Die mu5ikir)5trurnenten-5ammlung des Erzherzogs
Franz Ferdinand.
■ ie der „Heuen fr. Pr.“ aus Hofkreisen mitgeteilt
roird, roerden in der neuen Hofburg umfassende
Vorbereitungen für eine groß angelegte Aus
stellung der Sammlungen des Erzherzogs f ra n z
ferdinand getroffen.
Der Zeitpunkt, bis zu welchem die Aus
stellung, die allgemein zugänglich sein roird,
eröffnet roerden kann, läfjt sich ooiläufig noch
nicht bestimmen, da nicht nur die baulichen Vorbereitungen
in der neuen Hofburg noch nicht so roeit gediehen sind,
sondern die Sammlungen selbst auch einer durchgreifenden
Renooierung und teilroeisen Umgestaltung unterzogen
roerden, die nach Ulonate in Anspruch nehmen roird.
Vieles aus den Sammlungen ist bekannt und roar wieder
holt der allgemeinen Besichtigung zugänglich, anderes da
gegen ist der großen Öffentlichkeit noch fremd, und das
Wiener Publikum roird Gelegenheit haben, eine der interes
santesten, reichhaltigsten und oerschiedenartigsten Samm
lungen zu sehen, roie sie kein anderes tllitglied des Kaiser
hauses in Prioatbesiß hat.
Die Ausstellung roird in eine Reihe non Abteilungen
zerfallen und eine flucht non Sälen in der dem inneren
Burgplaß zugeroendeten front des monumentalen Gebäudes
einnehmen. Gänzlich unbekannt ist zum Beispiel die kost
bare Sammlung non Ulusikinstrumenten des Crzherzogs,
zum großen Teile Jahrhunderte alte Instrumente, gesammelt
non den nerschiedenen ITtitgliedern der familie Cste. Bis
her mangelte ein passender Plaß für die Instrumente und
sie lagen daher, in Kisten und Truhen oerpackt, auf den
Bodenräumen des alten ITlodena-Palais in der Beatrixgasse,
bis durch den Verkauf des Palais an die Autotaxigesell
schaff die Objekte geräumt roerden mußten. Bei dieser
Gelegenheit kamen auch die alten Sachen wieder ans
Tageslicht, und Erzherzog franz ferdinand entschlaf] sich
nun, die einzelnen Stucke einer fachgemäßen Renooierung
unterziehen zu lassen. In einigen Sälen der neuen Hof
burg wurde nun eine Art oon Jnstrumentenmacheftoerk-
stätte eingerichtet, in der ein bekannter Wiener Geigen
macher, der in der Restaurierung alter Instrumente große
Crfahrung besitzt, seine Tätigkeit begann. In der Samm
lung fanden sich neben mehr als 40 Geigen, darunter sehr
roertoollen Stücken, eine ITlenge altertümlicher Instrumente,
die heute kaum dem Flamen nach bekannt sind, Cysten,
Tauten, italienische Zupfinstrumente, Violen etc., bei wel
chen der Zahn der Zeit große Verheerungen angerichtet
hatte. Jedes Stück wurde gänzlich zerlegt, und im Innern
der Violinen und anderen Saiteninstrumente wurden interes
sante Cintragungen gefunden, die über Alter und Kleister
Aufschluß gaben. Diese Aufzeichnungen rourden gesammelt
und sollen einem Katalog beigegeben roerden, der, sobald
die Ausstellung besuchsfähig sein roird, den Besuchern an
die Hand gegeben roerden soll.
Cin künstlerisch weniger bedeutsames, dafür aber
als Kuriosität merkwürdiges Instrument, das sonst in keiner
Sammlung oorkammt, ist eine Geige aus Stein, die oon
dem bekannten italienischen Kleister Carlo Cassini in
Carrara stammt und im siebzehnten Jahrhundert gebaut
wurde. Sie ist aus roeißem Carraramarmor oerfertigt und
bis ins Detail den italienischen Violinen der grofjen Geigen
bauerepoche nachgebildet. Kur gespielt kann sie nicht
werden, obwohl bei der jeljt oorgenommenen Restaurierung
auch Saiten aufgezogen rourden, aus dem einfachen Grund,
weil sie ein sehr bedeutendes Gewicht hat und nur oon
einem Athleten mit einem Arm gehalten roerden könnte.
Bei der fachmännischen Untersuchung der einzelnen
Instrumente wurde auch festgestellt, dafj es sich bezüglich
einer bisher für eine Stradioarius gehaltenen Geige um einen
Jrrtum handelt; das betreffende Instrument entstammt
nicht der berühmten familie der Stradioari, sondern ist
eine ausgezeichnete FRarkneukirchner-Geige, roie deren
die Sammlung noch mehrere enthält. Ungemein kostbar
und oon bedeutendem Wert ist eine Gambe, eines jener
in derZeit oom fünfzehnten bis zur FAitfe des achtzehnten
Jahrhunderts in allen Kulturländern oerbreiteten Instrumente,
die nach Art der Violoncells zwischen den Knien gehalten
rourden, jedoch mit sechs Saiten bespannt waren. Cs ist
mit einer jeden Zweifel ausschließenden Sicherheit festge
stellt, dafj diese Gambe ein Crzeugnis der berühmten
familie Tieffenbrucker ist, jener Tiroler Geigenmacher
familie, welcher der Bau der ersten Violine zugeschrieben
roird. Dieses eine Instrument allein hat einen U 7 ert oon
mehr als 50.000 Kronen, und es gibt nur wenige Samm
lungen des ln- und Auslandes, auch die weltbekannte
Kollektion des fürsten Tobkoroitj in Böhmen nicht aus
genommen, die ein Crzeugnis der familie Tieffenbrucker
aufweisen können. Dicht minder roertooll sind eine
Stainer-Geige und einige Tauten spanischen Ursprungs,
IKandolinen und Bratschen, die durchwegs alle oon be
rühmten Illeistern stammen und mehrere hundert Jahre
alt sind. Zu den Saiteninstrumenten gehören auch einige
alte Klaoiere und Spinefte, die den Anfang des Klaoier-
baues repräsentieren, primitioe Kielklaoiere, die erst nach
miiheoollerArbeit wieder instand gesetjt roerden konnten.
Von besonderem Interesse sind die Blas- und Schlag
instrumente, die in der Sammlung in großer Zahl oer
treten sind. Cs befinden sich darunter griechische Hörner,
Zinken und oerschiedene flöten aus den letjten Jahrhun
derten, Posaunen und Trompeten, Klarinette und Schal
meien, die das Interesse jedes lllusikfreundes und for-
schers finden roerden. Alle diese Instrumente roerden nach
der Restaurierung in Vitrinen und Glaskasten unterge
bracht roerden, und jedes einzelne soll, roie erwähnt, eine
kurze Tegende erhalten, die über Prooenienz und Ursprung
und die Zeit des Gebrauches Auskunft erteilt. Da bekannt
lich Saiteninstrumente an Klangschönheit wesentlich ein-
luifjen, wenn sie lange Zeit nicht gespielt roerden, sollen
die roertoollsten Stücke auch oon Zeit zu Zeit dem Kasten
entnommen und beniitjt roerden, um sie nicht dem lang
samen Verfall anheimzugeben.
Die musikinstrumente, mehr als 150 an der Zahl,
die zum allergrößten Teil oon den oerschiedenen Klit-
gliedern der familie Cste gesammelt oder auf Reisen er
worben rourden, bilden nur einen oerschroindend geringen
Teil der erzherzoglichen Sammlungen. In den Sälen der
neuen Hofburg roerden ferner auch die kostbaren Skulp
turen, Reliefs und Bildhauerroerke aus dem erzherzoglichen
Besitj aufgestellt roerden und außerdem ist zur Zeit eine
oollständige Deuordnung und Aufstellung der Sammlungen
im Werke, die Crzherzog franz ferdinand oon seiner
Weltreise mitbrachte. Cin großer Teil hieoon ist bekannt,
da die wissenschaftliche Ausbeute dieser Weltumseglung
in den Jahren nach der Rückkehr des Crzherzogs im Bel-
oedere ausgestellt roar. Cin anderer bedeutender Teil roar
bisher jedoch nicht zugänglich und soll nun zum ersten
mal in einer systematisch geordneten und wissenschaft
lich gesichteten form der Öffentlichkeit zugänglich ge
macht roerden. Kulturhistoriker und Cthnographen roerden
hier ein reiches und ergiebiges feld zum Studium finden.