Hummer 2Ö
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Internationale
berühmte rheinische Kunsttischler, für ITlarie Antoinette lieferte.
Die Königin machte den Schrank dem Papste Pius VI. zum Geschenk
und in dessen Familie, dem Hause Bashi, ist der Schrank bis
jeßf gewesen. Der Hofebenist der Königin, der gleichzeitig auch
preußischer Geheimer Kommerzienrat mar, oerdankt, roie Geheimrat
non Falke ausführt, seinen Weltruf besonders dem künstlichen
sinnreichen ITlechanismus seiner Schreibtische, der den Bedürfnissen
des galanten Jahrhunderts enfgegenkam. Da sind drehbare und
oersenkbarc Teile, Geheimfächer, Uhrwerke und alle die anderen
Spezialitäten, die Goethe in „Wilhelm Kleisters Wanderjahren“
beschrieben hat. Solche Arbeit spielte natürlich bei dem für die
Königin und dem Papste bestimmten Bureau keine erhebliche Rolle,
obwohl es an einigen oerborgenen Cäden und künstlichen Ver
schlüssen nicht fehlt. Die lleuerwerbung besißf ihren besonderen
künstlerischen Wert in der figürlichen lllarketerie. Diese zart ab
getönten chinesischen Figurenbilder mit ihrem impressionistischen
Stil sind ganz aus uerschiedenfarbigen Hölzern zusammengeseßt.
ferner ist das Bureau, das in den siebziger Jahren des achtzehnten
Jahrhunderts entstanden ist, oermutlich nach dem Geschmack der
Bestellerin ungewöhnlich reich mit Bronzebeschlägen ausgestattet.
Der rheinische Kunsttischler der uau Paris bis Petersburg, oon
Condon bis lleapel die Höfe oersorgte, hat hier etwas den fran
zösischen Arbeiten gleichwertiges geschaffen. Den Vorzügen dieser
Cuxusmöbel entsprachen die schon im 18. Jahrsundert bezahlten
Preise. Die Kaiserin Katharina kaufte einen Sekretär für 25.000 Rubel,
fudwig XVI, bezahlte für ein Kabinett 80 000 Ciores, den Preußen-
könig Friedrich Wilhelm II. kostete die Wiederholung dieses Stückes
20.000 Taler.
(ITeuerw erbungen des Germanischen Ifluseums.) flus
Ilürnberg wird gemeldet: An der Spiße der Ankäufe des leßten
Quartals steht die überhaupt älteste mittelalterliche Steinarbeit
des ITluseums, eine monumentale llladonnensfatue aus Sand
stein. Es ist eine unterfränkische Arbeit aus der ersten Hälfte
des dreizehnten Jahrhunderts. Der Plastik-Abteilung kamen auch
die sechs neuangekauften ITledaillenmodelle oon Eandolin Ohn
macht, dem jeßt wieder sehr geschaßten klassizistischen Bildhauer,
zugute. £s sind Klodelle in ITlarmor und Gips, ln die Gemälde
sammlung wurde ein oorzügliches altdeutsches Porträt eingereiht,
die Halbfigur eines bärtigen Ulannes oor architektonischem Hinter
grund und einer köstlichen oberdeutschen Candschaft. Von 1567
datiert, ist das Bild oielleicht Schweizer Herkunft. Aus der Früh-
zeit des neunzehnten Jahrhunderts stammt die Dorfschmiede in
Welschtirol oon Heinrich Bürkel, dem liebenswürdigen Illünchener
Genremaler, aus dem Jahre 1827. Die llledaillen erhielten besonders
aus Wien Zuwachs. Unter ihnen ragt die oon Hans Schwarz
auf Wolfgang Jörger zu Tollet, unter dem Kunstgewerbe die beiden
Zentralfeuerjagdgewehre oon A. Bartsch in Ciegniß mit ihrer
außerordentlich geschmackoollen, technisch oollendeten Ornamen-
tierung heroor. fine neuerworbene Kreuzigungsgruppe aus Por
zellan wird auf Joachim Händler, dem meißener Hauptmeister
zurückgeführt. Unter den Geschenken sind eine reich getriebene
Rokokospindeluhr und ein Tafelbild mit dem Vierzig-Reitergefecht
auf der Vuchterheide bei Herzogenbusch oom Jahre 1600, unter
den Ankäufen ein eichener, nußbaumfournierter Empiresekretär
aus gräflich o. Rechbergschem Besiß, in dem eyklusiu oornehmen
Stilgepräge jener Zeit. Das Kupferstichkabinett kaufte unter anderem
fflenzels Bleistiftstudie zur Piazza d'Erbe, dem Ifleistermerk der
Dresdner Galerie. Zum Ankauf einiger, für Ilürnberg besonders
wichtiger Stammbücher aus der Warneckeschen Sammlung
stellten die ehemals ratsfähigen, regierenden Patrizierfamilien
Dürnbergs die lllittel zur Verfügung, insgesamt 4470 mark. Damit
konnten 25 Stammbücher aus den leßten oier Jahrhunderten er
worben werden. Am wichtigsten darunter sind das Stammbuch
des nürnberger Spitalpredigers Georg Werner, das unter anderem
auch ein oon JTlelanchthons Sohn beglaubigtes Autograph
Cufhers enthält, und dasjenige des Hieronymus Kreß. Dieses
enthält oerschiedene Darstellungen aus dem Studentenleben oom
Bnde des 16. Jahrhunderts, in dem tapfer pokuliert, sponsierf,
gefachten, ja sogar beim Saufgelage „gebürstet“ wird, als besondere
Sammler-2eihing.
Kostbarkeit aber eine Einzeichnung Wallensteins aus seiner
Altdorfer Studentenzeit. Der General schreibt da die lateinische
Übertragung eines guten deutschen Spruches ein, den er selbst
später hätte beherzigen sollen: Kide sed eui vide. Albertus V. o.
Waldsfein. (Trau, schau, wem!)
Uom Kunstmarkte.
(Helb ing'sche Auktion in Frankfurt a 111.) Am
21. llooember und den folgenden Tagen gelangt in Frankfurt a. 111.
unter der fachmännischen Ceitung oon Hugo Helbing aus lllünchen
eine interessante Kollektion uon Francofurtensien zur Auktion.
Diese Sammlung wurde uon dem anfangs der neunziger Jahre
uerstorbenen ehemaligen Senator S. zu einer Zeit angelegt, wo es
noch möglich war, sich aus uielem das Allerbeste auszusuchen.
Darum sind auch fast alle Blätter exquisit schöne, frühe Abdrücke
in seifen guter Erhaltung. Der Umfang der Sammlung sie beträgt
über 5000 Blatt — ist bis jeßf bei keiner zum Verkauf gekommenen
Sammlung auch nur annähernd erreicht worden. Sie bietet für die
Topographie und historische Entwicklung Frankfurts ein unschäß-
bares ITlaterial, zumal sie Stücke enthält, die wohl in keiner
priuafen oder öffentlichen Sammlung enthalten sind. Der Katalog
beginnt mit den Darstellungen historischer Begebenheiten, unter
denen neben manchem Blatt uon höchstem lokalen Interesse, die
Darstellungen der in Frankfurt statfgehabten Kaiserkrönungen
uon lllaximilian II. (1562) bis Franz II. (1792) uon größter
allgemeiner Bedeutung sind. 6s handelt sich hier in der Hauptsache
nicht um Illustrationen aus den sogenannten Krönungs-Diarien,
sondern um die seltenen Binzeidrucke und Flugblätter. Unter den
Gesamt-Ansichten finden wir ganz frühe Holzschnitte, die für
das Stadtbild aus dein 16. Jahrhundert uon besonderem Interesse
sind. Es folgen die schönen, topographisch so peinlich genauen
nie. ionischen Ansichten und Pläne, und dann die so malerisch
wirkenden Darstellungen aus dem 18. bis zum Anfang des
19. Jahrhunderts oon Koller, Schütz, Radi, lllargenstern, Reinheimer,
die neben dem topographischen Interesse, das sie bieten, sich
durch ihre prächtige Farbengebung oorzüglich als dekoratiuer
Wandschmuck eignen, Es würde zu weit führen, hier alles Be
merkenswerte zu nennen. Beschränken wir uns auf das besonders
Heruorragende, so muß unter anderem die komplette Serie der
36 kleinen Ansichten uon Iflorgenstern heruorgehoben werden, die
in brillant erhaltenen Exemplaren uerfrefen sind. Auch die Umgebung
Frankfurts ist in uielen Darstellungen wiedergegeben; sowohl die
nähere Umgebung mit den Warten, herrschaftlichen Höfen und
Besißungen, als auch die fernere Umgebung, worunter eine Fülle
malerischer Taunus-Darstellungen auffallen. Unter den zirka
750 Porträts Frankfurter Persönlichkeiten sind außer ausgezeichneten
Schwarzkunstblättern des 17. und 18. Jahrhunderts eine Anzahl
humoristisch dargestellter Frankfurter Originale zu nennen. Bs
folgen dann Kalender, uon den schönen wappengeschmückten
an bis zu den modernen der industriellen Firmen. Dann eine kleine
Kollektion sehr fein gezeichneter Frankfurter Exlibris und Geschlechter
wappen. Daran reihen sich Volks- und Iflilitärtypen, einige Werke
Frankfurter Künstler, wie Radi, Prestcl, Burger, Peter, Becker und
einige Bände Frankfurter Citeratur. An all das schließt sich der
künstlerische llachlaß des Frankfurter Hluseumdirektors Otto
Cornill an, der 1907 starb. Heben fein ausgeführfen Zeichnungen
und Aquarellen, meist Ansichten und Volkstypen aus Italien, die
Früchte eines zehnjährigen, fast ausschließlich der Klalerei gewid
meten Aufenthaltes im Süden, interessieren am meisten die wenigen
uorhandenen Ölgemälde des oerewigten Kleisters, darunter zwei
seiner bekannten und geschaßten Darstellungen zu „Hermann und
Dorothea“. Eine Serie uon neun uollständig durchgeführten Kartons
zu „Wilhelm Teil“ dürfte ebenfalls zu den bedeutendsten Werken
des llachlasses gezählt werden. Sehr fein und hübsch ausgearbeitet
sind die zahlreichen Aquarelle mit allegorischen und ornamentalen
Darstellungen. Den Beschluß des Kataloges, der durch die Firma
Hugo Helbing (lllünchen) zu beziehen ist, bildet eine prächtige
Kollektion Waterlooscher Radierungen, meist ganz uorzügliche
alte Abdrücke uon schönster Erhaltung.