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Internationale Sammler-Zeitung.
Hummer 23
nicht weniger die Zügel schienen lief]. Seine zahlreichen Reise-
merke fanden freilich weniger finklang als seine Schriften über
die Ooldschmiedekunst und über Champfleury. Hm berühmtesten
machte ihn sein Buch über die „Truguage“, die Mischerkünste, die
im Bilder- und flntiquifdtenhandel eine sc grolle Rolle spielen.
Endel erzählt darin die Geschichte aller grofjen Fälschungen, steuert
aber auch aus seiner eigenen reichen Erfahrung eine menge oan
Beispielen bei, die er sehr humoruoll zu erzählen weil]. Wir haben
erst in der letzten tlummer einen Aufsatz aus seinem Werke oer-
öffentlicht.
(6ine interessante Entscheidung.) Die neueste tlummer
der Berliner luristenzeitung berichtet über eine interessante Ent
scheidung des Kammergerichts. Ein Künstler hatte das Treppen
haus einer oornehmen Berliner Villa mit Fresken geschmückt,
mythologische Figuren darstellend, lahre hindurch gefielen sie der
ßesitjerin. Im Haufe der lahre erschienen ihr die Figuren zu nackt,
sie lief; sie bekleiden, d. h. das Bild übermalen, nunmehr hat
das Kammergericht dem lllaler das Recht zuerkannt, die Besei
tigung der Übermalung zu oerlangen. Es stell! die idealen
Interessen des Utalers an der Erhaltung seines Werkes in der
ursprünglichen Form obenan, lede Hinderung des Bildes berühre
die künstlerische Ehre des lllalers. Juristen, Künstler und Kunst
freunde werden sich in der freudigen Billigung dieser Entscheidung
zusammenfinden.
(üeue Ausgrabungen bei Berlin.) Im Verein für die
Geschichte Berlins sprach dieser Tage Herr Herrmann Busse über
neue Ausgrabungen in der Umgebung Berlins. Der Redner, ein
früherer Kaufmann, ist in archäologischen Kreisen geschäht; wid
met er doch seit mehr als 20 Jahren, mit angeborenem Farscher-
sinn, unermüdlich seine freie Zeit den Ausgrabungen auf märki
schem Boden. An der Hand oon Cichtbildern führte er den Zuhörern
die umfangreichen Funde cor, welche er hier gemacht hat. Einer
der seltensten ist wohl das Hockergrab auf der Besitjung des Kom
merzienrates Ernst r>. Borsig. Dieser erwarb oor Jahren im llord-
westen des Tegeler Sees die beiden Reiherwerder; er lief] das
bergige Terrain abfahren und die Sümpfe zuschütten, um das
Ganze zu planieren. 1905 wurde bei diesen Erdarbeiten das Hocker
grab entdeckt; es steht im märkischen IRuseum. Bereitwillig unter
stützte Borsig die Ausgrabungen Busses. Das Ergebnis bestand in
75 Erdgruben, non denen einige zu Wahngruben gedient haben
müssen. Skelett- und Flachgräber mit Urnen und Bleigefäfjen kamen
zutage. Dadurch wurde der Aachweis gebracht, dafj diese Gräber
hintereinanderfolgenden Zeiten angehört haben müssen und wahr
scheinlich oon einem germanischen Stamm hinterlassen worden
sind, der die Insel uom 16. bis Jahrhundert o. Ehr. bewohnte.
Beachtenswert ist, dafj schon oor 5000 Jahren die Beerdigungs-
sitfe gewechselt hat, genau wie heute, wo man oon der frdbe-
stattung zur Verbrennung übergeht. Dann erläuterte der Redner
die Funde, welche er an den Ufern des 5 ch a r m ülg e I s e e s zu
tage gefördert hat. Überall trifft man hier auf Zeichen, daf3 in
prähistorischer Zeit Siedelungen gewesen sein müssen. Bei Biens
dorf wurde ein Hügelgrab mit 17 Gefäfjen, darunter 9 Buckel
urnen, freigelegt. Chronologisch gehört dieses Grab dem 14.—15.
Jahrhundert o. Ehr. an Die Gefäße zeigen sämtlich eine derartige
technische Ausführung, wie sie kaum in späterer Zeit bei uns
wieder erreicht wurde. In der Höhe oon Erkner, beim Dorfe G o-
sen, fand man bei einem Brunnenbau ein Hügelgrab mit ähnlichen
öefnfjformen wie die Diensdorfer. U. a. eine Urne mit 14 Buckeln,
zu der es bisher kein Seitenstück gibt, nicht einmal in der Eausitj,
welche man bis dahin für die Heimat dieser Gefäße hielt. Als eine
ergiebige Fundgrube bezeichnet der Redner seinen jetzigen Wohn-’
art Woltersdorf bei Erkner. Von Woltersdorf-Kief] besitzt das
lAärkische IRuseum eiserne messet' und Gefäfze aus slawischer
Zeit. Ein Gräberfeld der jüngeren Bronzezeit lag auf der soge
nannten „Käthe“. Als oor uier Wochen die Kalkseestrafje oon
neuem reguliert wurde, stiefz man auf ein Grab mit einer größeren
Urne, einem Bleigefäl'z, und 3 Bieter tief im Sande unter einer
Cehmschichf fand man einen Kopf mit dem Geweih eines Riesen
hirsches. Überall in der Umgegend wurden schon früher Gräber
felder entdeckt, die der Vortragende sorgfältig untersuchte; das
Gesamtresulfaf war: 96 Gräber, die 568 Tangefäf}e und die Reste
oon 156 uerbrannfen Reichen enthielten, 15 llrnen, die jedenfalls
die Überreste oon Standespersonen enthielten, standen in größeren
Behältern oon terrinenförmiger Gestalt, mit Schüsseln zugedeckt,
nachdem Herr Busse noch die Funde im Umkreise, sowie in Aieder-
und Oberbarnim, Cebus, Beeskow-Sforkow besprochen hatte, gab
er noch ein Bild der Siedelungen zu jener Zeit, oon denen Spuren
zutage gefördert sind. Zum Schlufj gedachte er auch der Funde
beim Seebad Rüdersdorf, wo jetzt ein reiches Arbeitsfeld für
ihn liegt.
fTluseen.
(Die Sammlung Fritz Gans.) Aach dem Frankfurter
„Finanzherold“ schweben Verhandlungen zwischen Generaldirektor
Bode und Herrn Fritz ’Gans (Frankfurt), als deren Ziele die
Schenkung der wertuollcn Prioafsammlung oon Altertümern des
Herrn Gans an das Kaiser Friedrich-llluseum in Berlin bezeichnet
wird. Wir registrieren diese Aachricht, bemerken aber dazu, dafj
unseres Wissens nur eine Ausstellung der Sammlung Gans in
Berlin geplant ist.
(Ein ö s f e r r e i ch i s ch e s Höhlenmusc u m a m P ö s t-
lingberg.) Wie wirerfahren, beabsichtigt der Verein für Höhlen
kunde in Österreich im Verein mit der Tramway- und Elektrizitäts-
Gesellschaft £inz-Urfahr am Post lingb erg ein Höhlenmuseum
zu errichten. Vom Ackerbauministerium wurde zu diesem Zwecke
ein reiches Tropfsteinmaterial aus der in staatlicher Verwaltung
stehenden Adelsberger Grotte zur Verfügung gestellt, welches be
reits in Hinz eingetroffen ist. Das JTUiseum dürfte wahrscheinlich
in einem Raum des Grottenbahnturmes untergebracht und mit
Beginn der nächsten Reisesaison eröffnet werden.
(Erwerbung einer 5 a m m I u n g oon C a 1 ch a g u i - Al
tertümern.) Aus Wien wird uns berichtet: Im linksseitigen
Gange des Stiegenhauses im k. k A aturh isfo risch en Hof
museum ist seit kurzem eine grofje Sammlung ausgestellt,
welche für die ethnographische Abteilung erworben wurde. Sie
stammt aus den heute zum Teile oerödeten Hochlandsgebieten des
nordwestlichen Argentinien, welche oor dem Eindringen der Spa
nier in ihren Tälern eine ziemlich zahlreiche und intelligente Jndianer-
beoölkerung besessen haben. Diese gehörte dem Stamme der Di-
agifas an und ein Zweig derselben wurde nach dem grofjen Cal-
chaquitale so benannt. Die Spanier hatten durch zweieinhalb
Jahrhunderte harte Kämpfe mit diesen tapferen Indianern zu be
stehen, wobei letztere zum grollen Teile aufgerieben wurden. Ihre Reste
haben sie uns in den Ruinen zahlreicher, zum Teile befestigter
Ortschaften und in oielen Gräberfeldern hinterlassen. Hus letzteren
stammt auch die in Frage stehende Sammlung. Diese bestehl in
AJehrzahl aus keramischen Produkten, namentlich aus grofjen
bemalten Urnen, welche häufig Kinderskelette enthielten, ferner
Schüsseln, welche zumeist als Deckel für die eisteren dienten, end
lich zahlreichen kleinen Bleigefäfjen, darunter oiele in der Form
oon manschen- und Tierfiguren. Unter den anderen Beigaben finden
sich Waffen und Geräte aus Stein - Beile, Speer- und Pfeilspitzen,
Stöfzel, Reibschalen und Quetschsteine — ferner Geräte aus Holz,
Reste oon Geweben, Schmucksachen aus IRuschelschalen und aus
grünen Gesteinen usw. Auch JTletalle waren schon bekannt, na
mentlich Kupfer und die künstliche Eegierung der Bronze, ferner
Silber. Die aus lllefall gefertigten Gegenstände waren aber oer-
hältnismälzig selten. Von besonderem Interesse sind gegen sechzig
lllenschenschädel, oon denen ein Teil künstlich deformiert ist. Die
Sammlung wurde oon Herrn Rudolf Sch reifer in Tucuman durch
eigene Ausgrabungen zusammengebracht und stellt wohl die grüfjte
Sammlung dieser Art dar, welche bisher nach Europa gelangt ist.
(Ein Ille di c o - h i s t o r i s ch es ITluseum in Ceipzig.)
Wie man uns mitteilt, wird feipzig demnächst ein IRedico-
historisch es ITluseum erhalten. Den Grundstock hierzu sali
die Abteilung für Geschichte der Hygiene auf der Dresdner Inter
nationalen Hygiene-Ausstellung bilden, die oon Prof. Sudhoff,
dem Ceipziger Forscher der Geschichte der IRedizin, zusommenge-
stellf ist.
(Die Aiederländer-Sammlung de Ridder.) Wie die
„Frankf. Zeitung“ mitteill, ist die berühmte Gemäldesammlung, die
der oerstorbene August de Ridder in Frankfurt angelegt hat, der
Gemälde-Galerie des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt als
Ceihgabe überwiesen worden. Es handelt sich um die Aiederländer-
Sammlung, die in der Villa de Ridders in Cronberg i. T. unter
gebracht mar. Zu deren Hauptstücken zählen Frans Hals: Zwei-
Frauenporträt, drei Rembrandt: „Die Saskia als Braut“, „Das
IRädchen am Fenster“ und ein IRännerporträt, ferner drei Hab
bema, zwei Rubens, fünf Terborg, fünf Jan Steen u. a. Es
sind im ganzen 90 heroorragende Gemälde.
(Germanisches IRuseum.) Unter den Reuerwerbungen,
welche das Germanische IRuseum in den lefzten Atonalen gemacht
hat, nimmt eine bei Kronach gefundene Bronze-Helmhaube
aus dem Kulturkreis der frühesten H a 11 st o t tz e i t, d. h. aus
der Zeit oon etwa 1200 900 oor Christi, die erste Stelle ein. Sie
hat die Form einer flachgedrückten, sonst oollkommen glatten Halb
kugel mit munderooll erhaltener, tiefgrüner Patina. Dieser eigen
artige Typus ist bislang nördlich der Alpen nur in drei entsprechen-