler Zürichs, Hans Konrad ITleier, 
sein Handroerk in Rürnberg und Hamburg erlernen 
mußte, roeil er in seiner Vaterstadt keinen Eehrmeister 
dafür fand. 
Ein leßter Versuch, die fensterdekoration oar ihrem 
völligen niedergange zu retten, rourde um die Hütte des 
18. Jahrhunderts unternommen, indem man dazu den 
Glasschliff zu nennenden suchte. Da man aber für die 
Ausführung der Bilder und Wappen auf die Kunst der 
wandernden Böhmen, roelchedieseTechnik allein beherrschten, 
angewiesen war, so fielen diese Erzeugnisse künstlerisch 
meist so mangelhaft aus, dal] sich nur das wohlhabende 
Bauern- und Bürgerhaus damit begnügte. 
Schließlich erstarb die fensterdekoration ganz in einer 
noch primifioeren Technik, welche sich darauf beschränkte, 
auf einzelne Glasscheibchen Sprüche und Blumen einzü- 
rißen. Damit fand auch die schöne Sitte der fernster- und 
Wappenschenkung ein glanzloses Ende, nachdem sie mährend 
mehr als zwei Jahrhunderten eine Unmasse reizender 
Werke geschaffen und damit der Schweiz wenigstens auf 
einem Gebiete des Kunstgeroerbes ein Ansehen zu erringen 
uermocht hatte, roie sie es auf keinem zweiten besal'3. 
Dieser Wechsel in der IRode war aber roenigstens 
kein grimmiger feind des noch uorhandenen Bestandes an 
alten Glasgemälden. Denn roenn man sie auch in den 
fenstern der dem Zeitgeschmäcke angepaßten Wohnräume 
nicht mehr anbrachte, so ließ man sie doch in den schönen 
alten, holzgetäfelten Zimmern der Rathäuser, Zunft- und 
Eresellschaftssfuben und ebenso auf den Schlössern und 
Eandsißen als treue Andenken an alte freundschaftsbande 
unangefochten. Schlimmer stand es um die in den Kirchen. 
Da man ir. katholischen fanden stets einen größeren Eifer 
dafür zeigte, diese dem zeitgenössischen Geschmacke ent 
sprechend zu restaurieren, so wurden die Glasmalereien 
dort nielfach auch schon früher als oeralteter und zu der 
übrigen Dekoration disharmonisch wirkender fensterschmuck 
entfernt, als in den Kirchen der reformierten Tande, wo 
sie mit der Kanzel und dem Taufstein gewöhnlich den 
einzigen Schmuck bildeten. Dazu kam, daß die Inhaber 
kleiner Herrschaften im Taufe der Zeit ihre Dorfkirchen 
zu kleinen JRausoleen ihrer familien uerroandelt halten, 
indem sie nicht nur die alten Glasgemälde darin sorgfältig 
aufberoahrten und, roenn sie beschädigt roaren, restaurieren 
ließen, sondern dazu bis ins 18. Jahrhundert hinein neue 
stifteten und sogar, damit die Angehörigen möglichst lücken 
los oertreten seien, selbst nachträglich für solche, die in 
der fremde oerstorben und begraben roaren. 
Ein schlimmerer feind erwuchs diesen heraldischen 
Zierden in den Rachroirkungen der französischen Reoolu- 
tion auf dem Gebiete der alten Eidgenossenschaft. Denn 
infolge der Reklamationen der französischen Bürger 
kommissäre erließ das heinetische Direktorium im IRai 
1798 eine Verfügung, wonach „allenthalben die Zeichen 
der ehemaligen Regierungen, des Adelstandes und andere 
aufgehobene Auszeichnungen an öffentlichen Pläßen, Ge 
bäuden usro.“ entfernt werden sollten. Glücklicherweise 
hatte man es mit der Ausführung dieser Verordnung nicht 
überall eilig, und oielerorts rourde ihr überhaupt nicht 
nachgelebt. Auch dieser Ungehorsam rettete einen statt 
lichen Bestand an alten Glasgemälden. 
| Viel größer war der Schaden, welchen Unoerstand und 
I Interesselosigkeit an diesen Kunstwerken anrichteten, zu deren 
Würdigung selbst kunstoerständigen oder doch roenigstens
	        
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