MAK
Seife 324 
Hummer 2i 
Internationale Sammler-Zeifung. 
kennen will: der Schönheit zu dienen um ihrer selbst nullen und 
mit Außerachtlassung aller didaktischen Zwecke. 3a die Pflege 
gewisser außerhalb ihres engeren Wirkungskreises liegenden Ge 
biete wird sie sogar ständig im Auge behalten müssen. So wird 
man es z. B. der überösterreichischen Candesgalerie schwerlich 
uerübeln können, wenn sie die Erwerbung oon Werken der Wiener 
Schule in ihr Programm aufnimmt in Anbetracht der engen Zu 
sammenhänge der Kunst Waldmüllers, Schwinds, Alts usw. mit 
unserem Tand und in Erwägung der Tatsache, daß oan Abel bis 
Greil alle bedeutenderen oberösterreichischen FRaler der leßten 150 
fahre aus dieser Schule heruorgegangen sind. 
Die oberösterreichische Candesgalerie ist aus einer Bilder 
sammlung erwachsen, die der oberösterreichische Kunsfuerein auf 
Anregung seines damaligen Vizepräsidenten Adalbert Stifter im 
fahre 1854 gegründet hat. Ankäufe Don Seite des Vereines und 
der Öberösterreichischen Stände sowie priuate Widmungen legten 
den Grundstein der Sammlung; unter den leßtgenanten ragt ein 
Geschenk Sr. ITlajestäf des Kaisers aus dem fahre 1860 heroor, 
das fünf bedeutende Bilder umfaßt, darunter ein prachtoofes 
Gletscherbild non Thomas En der, eine rührende, in Vorwurf und 
Behandlung an Waldmüller erinnernde Bettlerszene des Iflailänders 
Scofolla, die berühmte figurenreiche Schilderung „Erzherzog Karl 
und sein Stab“ oon Aerttinger usw. fm fahre 1866 wurde die 
damals noch recht bescheidene Sammlung in das Eigentum und 
die Verwaltung des Candes übernommen. Als die frage der Er 
bauung des Cinzer niuseums francisco-Carolinum akut wurde, 
sicherte sich das Cand einige Oberlichtsäle im zweiten Stockwerke 
des neubaues, um darin seine Galerie endgültig unterbringen zu 
können. Heute sind auch diese Räume bereits überfüllt, und die 
Cösung der Raumfrage wird bald oon neuem in Angriff genommen 
werden müssen, falls die Sammlung in ihrem Wachstum nicht be 
hindert werden soll. 
Überblickt man die Bestände der gegenwärtigen Sammlung, 
so wird man ohne weiteres zugeben müssen, daß die Pflege des 
heimatlichen Elementes nicht oernachlässigt worden ist. Das acht 
zehnte fahrhundert ist durch Bilder der oberösterreichischen Barock- 
Iffaler Alfomonte, der Übergang ins neunzehnte durch die beiden 
füger-Schüler Abel und Sutter, die Biedermeierzeit durch die 
schönen, im besten Alt-Wiener Stil gemalten Blumenstücke des 
Cinzers Zinnögger oertreten. Es folgen die Aquarellisten Wall- 
hamer (Porträt), f. B. Wen gl er (Candschaft und bäuerliches 
figurenbild) und Greil (humoristisches und historisches Genre); 
ferner der Stifter-Illustrator 3. ITT. Kaiser, der landschafter Ober- 
müllner, Pausinger (der ein gebürtiger Oberösterreicher ist), der 
Genremaler im Stile llleissoniers Iflunsch, der Cindenschmit-Schüler 
Prem u. a. m. Die Repräsentation der modernen oberösterreichi 
schen lTlalerei ist noch nicht annähernd oollständig („feldblumen“ 
oon Rosa Scherer; hier fehlt oor allem die oiel zu früh oer- 
storbene ITtediz-Pelikan). 
nicht minder groß ist die Zahl der Bilder, die gegenständlich 
mit unserem L'ande Zusammenhängen; Porträts unserer Historiker, 
Dichter, fllusiker, Topographen; ein schönes Bild „Abdias“ oon 
3. n. P. Geiger (aus Stifters Besiß und eine Art Illustration zu 
seiner gleichnamigen Aooelle); oberösterreichische Veduten (z. B. 
„Ennser Stadtmauer“ oon Zetsche); eine interessante, auf lang 
jährigen Studien beruhende Rekonstruktion des Cinz der Renais 
sance oon 3. 113. Kaiser, Szenen aus dem oberösterreichischen 
Volksleben oon Alois Greil und anderes der Art. 
Die Alf-Wiener lTlalerei Gm weitesten Umfang des Wortes) 
ist, außer durch die schon genannten Ender und Geiger, durch 
Schwind, Danhauser, Amerling (heroorragend schönes füng- 
lingsporträt), Georg Decker u. a. uertrefen (hier, wie auch sonst, 
treten ergänzend die Sammlungen des llfuseums ein, mit ihren 
?ü g e r, Wa 1 d m ü 11 e r, Kriehuber, D e ffi n g er usw.); die jüngere 
Wiener lTlalerei durch ITlakart, Angeli, Cichtenfels, fried 
länder, Siegmund fAllemand u. a. m. Auch in dieser Gruppe 
bleibt noch oiel zu tun übrig, wenn anders die oereinzelten Zu 
fallserwerbungen zu einer geschlossenen Vorführung zusammen 
schließen sollen. 
An guten und mittelmäßigen Werken der Düsseldorfer 
und A3 ü neben er Schule aus der Entstehungszeit der Galerie ist 
! kein Triangel; gleich ihre erste Erwerbung war ein höchst repräsen- 
tafioes Stück älterer Düsseldorfer lüalerei (Hermann ITleoius’ 
„Schiffbruch an der Jnsel Cayraja“). leider fehlt auch die mit 
Recht in Verruf geratene Theaferrrequisiten-lAalerei der Düssel 
dorfer nicht: ein düsterer Crommell in Cederstulpenstiefeln, der, 
umschmeichelt oon einer zärtlichen Tochter, ein Porträt Karls I. 
betrachtet; ein nicht minder düsterer Kardinal Khlesl, um den 
herum der Inhalt eines ganzen Antiquitäten Cadens ausgeräumt 
ist; und andere mehr. Durch die Beseitigung solcher „Schinken“ 
könnte leicht Trift für weit wesentlichere Bestandteile der Samm 
lung gewonnen werden. 
Unter den Aamen der Spender finden sich u. a. auch die 
oon großen Wiener Sammlern: fürst fohann oon und zu Ciechfen- 
stein und Dr. figdor. Von ersterem wurde u. a. ein feiner 
Vautier, ein ergreifendes Elendsbild uon Israels und ein schön- 
toniger Andreas Achenbach gesiiftet; oon leßterem kam ein guter 
Heemskerk in die Sammlung. Bedeutenden Zuwachs an alten 
meistern brachte der Ankauf aus der Sammlung des Kustos 
Gerisch in Wien und das Vermächtnis des Hofrates uon Az. 
Kommt einmal die hoffentlich nicht allzu ferne Zeit, 
wo sich die Candesgalerie mit den bedeutenden Bilderbeständen 
des llluseums oereinigen und oielleicht überdies sich aus den 
reichen Stiftsgalerien des Tandes ergänzen wird, so wird das Cand 
Ober-Österreich sich im Besiß einer Bildersammlung finden, die zu 
seiner an Kunst reichen Vergangenheit in einem würdigen Ver 
hältnisse steht. Die wichtigste Vorbedingung hiefür ist freilich die 
Cösung der brennend gewordenen Raumfrage. Wr. Abdpost. 
Die Gemälde der 5ammlung Gerhardt. 
Vom Hofrat Dr. Gabriel oon T£rey (Budapest). 
B 5s ist immer ein schmerzlicher und tief zu bedau- [ 
ernder Verlust für ein Cand, wenn eine coert- 
Dolle Prioafsammlung non Kunstwerken hinaus- ' 
wandert, um dann binnen kurzem in alle Winde 
zerstreut zu werden. So müssen wir es auf- ] 
richtig beklagen, daf3 die Sammlung des oer- | 
storbenen königlich ungarischen Hofrats Güstau I 
u. Gerhardt, eine der schönsten und uiel- j 
seifigsten Ungarns, die königl. Haupt- und | 
Residenzstadt Budapest nerlassen hat. Sie war i 
im strengsten Sinne des Wortes eine Prioaf- I 
kollektion, und das gab ihr einen ganz eigenen Reiz. ■ 
lange Zeit mar sie den Budapester kunstliebenden Kreisen j 
so gut wie unbekannt; erst als Gerhardt bei Gelegenheit 
der in Budapest 1902 durch den Verband der Ärzte ner- 
anstalteten Kunstausstellung mit 48 Bildein in die Öffent 
lichkeit trat, wurde man auf sie aufmerksam. Gerhardt 
sammelte eben für sich. Jede Gitelkeit und Prahlerei lag 
seinem nornehmen und offenen Wesen fern, Gehörte man 
aber zu den wenigen fluserwählten, die ihren Weg zu 
ihm fanden, brachte man ihm gar Bode, friedländer, 
Hofstede de Groot, Georges Hulin und andere bedeu 
tende Kenner, so konnte er sich herzlich freuen und mit 
einer wahren Passion den fiihrer spielen durch die selt 
sam nerschlüngenen Pfade seines künstlerischen Besitztums. 
Da fiel es dem kritischen Beschauer oor allem auf, dalj
	        
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