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leiden, das von ihm selber als solches nicht rechtzeitig beachtet,
in seinen Begleiterscheinungen nicht wenig zur Ausgestaltung
seines einsamen Wesens beigetragen haben dürfte, hat ihn nun
plötzlich dahingerafft, wenige Tage nachdem er sich in die Nähe
von Wien auf das Land begeben hatte, um sich dort zunächst
für eine weitere Reise in's Hochgebirge zu kräftigen. Wir, seine
Freunde, sahen ihn längst mit Bekümmerniss leiden; zu dem
wehmüthigen Zuge, welcher auf seinem schönen, feingebildeten
Antlitze seit jeher bemerkbar war, gesellten sich Spuren erdul-
deter Schmerzen. Aber so plötzliche Trennung glaubte Niemand
befürchten zu müssen und sie traf uns schrecklich, gleich einem
Wetterstrahl. Der Klageruf uzu früht- gilt hier vollauf, für seine
Familie, seine Freunde und für die Wissenschaft. Unser gedie-
genster Kenner der graphischen Kunst ist nun dahin und bei
jeder Gelegenheit werden wir seinen Rath und seine Gelehrsamkeit
bitter vermissen!
Mehrere seiner Arbeiten und bei Schestag kann man das
voraussagen, sie wären alle werthvoll geworden, sie sind nun ein
Torso. Seitdem er an der kais. Kupferstichsammlung war, welche
ihm mehr Concentrirung auf sein Specialgebiet gestattete, als die
nach zu viel Richtungen zersplitternde Thätigkeit an der Bibliothek
des Oesterr. Museums, besonders seit der Begründung des Jahr-
buches der kunsthistorischen Sammlungen desÄAllerhöchsten Kaiser-
hauses durch Hofrath von Leitner, hatte er sich zu häufigerer
schriftstellerischer Thätigkeit entschlossen. In dieser Publication,
deren Programm der PHege vaterländischer Kunstforschung wohl
zu begeistern im Stande ist, erschien im Vorjahr eine erschöpfende
Abhandlung über den Triumph des Kaisers Max und mit einer
andern über ein verwandtes Thema war er eben beschäftigt.
Erfreulichste Anregung und Wirksamkeit fand er, seitdem er
Mitglied der k. k. Central-Commission für Kunst- und historische
Denkmale geworden war. Besonders in dem Comite für die
Kunsttopographie Oesterreichs war er eine unschätzbare Kraft
und hoffte sogar, die Kunsttopographie des Kronlandes Salzburg,
welche er übernommen hatte, schon im nächsten Jahre für den
Druck fertigstellen zu können-
Mit all" dem Angeführten ist aber Schestag's rastlose Thä-
tiglteit mehr nur angedeutet als erschöpfend geschildert, schon
aus dem Grunde, weil er nach vielen Seiten hin seine Arbeit
zur Verfügung stellte, wenn es verlangt wurde, ohne dass bei
seiner Bescheidenheit und Schweigsamkeit die Kunde davon in