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Internationale Sammler-Zeitung
Hummer 20
Chronik.
Rnsicht5karten.
(lleue Ansichtskarten.) Ini Verlage Gersfenberger-
llliiller in Bnzen ist eine neue Serie ITleraner Ansichtsharten er
schienen, die ob ihrer gelungenen Ausführung und der glücklichen
Wahl der miederzugebenden Punkte sich recht bald grofjer Beliebt
heit erfreuen ruird. — Die Verlagsbuchhandlung K. Promberger
in Olmiifj, die nor kurzem eine nach jeder Richtung äußerst lobens
werte Kollektion oon Tiroler Trachtenbildern nach den im llluseum
Ferdinandeum befindlichen Originalen des Tiroler Künstlers Jos.
Ant. Kapeller herausgegeben hat, erweitert diese Kollektion nun
durch eine Serie Südtirol, die uns die heutigen Trachten aus
Sterzing, Stilfs, Kastelruth, Buchenstein, Wolkenstein, Hieran, Jenesien
bei Bozen, Cortina d'Ampezzo, zeigt. Beide Serien sind künstle
risch ausgeführt und werden Sammlern Freude machen.
flutographen.
(Aus der ö e s ch i ch t e des Autogramms.) „ Der Ge
danke, die Handschriften berühmter und namhafter Personen zu
sammeln“, sagt der General oon Ra dornig, der selbst ein
passionierter Sammler mar, in seinen Schriften, „liegt so sehr in
der llatur der Sache, dafj er ohne Zweifel so alt ist, roie die
Schreibkunst selbst. Cs mufj daher als blofje Vergefjlichkeif be
trachtet werden, dafj dieser edlen Beschäftigung früher so wenig
erwähnt wird.“ ln der Tat existiert über Autographen und ihre
Geschichte aus älterer Zeit fast gar keine und aus neuer nur sehr
geringe Ciferatur; um so interessanter ist ein kurzer aber charak
teristischer Geschichtsabrij, den fedor Don Zobeltitj im Oktober
heft der Zeitschrift „literarisches Ccho“ neröffentlicht. ln Ueber-
einstimmung mit dem „Handbuch für Autographensammler“, das
J. Günther und 0. A. Schulz 1858 erscheinen liejen, erkennt
Zobeltitj als den ersten notorischen Sammler Antonie Comenie de
Brienne an, den Staatssekretär Heinrichs IV. non Frankreich.
Cine echte Sammlernatur mar dieser französische Staatsmann, der
1638 starb, indes noch nicht. €r lief; nämlich seine zahllosen
Alanuskripte durch die Gebrüder Dupuy in 340 Foliobänden
kopieren, die er Cudwig XIII. dedizierte, und schenkte ihnen
für ihre Arbeit die kostbaren Originale, fr war also ein Schafs
kopf I Klüger waren die Dupuys; sie scharrten zusammen, was
sie kriegen konnten, und besagen oor allem eine umfangreiche
Sammlung oon Originaldokumenten über die Prärogatioe der Krone
und non griechischen, lateinischen, französischen und italienischen
Autoren. Unter Heinrich TV. und ludwig Xllt. galt Graf
Philippe de Bet hu ne für einen eifrigen Sammler, und sein
Sohn erbte diese Ceidenschaft, so dafj seine Kollektion an tausend
Handschriften uom Jahre 1300 bis zum fünfzehnten Jahrhundert
umfaßte. Seit dieser Zeit wurde in Frankreich überhaupt uiel ge
sammelt. Alle diese und andere Sammlungen gehören noch heute
der Pariser Hationaibibliothek an. Der erste Versuch einer Auto-
graphen-Auktion wurde nach der Reuolution in Paris unter
nommen. 1801 sollte die Sammlung des Warschaus non Ri chelieu
uersteigert werden. Aber man hatte mehr Interesse für einen
Glaskasten, in dem der alte Schürzenjäger die locken seiner Ge
liebten aufbewahrt hatte, als für die Handschriften, die ein kleiner
Buchhändler für eine geringe Summe erstand, um sie in alle Welt
zu zerstreuen. Jn Paris erschien auch der erste Autographenkafalog,
der oon Pixerercourt, im ITtai 1822. Von dieser Zeit an entwickelte
sich der Aufographenhandel sehr rasch. Aus seiner neuesten Phase
erzählt Herr oon Zobeltitj einige amüsante Fälle, darunter folgenden:
Bekanntlich hat Pierponf JTlorgan im ITtai dieses Jahres den
berühmten Brief Cu Ihers an Karl V. um 102.000 ITlark erstanden.
Cr hätte ihn aber wahrscheinlich billiger haben können, Ein Agent
des Amerikaners sollte den Brief um jeden Preis kaufen. Hirn
befand sich unter den Anwesenden auch ein Händler, der schon
öfters für den Williardär Ankäufe uermittelt hatte, und, nichtahnend
des gegebenen Auftrages, überbot er den Agenten beständig und
trieb den Preis so gewaltig in die Höhe, dafj er über Hundert
tausend hinausschnellte, mährend sonst oielleicht bei schon Fünfzig
tausend der Hammer des Auktionators zugeschlagen hätte.
Bibliophilie.
(Kants HandexemplarderKrifikder praktischen
Vernunft.) Die Erben des in Werse bürg oerstorbenen
Geheimen und Oberregierungsrats Crüger, Frau Geheimrat
Criiger geb. Claus in Werseburg und deren Tochter, Frau Ober
regierungsrat Rudolph in Kassel, überwiesen der Unioersifät in
Halle ein in ihrem Besitze befindliches Exemplar der ersten Auflage
der „Kritik der praktischen Vernunft oon Immanuel Kant“
Riga 1788 als Geschenk. Jn diesem Exemplar, das Kant selbst
besafj und in das er handschriftliche Einzeichnungen machte, ist
der Unioersifät ein überaus wertoolles Geschenk zuteil geworden.
Schon Schopenhauer hatte dies Buch lange Zeit in tiefer Ehr
furcht, wie er sie dem „erstaunlichen Kant“ enfgegenbrachte, auf-
bewahrf; aus seiner Hand ging es dann später in den Besil3 des
oben genannten Geheimen und Oberregierungsrats Crüger über. In der
Familie Crüger ist es jahrzehntelang treu und sorgsam behütet
worden. Beigefügt sind weiter noch einige Schriftstücke, insbesondere
der Schriftwechsel zwischen Dr. A. Schopenhauer und dem
mehrerwähnten Geheimen und Oberregierungsrat Crüger.
(Versteigerung der Huth-Bibliofhek.) Aus Condon
wird uns berichtet: Der erste Teil der berühmten Huth-Biblio-
thek wird oom 15. llooember an bei Sofheby uersteigert werden.
Der Katalog enthält nur die Buchstaben A und U; dazu treten für
den letjten Versteigerungstag die Shakespeare-Folios und Quartos,
die zu den Hauptnummern der Sammlung gehören. Unter B figu
rieren auch die zahlreichen Bibelseltenheiten. Die wenigen ITtanu-
skripte sind oon grofjem Interesse, darunter sind ein englisches
Artiphorarium des 15. Jahrhunderts und eine für Wargarete oon
Burgund geschriebene Apocalypse zu nennen.
(Die Bibliothek Iwans des Grausamen), die,
wie wir in der letjten Hummer meldeten, jüngst in den Katakomben
des Kremls zu W o s k a u entdeckt worden sein soll, ist jefjt oon
den Forschern registriert worden, so dafj man über den Bestand
der Bibliothek ungefähr einen Überblick erhalten kann. Der Fund,
der sich in einem feuersicheren, oermauerten Gewölbe befand, um
faßt 2000 Werke. Die meisten Schriftstücke sollen oorziiglich er
halten sein und weder oon Feuchtigkeit, noch der Cuft irgendwie
gelitten haben, ln der Hauptsache besteht die Bibliothek aus
Wanuskripten und sehr frühzeitigen Drucken. So sind hier einige
der ältesten Wetallhochdru ck e aus dem Ende des 12. Jahr
hunderts oorhanden, die noch aus ganzen geschnittenen Wetall-
platten gedruckt sind und die ersten kümmerlichen Versuche einer
Buchdruckkunst darstellen Es sind einzelne Blätter, die biblische
Sprüche und Psalmen zum Inhalt haben. Huch mehrere Werke des
Holztafeldruckes sollen diese Drucke der Buchdruckkunst oor
Gutenberg haben. Wan erzählt, dafj in der Bibliothek auch eine
sogenannte 42zeilige Bibel oorhanden sein soll, die das erste Druck
erzeugnis Gutenbergs um 1450 darstellt und heute sehr seifen ist.
Einen großen Teil der Bibliothek bilden hebräische Alanuskripte,
die oonWönchen in künstlerischer Form auf Pergament geschrieben
wurden und im frühen Wittelalter oiel Verbreitung fanden, fluch
griechische Schriften, z. B. Aristoteles, sollen sich in der Bibliothek
befinden. Wan forscht augenblicklich darüber nach, ob es sich tat
sächlich um die Bibliothek Iwans des Grausamen handelt,
da eine andere Weinung bekanntlich dahin geht, daf; diese Biblio
thek im Jahre 1551 oerbrannt ist. Einzelne Schriftstücke, die An
gelegenheiten des Hofes betreffen, lassen allerdings darauf schließen,
j dafj man es hier mit der Bibliothek Iwans zu tun hat. Hach dem