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Internationale Sa mmler-2eitung 
Hummer 19 
An einer Wand fällt mir ein reicher polnischer 
Säbel aus dem Jahre 1603 auf. fr steckt in einer 
schroeren Silberscheide, die auf ihrer Vorderseite die Por 
träts der berühmtesten polnischen Helden jener Zeit, auf 
der Rückseite deren Wappen enthält. Grüner Samt ist 
der Silberschale unterlegt. Dr. o. Thaler erzählte mir, 
daß er das interessante Stück auf einer Auktion erworben 
habe. Am Tage darauf erhielt er einen Brief, in dem 
ihn eine polnische Gräfin oerzroeifelt bat, ihr den Säbel, 
der für sie eine teure familienerinnerung bedeute, zu über 
lassen. Thaler wurde schwach, aber Josef Tewinsky, 
der gerade bei ihm zu Besuch war, rief ihm, sich nicht 
den Säbel ablisten zu lassen. „Besser ein Polensäbel an 
der Wand, als das Geld der Polengräfin in der Tasche“, 
meinte er launig und so behielt Thaler ihn. 
Auf einem Tischchen unter diesen Waffen gewahre 
ich einige kleine indische Götter aus Bronze. Dr. o. 
Thaler bezeichnet sie als Geschenke des Generalkonsuls 
Bummler. Der Generalkonsul hatte aus Indien auch 
zwei oollständige, goldene, tauschierfe Rüstungen, indische 
Tulmars, ein indisches Opfermesser mit uralter Klinge, 
zehn Krise und ein sehr reich ornamentiertes birmanisches 
Henkerschwert für Dr. d. Thaler mitgebracht, die der glück 
liche Besitzer an der Rückwand des Arbeitszimmers plaziert 
hat. In einer Gcke liegen eine tibetanische Doppeltrommel, 
die aus zwei ITlenschenschädeln gebaut ist, und eine Pfeife 
aus einem ITlenschenknochen, die einen abscheulichen Ton 
gibt. Der enge Armschuß der Rüstungen mit dem daran 
hängenden Handnet} und die ungemein fein geschnitten 
Griffe der Krise lassen auf die kleinen, zarten Hände der 
Inder schließen. Besonders fein ist ein Verschwörer-Kris 
oon der Insel Jana, wie wir deren drei im Raturhisto- 
rischen Hofmuseum haben. Die Krise hatten in Gift ge 
tauchte Spieen. Die Gemahlin des Schriftstellers hatte die 
Krise fürsorglich in siedendem Wasser gebadet, als sie in 
die Sammlung kamen. 
Reben den stahlgrauen indischen Waffen hängen 
zwei prächtige goldene Damaszenerklingen mit arabischen 
Inschriften, ein Candimesser oon Ceylon mit uraltem Glfen- 
beingriff und mehrere montenegrinische Pistolen oon großem 
Kaliber, in den oerschiedenen Techniken gearbeitet: in 
Toula, Tropfsilber und filigran. 
An dem Pfeiler zwischen den beiden Fenstern des 
Zimmers sehe ich eine oollständige Beduinenrüstung 
mit Kugeltasche, großem und kleinem Puloerhorn, Gürtel 
und Dolch, auf dem feine Silberplättchen aufgelegt sind. 
Cs ist ein Geschenk des oerstorbenen Arabienforschers 
Cduard Glaser. Cin daneben befindlicher indischer Schild 
aus ausgekochter, durchscheinender Rhinozeroshaut bringt 
das Gespräch auf die indische Reise des oerstorbenen 
Grafen Cdmund Zichy, oon der der Graf, der eine wert- 
oolle Waffensammlung besaß, mit ungemein kostbarem 
indischen Waffenschmuck zurückkehrte. Graf Zichy hatte 
einen guten Cinfall. Cr nahm oon hier etwa hundert 
Reuoloer mit, die er den indischen Türsten, bei denen er 
zu Gaste war, zum Geschenke machte. Die fürsten waren 
ob dieser Aufmerksamkeit so erfreut, daß sie ihn mit den 
herrlichsten Dolchen und Pistolen beschenkten, mit Waffen, 
in welchen große, kostbare Cdelsteine eingelegt waren. 
Die oierte Wand trägt eine Rüstung der Wiener 
Bürgerwehr aus dem Jahre 1796, die Dr. o. Thaler an 
kaufte, als das alte städtische Zeughaus aufgelassen wurde. 
Cin kleiner Teil der Bestände nur kam in das städtische 
ITluseum im neuen Rathaus, der Rest wurde zu Geld ge 
macht. Unter der Rüstung hängen ein algerischer Dolch, 
ein Geschenk der Gräfin Hoyos, ein JTlarokkaner, der 
mit Türkisen und Korallen reich besät ist, und eine große 
Zahl oon albanesischen Gewehren, die im bosnischen feld- 
zug gesammelt wurden und noch mit ihren Spißkugeln 
geladen waren, als man sie zu Dr. o. Thaler brachte. 
Cines ist besonders schön; es hat eine prächtige Perl 
mutterschale, die in ihren einzelnen Plättchen in Silber 
gefaßt ist. Auf derselben Wand, zur anderen Seite des 
Bücherkastens, sieht man noch ein sardinisches Gewehr, 
einen ungarischen Streitkolben aus dem Jahre 1666, eine 
Waffe aus dem Tiroler Aufstand 1809 und mitten unter 
ihnen unter anderen den Degen der Beamtenorganisation 
aus dem Jahre 1850, den der Pater des jetzigen Cigen- 
tümers trug. 
Zum Schlüsse kamen wir auf Waffenfälschungen zu 
sprechen und Dr. o. Thaler erzählt mir in seiner liebens 
würdigen, lebendigen Art einige interessante Kriminalfälle: 
Vor 25 Jahren ungefähr tauchte auf dem italienischen 
Rlarkte ein Goldhelm, ein noch selten gesehenes Pracht 
merk gotischer Goldschmiedekunst, auf. ITlan glaubte 
zuerst, den Helm Ataulfs oor sich zu haben, dann wieder 
wurde die Meinung laut, es sei der Helm des im Busento 
begrabenen Königs Alarich. Alan berief Casfellani, den 
größten Kunstschmied Italiens. Der studierte wochenlang 
den Helm und erklärte schließlich, es wäre keine gotische, 
sondern eine altetruskische Arbeit. Gin niuseum kaufte 
den Helm um einen ungeheuren Preis an. Da nach einiger 
Zeit wurde ein lllann wegen oerschiedener fälschungen 
oerhaftet. ITlan kam durch Zufall auch auf den Goten 
helm zu sprechen und siehe da: der Schwindler gestand, 
auch den Helm geschmiedet zu haben. 
Auch an die Geschichte oon der gefälschten Ala i länder- 
Riistung fttakarts erinnerte Herr o. Thaler. fttakart 
hatte um teures Geld eine angeblich alte ftlailänder Rüstung 
gekauft, die nach seinem Tode um 24.000 Kronen in 
anderen Besitj überging. Rach Jahren erst kam es auf, 
der Wiener Kunstschmied Bäck hatte die Rüstung auf 
Bestellung aus dem Gold oon 50 oder 60 Dukaten ge 
schmiedet und 1600 Kronen dafür erhalten. 
Bäck hat übrigens auch in einer zweiten großen 
Waffenfälschungsaffäre mitgespielt. Der Herzog oon ITTo - 
dena übergab einst einem später schwer bestraften, nun 
schon oerstorbenen Waffenhändler, namens Weininger, 
Helm und Schild einer kostbaren Rüstung zum Reinigen. 
Weininger brachte die Stücke zu Bock und beauftragte ihn, 
ihm eine genaue Kopie derselben anzufertigen. Als Wei 
ninger die Kopien oon Böck erhielt, gab er die Rüstungs 
stücke an den Herzog oon ITlodena zurück. Als man 
später bei Weninger, der oerschiedener fälschungen be 
zichtigt wurde, eine Hausdurchsuchung oornahm, fand man 
auch die Rüstung, die dem Gigentum des Herzogs oon 
ITlodena täuschend glich. Gs wurde nun der Verdacht rege, 
ob nicht auch der Herzog betrogen worden sei, indem er 
die Kopie für das Original hielt, und man brachte beide 
Stücke zu Gericht. Baron Osten-Sacken war Sachoer- 
ständiger. Gr besah sich die Stücke lange, sehr lange, 
stand aber schließlich ratlos da, weil sie nicht oon einander 
zu unterscheiden waren. Da meldete sich jemand aus dem 
Publikum: „Hoher Gerichtshof! Vielleicht könnte ich da 
Bescheid geben.“ „Gin Fachmann“, fragte man ihn. „Ja, 
ein Kunstschmied.“ Gs war Böck. Gr wurde oor den 
Richtertisch gerufen, „nichts einfacher als das, meine 
Herren“, sagte er lächelnd und deutete auf eine Stelle in 
den Stücken des Hejzogs hin: Böck hatte dort sein Hand 
werkszeichen eing&chldgen. Weininger hatte tatsächlich 
dem Herzog die Kopie geliefert, sich jedoch das Original 
zurückbehalten. 
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