MAK
Seite 312 
Internationale Sammler-Zeitung 
Hummer 20 
Chronik. 
Rnsicht5karten. 
(lleue Ansichtskarten.) Ini Verlage Gersfenberger- 
llliiller in Bnzen ist eine neue Serie ITleraner Ansichtsharten er 
schienen, die ob ihrer gelungenen Ausführung und der glücklichen 
Wahl der miederzugebenden Punkte sich recht bald grofjer Beliebt 
heit erfreuen ruird. — Die Verlagsbuchhandlung K. Promberger 
in Olmiifj, die nor kurzem eine nach jeder Richtung äußerst lobens 
werte Kollektion oon Tiroler Trachtenbildern nach den im llluseum 
Ferdinandeum befindlichen Originalen des Tiroler Künstlers Jos. 
Ant. Kapeller herausgegeben hat, erweitert diese Kollektion nun 
durch eine Serie Südtirol, die uns die heutigen Trachten aus 
Sterzing, Stilfs, Kastelruth, Buchenstein, Wolkenstein, Hieran, Jenesien 
bei Bozen, Cortina d'Ampezzo, zeigt. Beide Serien sind künstle 
risch ausgeführt und werden Sammlern Freude machen. 
flutographen. 
(Aus der ö e s ch i ch t e des Autogramms.) „ Der Ge 
danke, die Handschriften berühmter und namhafter Personen zu 
sammeln“, sagt der General oon Ra dornig, der selbst ein 
passionierter Sammler mar, in seinen Schriften, „liegt so sehr in 
der llatur der Sache, dafj er ohne Zweifel so alt ist, roie die 
Schreibkunst selbst. Cs mufj daher als blofje Vergefjlichkeif be 
trachtet werden, dafj dieser edlen Beschäftigung früher so wenig 
erwähnt wird.“ ln der Tat existiert über Autographen und ihre 
Geschichte aus älterer Zeit fast gar keine und aus neuer nur sehr 
geringe Ciferatur; um so interessanter ist ein kurzer aber charak 
teristischer Geschichtsabrij, den fedor Don Zobeltitj im Oktober 
heft der Zeitschrift „literarisches Ccho“ neröffentlicht. ln Ueber- 
einstimmung mit dem „Handbuch für Autographensammler“, das 
J. Günther und 0. A. Schulz 1858 erscheinen liejen, erkennt 
Zobeltitj als den ersten notorischen Sammler Antonie Comenie de 
Brienne an, den Staatssekretär Heinrichs IV. non Frankreich. 
Cine echte Sammlernatur mar dieser französische Staatsmann, der 
1638 starb, indes noch nicht. €r lief; nämlich seine zahllosen 
Alanuskripte durch die Gebrüder Dupuy in 340 Foliobänden 
kopieren, die er Cudwig XIII. dedizierte, und schenkte ihnen 
für ihre Arbeit die kostbaren Originale, fr war also ein Schafs 
kopf I Klüger waren die Dupuys; sie scharrten zusammen, was 
sie kriegen konnten, und besagen oor allem eine umfangreiche 
Sammlung oon Originaldokumenten über die Prärogatioe der Krone 
und non griechischen, lateinischen, französischen und italienischen 
Autoren. Unter Heinrich TV. und ludwig Xllt. galt Graf 
Philippe de Bet hu ne für einen eifrigen Sammler, und sein 
Sohn erbte diese Ceidenschaft, so dafj seine Kollektion an tausend 
Handschriften uom Jahre 1300 bis zum fünfzehnten Jahrhundert 
umfaßte. Seit dieser Zeit wurde in Frankreich überhaupt uiel ge 
sammelt. Alle diese und andere Sammlungen gehören noch heute 
der Pariser Hationaibibliothek an. Der erste Versuch einer Auto- 
graphen-Auktion wurde nach der Reuolution in Paris unter 
nommen. 1801 sollte die Sammlung des Warschaus non Ri chelieu 
uersteigert werden. Aber man hatte mehr Interesse für einen 
Glaskasten, in dem der alte Schürzenjäger die locken seiner Ge 
liebten aufbewahrt hatte, als für die Handschriften, die ein kleiner 
Buchhändler für eine geringe Summe erstand, um sie in alle Welt 
zu zerstreuen. Jn Paris erschien auch der erste Autographenkafalog, 
der oon Pixerercourt, im ITtai 1822. Von dieser Zeit an entwickelte 
sich der Aufographenhandel sehr rasch. Aus seiner neuesten Phase 
erzählt Herr oon Zobeltitj einige amüsante Fälle, darunter folgenden: 
Bekanntlich hat Pierponf JTlorgan im ITtai dieses Jahres den 
berühmten Brief Cu Ihers an Karl V. um 102.000 ITlark erstanden. 
Cr hätte ihn aber wahrscheinlich billiger haben können, Ein Agent 
des Amerikaners sollte den Brief um jeden Preis kaufen. Hirn 
befand sich unter den Anwesenden auch ein Händler, der schon 
öfters für den Williardär Ankäufe uermittelt hatte, und, nichtahnend 
des gegebenen Auftrages, überbot er den Agenten beständig und 
trieb den Preis so gewaltig in die Höhe, dafj er über Hundert 
tausend hinausschnellte, mährend sonst oielleicht bei schon Fünfzig 
tausend der Hammer des Auktionators zugeschlagen hätte. 
Bibliophilie. 
(Kants HandexemplarderKrifikder praktischen 
Vernunft.) Die Erben des in Werse bürg oerstorbenen 
Geheimen und Oberregierungsrats Crüger, Frau Geheimrat 
Criiger geb. Claus in Werseburg und deren Tochter, Frau Ober 
regierungsrat Rudolph in Kassel, überwiesen der Unioersifät in 
Halle ein in ihrem Besitze befindliches Exemplar der ersten Auflage 
der „Kritik der praktischen Vernunft oon Immanuel Kant“ 
Riga 1788 als Geschenk. Jn diesem Exemplar, das Kant selbst 
besafj und in das er handschriftliche Einzeichnungen machte, ist 
der Unioersifät ein überaus wertoolles Geschenk zuteil geworden. 
Schon Schopenhauer hatte dies Buch lange Zeit in tiefer Ehr 
furcht, wie er sie dem „erstaunlichen Kant“ enfgegenbrachte, auf- 
bewahrf; aus seiner Hand ging es dann später in den Besil3 des 
oben genannten Geheimen und Oberregierungsrats Crüger über. In der 
Familie Crüger ist es jahrzehntelang treu und sorgsam behütet 
worden. Beigefügt sind weiter noch einige Schriftstücke, insbesondere 
der Schriftwechsel zwischen Dr. A. Schopenhauer und dem 
mehrerwähnten Geheimen und Oberregierungsrat Crüger. 
(Versteigerung der Huth-Bibliofhek.) Aus Condon 
wird uns berichtet: Der erste Teil der berühmten Huth-Biblio- 
thek wird oom 15. llooember an bei Sofheby uersteigert werden. 
Der Katalog enthält nur die Buchstaben A und U; dazu treten für 
den letjten Versteigerungstag die Shakespeare-Folios und Quartos, 
die zu den Hauptnummern der Sammlung gehören. Unter B figu 
rieren auch die zahlreichen Bibelseltenheiten. Die wenigen ITtanu- 
skripte sind oon grofjem Interesse, darunter sind ein englisches 
Artiphorarium des 15. Jahrhunderts und eine für Wargarete oon 
Burgund geschriebene Apocalypse zu nennen. 
(Die Bibliothek Iwans des Grausamen), die, 
wie wir in der letjten Hummer meldeten, jüngst in den Katakomben 
des Kremls zu W o s k a u entdeckt worden sein soll, ist jefjt oon 
den Forschern registriert worden, so dafj man über den Bestand 
der Bibliothek ungefähr einen Überblick erhalten kann. Der Fund, 
der sich in einem feuersicheren, oermauerten Gewölbe befand, um 
faßt 2000 Werke. Die meisten Schriftstücke sollen oorziiglich er 
halten sein und weder oon Feuchtigkeit, noch der Cuft irgendwie 
gelitten haben, ln der Hauptsache besteht die Bibliothek aus 
Wanuskripten und sehr frühzeitigen Drucken. So sind hier einige 
der ältesten Wetallhochdru ck e aus dem Ende des 12. Jahr 
hunderts oorhanden, die noch aus ganzen geschnittenen Wetall- 
platten gedruckt sind und die ersten kümmerlichen Versuche einer 
Buchdruckkunst darstellen Es sind einzelne Blätter, die biblische 
Sprüche und Psalmen zum Inhalt haben. Huch mehrere Werke des 
Holztafeldruckes sollen diese Drucke der Buchdruckkunst oor 
Gutenberg haben. Wan erzählt, dafj in der Bibliothek auch eine 
sogenannte 42zeilige Bibel oorhanden sein soll, die das erste Druck 
erzeugnis Gutenbergs um 1450 darstellt und heute sehr seifen ist. 
Einen großen Teil der Bibliothek bilden hebräische Alanuskripte, 
die oonWönchen in künstlerischer Form auf Pergament geschrieben 
wurden und im frühen Wittelalter oiel Verbreitung fanden, fluch 
griechische Schriften, z. B. Aristoteles, sollen sich in der Bibliothek 
befinden. Wan forscht augenblicklich darüber nach, ob es sich tat 
sächlich um die Bibliothek Iwans des Grausamen handelt, 
da eine andere Weinung bekanntlich dahin geht, daf; diese Biblio 
thek im Jahre 1551 oerbrannt ist. Einzelne Schriftstücke, die An 
gelegenheiten des Hofes betreffen, lassen allerdings darauf schließen, 
j dafj man es hier mit der Bibliothek Iwans zu tun hat. Hach dem
	        
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