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Internationale SammIer-2eitun<j. 
Hummer 20 
mitlaufen können, roerden förmlich dahingedrängt, moderne 
Bilder oder moderne Graphik zu sammeln. Und das ist 
doch unbedingt ein Geroinn für die heutige Kunst. Im 
übrigen aber wird z. B. die ITlalerei der letzten 50 
Jahre nerhältnismäfjig besser und höher bezahlt als die 
alte Kunst. Jedes Durchschnittsbild kostet heute auf den 
großen Ausstellungen an 500 HJk. und den führenden 
unter den modernen spricht man, roie die Statistik lehrt, 
bisweilen Preise zu, die ganz erstaunlich sind. Seht euch 
die Porträtisten an, fragt doch Sargent, welchen Preis 
er für ein Porträt fordert, oder Taszlo und alle die 
andern! Und Sargent, der für ein Bildnis oft mehr 
bekommt als ein minister an Jahresgehalt bezieht, reicht 
in seinem künstlerischen Schaffen, oor dem mir allen 
Respekt haben, doch schließlich nicht an Dürer heran, 
der froh gecnesen ist, coenn man ihm für ITladonnenbilder 
25—30 Gulden gab, und sicher auch nicht an Rembrandt, 
der für „Die Flachtroache“, dieses größte Wunder der 
malerei aller Zeiten, den elenden Preis non 1600 Gulden 
erhielt. Und ein Selbstbildnis Rembrandts ist 1657 mit 
100 Gulden eingeschäßt morden und im gleichen Jahre 
erreichte Van Dycks „Prinz oon Oranien“ in Amsterdam 
nicht mehr als 300 Gulden. 
Cs ist übrigens nicht lange her, seit man für die 
Velasquez, Hals und Rembrandt eine halbe million oder 
ein bis zwei ITlillionen gab. Zu der Zeit, da Sedel- 
meyer schon für zwei Gemälde des modernen ITlunkaczy 
(für den „Christus oor Pilatus“ und den „Kaloarienberg“) 
je eine halbe million bekam, standen Hals und Rem 
brandt, die um mehr als zroeiundeinhalb Jahrhunderte 
älter sind als der ungarische ITleister, noch nicht so 
hoch im Preise, wie dieser. Und Velasquez? ln dem 
gleichen Jahre, 1880, in dergleichen Auktion bei Christie 
in Condon bringt eins seiner qualitätstarken Bildnisse 
350 Guineen = 7350 Ulk., mährend ein Knaus („Cine 
Tasse Kaffee“, die 1874 gemalt ist) auf 780 Guineen, 
also auf 15.580 Ulk. kommt oder mährend ein Israels 
und ein Schreyer je 600 Guineen, also je 12600 Ulk. 
erzielten. Ulillets „Angelus“ roird mit 800.000 Ulk, 
bezahlt, Böcklins „ITleeresidylle“ kostet 100.000 Ulk., 
Defreggers „Candsturm“ 40.000 Ulk. und 1000 gibt 
fürst Berthier de Wagram für Seganfinis „Die Dafür“ 
200.000 fres., 1907 Amerika für Jules Bretons „Die 
lllohnernte“ 160.000 JTlk., 1907 Ulr. Charles P. Tafft für 
Ulillets „Schafschur“ 108.000 Ulk. und 1910 findet des 
gleichen Uleisters „Aufbruch zur Arbeit“ für 220.000 Ulk. 
einen Käufer, Und mit diesem Ulillet zugleich seßt man 
einen Tropin für 95.000 Ulk. ab, einen Corot für 
92.400 Ulk. 
Cs scheint mir auch oon Interesse, die Preise zu oer 
folgen, die für moderne Uleister im Taufe der leßten Jahr 
zehnte angelegt wurden, Greifen mir etwa Corot heraus, 
der in dem gleichen Jahre 1875 stirbt, roie Ulillet, der 
erste Hauptmeister oon Barbizon. 
Corot also bringt: 
1873: (Caurent Richard, Paris) „Nymphes et 
Faunes“ 23.000 fr. 
1886: Cine Corotserie 20.250—75.000 „ 
1889: (Secretan-Auktion, Paris) „Le matin“ 56.000 „ 
„ „ „ „Biblis“ . 84.000 „ 
1892: (3™ Vente Alexandre Dumas Als, Paris) 
„Paysan a Cheval Dans la Campagne“ 40.000 „ 
(Daupias, Paris) „L’entree en foret“ 100.000 „ 
„ „ „Le lac“ .... 85.000 „ 
- (Gottier, Condon) „Orphee“ .... 115.000 „ 
1895: (Ceigthon, Condon) uier Corot . . . 157.000 „ 
1899: (Desfosses, Paris) „La toilette“ . . 185.000 „ 
Diese Corotliste möge genügen. Die ganze Welt, j 
uor allem Amerika, ist mit Corots überschwemmt worden! | 
Allerdings haben die falscher die Konjunktur ausgeniißt 
und Corot, der offenbar nicht schwer zum fälschen ist, in 
Utassen abgeseßt. Von den mehr als 12.000 Corots, die 
heute Amerika hat, ist kaum die Hälfte echt. Corot selbst 
hat im ganzen an 7000 Bilder gemalt. 
Die Klage der „modernen“ entbehrt wirklich jeder 
Berechtigung, man denke doch an die Versteigerung Ta 
Roche oon 1910 bei Schulte in Berlin, in der Ceibis 
„Die Spinnerin“ uom Städtischen Uluseum in Ceipzig für 
75.500 Ulk. angekauft wurde, in der Böcklins „Das 
Bergschloß“ 28,000 Ulk. erzielte, Gabriel Ulax’ „Der 
Anatom“ 10.500 Ulk., Cenbachs „Virchow“ 11.500 Ulk., 
Boehles „Kartoffelernte“ 11.500 Ulk., Schoenlebens 
„Tlerui“ 8000 Ulk., Schreyers „Walachische Pferde“ 
mit 25.000 Ulk. bezahlt wurde, Ciebermanns „Inualiden 
im Cotsenhaus“ mit 15.000 Ulk., Zügels „Heimziehende 
Schafe“ mit 14.000 Ulk. usw. Und man denke doch an 
die Pariser Auktion der Sammlung Ulaurice Kann uom 
Juni 1911, in der eine „Badende“ Renoirs für 35.000 fres. 
wegging, ein Ulonet für 16.500 fres. — lllonef erhielt 
auch schon weit höhere Preise ein „Bauer“ oon 
Cezanne für 24.000 fres., also für nicht uiel weniger 
als ein Selbstporträt des Reynold, das am gleichen Tage 
für 25.750 fres. losgeschlagen wurde. Aber die Preise, 
die für die französischen Impressionisten a le Cezanne 
und oan Gogh gezahlt roerden, sind eben Äußerungen 
des „Zeitgeschmackes“. 
Die Abwärtsbewegung für die Qualitäten der alten 
Kunst datiert seit ein bis zwei Jahrzehnten und hängt, 
abgesehen oon den wirtschaftlichen fortschritten der den 
Reichtum repräsentierenden Sammlerkreise auch mit dem 
wissenschaftlichen Cifer der Spezialsammler zusammen. 
In der Graphik etwa stehen Rembrandt und 
Dürer im Vordergründe. Und roie groß die Preisunter 
schiede oon einst und jeßt sind, möchte ich an einigen 
Hauptblättern zeigen. Vom ersten Zustande des „Hundert 
guldenblattes“ kennt man acht Abdrücke, die sämtlich 
in festen Händen sind. Das Berliner Cxemplar z. B. war 
1887 auf der Sammlung des Herzogs oon Bucdeugh für 
26.000 HJark erworben worden. Aber der zweite, noch 
immer im Handel befindliche Zustand dieses Rembrandt- 
schen Hauptblattes brach',e: 
1875 (Gabrichon, Paris) .... 9600 fr. 
1877 (firmin Dudot, Paris) . . . 8550 „ 
„ (Wolf, Bonn) 9550 „ 
1909 (Hubert, Paris) 61500 „ 
Von Rembrandts „Bürgermeister Six“, oon dessen 
erstem Zustand kaum mehr als zwei Abdrücke in den 
Handel kommen im Jahre 1770 (Ularcus, Amsterdam) 
305 fl., im Jahre 1830 (Reoil, Paris) 600 fr. — erreichten 
die zweiten Zustände 
1754 (Tousau) 316 fl. 
1860 (Arozarene) 5251 fr. 
1877 (firmin — Didot) .... 17000 „ 
1893 (Holford) ........ 9500 „ 
1909 (das Holfordexemplar auf der 
Auktion Hubert 71000 „ 
Rembrandts „Die große Juden braut“, erster Zu 
stand, kostete: 
1 755 (de Burqy) 34 fl. 
1770 (Ularcus) 25 „ 
1877 (firmin Didot) 4005 fr. 
1910 (Theobald bei Gutekunst, Stutt 
gart) 44000 Ulk. 
Rembrandts „Der alte Haaring“ 
1755 (de Burgy) 16 fl. 
1877 (firmin Didot) 2900 fr. 
1910 (Theobald bei Gutekunst, 
Stuttgart) ....... .44000111k.
	        
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