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Internationale Sammler-Zeitung.
Hummer 22
echte, alte, aber minderwertige Gemmen mit den Hamen
berühmter Steinschneider des Altertums, wie denen der
Künstler Phrygillos, flthenades, Olympios, Salon, Hera-
philos, Hyllos, Glycos u. a. nersehen. ln hohem Grade
oerdächtig nennt ein Kenner jedenfalls solche Gemmen,
deren Inschriften in der Größe der Buchstaben, deren
Orthographie Hlängel oder Unregelmäßigkeiten zeigen.
Teßtere sind oft auffallend, roo die falscher des Griechischen
nicht mächtig roaren. Höchst oerdächtig sind sodann
Künstlernamen im nominatio oder in Catein, da die
Griechen hier den Genitio uertoendeten und die römischen
Steinschneider sich ebenfalls griechischer Buchstaben
zu ihren Signaturen und Inschriften bedienten, Außer-
dem ist zu beachten, daß die Künstler des Altertums
nur Steine oan besonderer Reinheit und Schönheit oer-
roandten, wozu sich die modernen Imitatoren wegen der
Kostspieligkeit des ITlaferials nicht leicht entschließen,
mitunter geschieht letzteres aber doch, wie eine 1907 in
Handel gebrachte Smaragdgemme in der Größe eines
20 ITlark-Stückes bewies, die durch ihre Schönheit und
Kostbarkeit oiele Sammler rebellierte, sich aber schließlich
dach als fälschung herausstellte. Ihre Darstellung zeigte
Amphitrife oon einem llleerestier getragen und non fünf
geflügelten Genien umschwebt. Die Komposition reich und
bewegt, war in oortrefflicher Technik ausgeführt, nur der
Typencharakter der Signatur „Glycon" machte erfahrene
Kenner stußig, denn er zeigte moderne Fraktur. Das
Rätsel fand bald seine Cösung: Es war eine in echtem
Smaragd mittelst Tiefschnitf ausgeführte geschickte Wieder
holung der schönen Pariser Kamee, mit dem Edelstein-
wert bezahlt und in Gold gefaßt, wird sie nun oan einer
bekannten Wiener Schönheit als Anhänger getragen.
Die flutographen-Sammlungen ßeibel-Hertenrieö
noch oor Schluß des llooember findet hei B o e r n e r in
£ e i p z i g die Versteigerung des zweiten Teiles der Autographen-
sammlungen Dr. Karl ö e i b e 1 (feipzig) und Karl Herz non
Hertenried statt. Der eben erschienene umfangreiche Katalog
dieser Versteigerung berichtet über die Sülle hochinteressanter und
seltener Stücke, die da zum Verkauf gelangen tnerden. Unter den
Autogrammen der Fürstlichkeiten ist ein Brief König Eudwigs ü.
oon Bayern, in dem der König schreibl: lllein lieber Freund!
Hier schicke ich dir den Ring der lTibelungen! Einen außer-
ordentlich freundlichen Brief schreibt Friedrich der Große seinem
erkrankten Kammerdiener. Von ganz besonderem Werfe ist jeden
falls ein Schriftstück Voltaires oom September 1757. 6s liegt
hier die Ausführung des Briefes oor, dessen Konzept mit obigem
Datum bei Koser und Droysen „Der Briefwechsel Friedrichs des
Großen mit Voltaire“ gedruckt ist. Der Brief, der merkwürdiger
Weise keine Unterschrift trägt, ist länger und ausführlicher als das
Konzept, dem er nur selten im Wortlaut folgt. Der Inhalt ist oon
hohem Interesse. Voltaire, seif langem ohne Flachricht über die
Kriegslage, tnarnt den König eindringlich oor dem Selbstmord im
Falle der Aiederlage. Die eifrige Ausführlichkeit der Auseinander-
seßung darüber deutet auf frühere Unterhaltung über den Selbst
mord zurück. Die rounderoolle Antwort Friedrichs auf diese Warnung
ist bekannt. Einen sehr schönen Brief richtete die Gemahlin
Wilhelm I. im August 1884 an ihren Gemahl in Gastein. Die
Überschrift „CieberWilhelm“ und das Kompliment „lieber Wilhelm,
Deine getreue Augusta“ sind oon der Kaiserin eigenhändig ge
schrieben. Auch inhaltlich ist der Brief sehr interessant. „Bitte
empfiehl mich dem Kaiser und der Kaiserin oon Österreich
herzlich. Beide waren stets sehr gütig für mich, woran ich mich
dankbar erinnere . . Unter anderem oerfügen die zur Auktion
gelangenden Sammlungen auch über einen Brief des Königs
C e o p o 1 d II. oon B e 1 g i e n an den Herzog Ernst II. oon Koburg-
Gotha, dem er ein Anliegen seines künftigen Schwiegersohnes, des
Kronprinzen Rudolf oon Ö s t e r r e i ch , übermittelt. Von weiland
Kaiser 111 ax oon ITlexiko liegen eigenhändige Randbemerkungen
zu zwei Berichten über das in ITliramar zu erbauende lAuseum
oor. Die charakteristischen, im Capidarstil abgefaßfen Bleistift
notizen zeigen das große Interesse, das der spätere Kaiser oon
ITlexiko an der künstlerisch einheitlichen Ausgestaltung seines 1854
bis 1856 erbauten Schlosses ITliramar genommen. Die beiden
oorliegenden Schriftstücke befürworten die Ausführung der Pläne
des Baumeisters lAachold, die auch Eepsius gutgeheißen habe.
„ . . Eeider ist der so apodiktisch lautende Befehl, daß der Plan
des ITluseums absolut im Stil des Schlosses (normannisch) zu sein
habe, zu spät hier eingetroffen . . .“ Das eine Schriftstück ist ein
oon dem Orientalisten £eo R e i n i s ch abgefaßfes Gutachten,
datiert Wien, den 7. llooember 1865, das andere ein an den Kaiser
gerichtetes im Fragment. Zu den wertoollstcn Stücken der Samm
lungen werden jedenfalls die Schriftstücke uon der Hand üapoleons
gehören. Eines ist aus der Zeit, da llapoleon als General in Italien
weilte. Von flapoleons Sohn, dem Herzog oon Reichstadt, stammt
ein interessantes Konzeptbuch, das die oerschiedensten Entwürfe
zu Aufsäßen und Briefen aller Art enthält. Es handelt sich jeden
falls zum Teil um Stilübungen, da sich zahlreiche, sowohl eigene
Verbesserungen, wie solche oon fremder Hand darin befinden.
Die Aufsäße werfen ein bedeutsames Eicht auf die oielseitige
geistige Ausbildung des jungen Fürsten, der mit gleichem Ver
ständnis und Interesse kriegsgerichtlich politische Fragen, den
Ausbruch des Vesuos, historische und andere Gegenstände behan
delt. Außerdem enthält das nianuskript aber auch eine große Hn-
zahl Briefentwürfe, teilweise ziemlich intimer Dafür, die allerdings
mitunter oon fremder Hand korrigiert sind. Aus Eaxenburg oom
25. Juli 1885 ist ein Brief weiland des Kronprinz Rudolf datiert.
Es ist ein freundschaftliches Schreiben an einen Baron (oermutlich
den damaligen Intendanten der Hoftheater, Baron Eeopold Hof
mann, A. d. R.), den der Kronprinz ersucht, „einen lllachtspruch
ergehen zu lassen, der den Direktoren und Ballettmeistern befiehlt,
das Personal (der Hofoper) für das Theater der elekfriscnen Aus
stellung . . zur Verfügung zu stellen ... Da ich weiß . . . wie
sehr Sie fühlen, daß bei derartigen Dingen, die große Interessen
oertrefen, die kleinen Rücksichten oerschwinden müssen . . .“
Unter den zahlreichen Schriftstücken aus der Hand oon
Kriegshelden und Heerführern Deutschlands und Österreichs sticht
ein Befehl Wall ensteins heroor, gegeben im Quartier zu Aschers
leben am 4. lllärz 1626. Es ist ein Befehl an die Soldafesca,
sämtliche zur Frankfurter messe reisenden Kauf- und Handelsleute
„sambt bei sich habenden Personen, Dienern, Rossen, Wagen und
geladenen Kauffmanswahren . . frey, sicher und ungehindert pas
sieren“ zu lassen. - Unter den Staatsmännern aus neuer Zeit
ist in diesen herrlichen Sammlungen natürlich auch Bismarcks
Hand zu finden. Jn einem Brief oom II. llooember 1871, kurze
Zeit nach seiner Ernennung zum Reichskanzler, schreibt er: „. . . Ich
habe leider jeßt wenig Zeit, mich mit meinen Prioatangelegen-
heiten selbst zu beschäftigen. Die amtliche Qual ist groß und mir
um so schwerer, als ich wegen lohannas Gesundheit in Sorgen
bin , .“ Besonders schön ist ein Brief des Kanzlers an den Kaiser
oom lleujahistage 1875. Bismarck schreibt darin: „Eeider ist mein
Unwohlsein nicht so weif gehoben, daß ich das Zimmer oerlassen
dürfte, und ich kann deshalb am heutigen lahrestage nicht in ge
wohnter Weise mit meinen Kollegen, sondern nur schriftlich Euer
majestät meinen ehrfurchtsoollen Glückwunsch zu Füßen legen. Ich
bitte Gott, am heutigen Tage, noch inniger wie an jedem anderen,
daß er Euer lllajestät im beginnenden Jahre, wie bisher, mit
Seinem Segen zur Seife stehe und mir die Gnade oerleihen wolle,
daß ich Euer lllajestät nach Gottes Willen dienen möge, wie ich es
bisher im guten Glauben und nach bestem Gewissen bemüht ge
wesen bin. Wenn die Kräfte mir dabei oersagen, so wollen Eure
majestät llachsicht haben, und den Erfolg Gott anheimstellen,“