Hummer 22
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 341
Porzellan in Hohenzollern-Sctilössern.
Von Georg Rhenanus (Berlin).
Friedrich der Große besaß eine große Vorliebe für
die entzückenden Gemälde Watteaus, für juwelen-
beseßte Tabatieren, farbenprächtige Gobelins
und elegante ITlöbel mit eingelegten Ornamenten
aus Schildpatt und ziseliertem ITletall. Gr folgte
in dieser Beziehung der Geschmacksrichtung
seiner Zeit, die an solchen Dingen außerordent
liches Gefallen fand. Dementsprechend mar ihm
auch das Porzellan sehr lieb — die Königliche
Porzellan-ITlanufaktur zu Berlin-Charlottenburg
oerdankt ihm ihre solide Grundlage und ihre
ausgezeichnete Cntmicklung. Sie ist heroorgegangen aus
einer im Jahre 1750 oom Kaufmann Wilhelm Caspar Wegeli
errichteten Fabrik, die um 1761 in den Besitj des Bankiers
Goßkowsky überging und im Jahre 1763 zum Preise non
225,000 Taler oon Friedrich angekauft wurde.
zellan seroieren ließ, abcoohl an Silbergeschirr kein Ulangel
roar und sogar ein goldenes Geschirr zur Verfügung stand.
Diese Porzellan-Seroices roaren in Blasse, form und färbe
so trefflich, daß sie denen oon ITleißen mindestens gleich
kamen. Cins der kostbarsten befindet sich im Hohenzollern-
niuseum zu Berlin. Der König hat es mährend seines Auf
enthaltes im Schlosse zu Breslau benutzt. Die wunderbare,
gleich Perlmutter schimmernde Glasur, die Ceuchtkraft der
färben, der milde Glanz des Goldes und die dekoratiue
JTleisterschaft, mit der die groß gemalten Blumen über die
fläche oerteilt sind, einen sich zu einer Gesamtroirkung
oon köstlichem Reiz. Wie wert der König solches Porzellan
hielt, geht auch daraus heroor, daß er im Testament seiner
Cieblingsschwester, friedrike Tuise ITlarkgräfin o. Ansbach,
und seiner flichfe, der Prinzessin oon Oranien, je „ein
Porzellanseroice aus der Berliner fabrik“ oermachte. Aller-
5ig. 6. Paradiesgarten.
Gifrig roar der König bestrebt, den Ruf seiner empor
blühenden ITlanufaktur weithin zu oerbreifen, um ihr ein
möglichst großes Hbsaßgebiet zu sichern. Zu diesem Zweck
roar eines seiner beliebtesten mittel, schöne Grzeugnisse
der ITlanufaktur auswärtigen Potentaten zum Geschenk zu
machen. So erhielt Kaiserin Katharina die Zweite oon
Rußland jenen prächtigen Tafelschmuck, dessen Teile die
zahlreichen Typen der Beoölkerung des russischen Reiches
in meisterlicher Ausführung darstellen. leider herrschte
am russischen Hofe eine derartige Gallomanie, daß, wie
Johann Bernoulli im Jahre 1778 gelegentlich seines Auf
enthaltes in St. Petersburg bemerkte, das schönste Por
zellan Berliner Herkunft und die zierlichsten Potsdamer
ntöbel für Pariser Produkte ausgegeben wurden. Den
König mag das geärgert haben, aber er fuhr unentwegt
fort, Propaganda für die ITlanufaktur zu machen. Hierzu
gehörte auch, daß er zuweilen bei großen Diners, an
denen Gesandte europäischer machte teilnahmen, in Por-
dings fügte er für beide je eine Prachtdose im Werfe oon
zehntausend Taler und für die Richte sogar noch oierzig
Anthal Tokaier — ein Anthal gleich einem Gimer Tokaier
zum Preise oon 172 Taler — und einen Galaroagen samt
einem Zuge preußischer Pferde hinzu.
Aber troß seiner großen Vorliebe fürPorzellan speiste
friedrich in der Regel oon Silber. Sein silbernes Tieblings-
seroice roar mit fein ziseliertem Weingerank ornamentiert,
oder, wie es im Testament heißt, „auf Weinstock gear
beitet“. Vielleicht ist es dasselbe Seroice zu fünfzig bis
sechzig Gedecken, das er sich in den Jahren 1746 bis
1747 zum Preise oon 32.700Taler oon dem Hofgoldschmied
Geberkühn in Berlin hatte fertigen lassen. Gr hinterließ
es nebst 50.000 Talern seiner Schwester, Prinzessin Philip
pine Charlotte oon Braunschweig (gestorben am 18, fe-
bruar 1801). Auch die Adjutanten des Königs speisten
gemeinhin oon Silber. „Das silberne Geschirr, worauf
meine Adjutanten speisen,“ heißt es im Testament, „so-