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Internationale Sa minier-Zeitung.
Rümmer 4
Rite Wandgemälde an Hausfronten in Ladis.
Vom Regierunqsrate Johann Deininger (Wien).
ln hiesigen kunstsinnigen Kreisen rourde schon wieder
holt das Bedauern darüber laut, daß die an einigen Häusern
zu Cadisiin Oberinntale befindlichen, kunsthistorisch wert-
oollen fassadenmalereien dem Ruin entgegengehen. Aus
diesem Grunde sah ich mich veranlaßt, die an drei Häusern
im Dorfe £adis bestehenden fassadenmalereien neuerlich
zu besichtigen.
1. Rn der Giebelfront des Hauses Rr. 3 in £adis sind
an den oier fenstern des Obergeschoßes perspektioisch
gemalte Umrahmungen aus dem Ende des 16. Jahrhunderts
nur nach in fragmenten erhalten, ferner befindet sich hier
eine kaum noch erkennbare, primitio gemalte figurale Dar
stellung (Verehrung des Jesuskindes durch die Hirten),
welches Gemälde gleich der an der Seitenfront dieses
Hauses gemalten Sonnenuhr und einer teilweise erhaltenen
figürlichen Darstellung (Auferstehung Christi) aus späterer
Zeit, mutmaßlich aus dem 18. Jahrhundert, stammt.
Der fassadenoerpulj im Crdgeschof3e dieses Hauses
ist fast gänzlich zerstört.
2. An der oarderen Giebelfrant des Hauses Rr. 22 j
in £adis befinden sich teilweise erhaltene gemalte fenster-
umrahmungen, welche nach Komposition und Hlaltechnik
denjenigen am gemalten Hause in Öß** außerordentlich
ähnlich sind. Zwischen zwei fenstern im Obergeschoße
ist ein gut erhaltener Wappenschild mit Cmblemen in
Schwarz auf rotem Grunde gemalt und unter diesem die
Inschrift: „Hanns Rtärckh hat erbaut dis Haus.“ Im Erd-
geschoße neben einem fenster links die Darstellung: David
den Stein gegen Goliath schleudernd. Dieses primitiv ge
malte fresko stammt gleich den routiniert ausgeführten
Ornament- und Wappenmalereien aus der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts. Über dem leßteren befinden sich
rechteckig umrahmt die Gemälde: Christus am Kreuze mit
Hlaria und Johannes, im Hintergründe Jerusalem, ferner
links Coangelist Johannes und rechts Cuangelist IRatthäus
(leßtere Temperagemälde aus dem 17. Jahrhundert, vor
züglich ausgeführt und noch gut erhalten), Im Giebelfelde
symmetrisch angeordnet zwei Wappen: Österreichischer
Bindeschild und Tiroler Adler. Unter diesen in rechteckiger
Umrahmung eine Darstellung der oerschiedenen £ebensalter
des lllenschen in kleinen figuren mit einer nicht erkenn
baren Inschrift (fresko, 16. Jahrhundert).
An der rückwärtigen Giebelfrant, woselbst gegen
wärtig Stall und Scheune angebaut sind, wurde seinerzeit
der gemauerte Giebel abgetragen und durch einen solchen
aus Holz erseßt. Die an diesem Giebel gemalte St. Christoph
figur (fresko, 16. Jahrhundert) ist deshalb nur mehr in
ihrer unteren Hälfte erhalten. An der Ccke dieser front
sind noch perspektioisch gemalte Rautenquader und solche
mit dioersen Wappen im feld erhalten (fresko, 16. Jahr
hundert). Bemerkenswert erscheint, daß dieselbe Dekorie
rung der Hausecken an dem reich bemalten ehemaligen
Gerichtsgebäude zu Wenns im Pißtale oorkammt.
Die freiliegende seitliche Cängsfront dieses Hauses
enthält zwischen den fenstern in Hochparterre figürliche
fresken aus dem 16. Jahrhundert, unter welchen sich gegen
wärtig nicht mehr erhaltene Inschriften befanden. Drei
* Aus den ITlifteilungen der k. k. Zentralkommission für
trforschung und Crhaltung der Kunst- und historischen Denkmale,
ßd, IX, llr. 9.
** „Sfernvuirtshaus“.
kleinere mythologische Darstellungen al fresco, quadratisch
umrahmt und teilweise in spätererer Zeit al tempern über
malt; zwischen diesen ein größeres Gemälde in gemalter
rechteckiger Umrahmung, welche in den oier Ecken ITIe-
daillans mit sehr kleinen, nicht mehr erkennbaren figuren
enthält. Dieses Wandgemälde stellt ein Gastmahl oor.
Die männlichen und weiblichen figuren tragen Kostüme aus
dem Cnde des 16. Jahrhunderts. Im Vordergründe rechts
ein Trommelschläger, im Hintergründe ein flötenspieler.
An einem langen, mit Speisen beseßten Tische im JTlittel-
grunde sißt ein IRann, welchen eine rückwärts stehende
frau umarmt, links und rechts davon zwei frauengestalfen,
von welchen jene rechts einen Krug hält.
Am oberen Rande der ßildumrahmung befindet sich
eine gemalte Tafel mit der Inschrift: „LVCAS XV,“ Die
ganze Darstellung bezieht sich sonach auf das von diesem
Evangelisten beschriebene festmahl nach der Rückkehr des
„verlorenen Sohnes“ in das Elternhaus.
Diese fresken sind auf stark geglättetem Verpuß
ausgeführt, die Umrißlinien der figuren mit dem Pinselstil
in den feuchten Intanaco gerißt.
3. Haus Rr. 23 in £adis. Dieses Haus ist an das
oorbeschriebene (Rr. 22) angebaut. Die Giebelfront enthält
noch gemalte fensterumrahmungen aus dem Jahre 1590,
Diese Jahrzahl, welche vor 16 Jahren seitlich am Giebel
noch im Original erhalten war, ist gegenwärtig in der
Giebelmitte neu gemalt. Zwischen den fenstern im Ober
geschoße befinden sich zwei gemalte Wappenschilder, von
welchen eines genau dasselbe Emblem trägt wie das oben
beschriebene Wappen des Hanns Rlärckh vom Hause Rr. 22,
jedach in Gelb auf blauem Grunde, während das andere
Schild einen £öwen, zur Hälfte rot auf weißem und zur
Hälfte weiß auf rotem Grunde zeigt. £inks in Rechtecks
umrahmung: Enthauptung eines Heiligen, darunter ein
gemaltes Wappen (W), Emblem rot auf weißem Grunde.
Diese Embleme sind offenbar mit sogenannten Hausmarken
identisch. An der mit einem reich gezierten gemalten
Pilaster dekorierten Hausecke links oben ist eine aufrecht
stehende Christusfigur, das Kreuz haltend, dargestellt***.
Die ornamentale IRalerei im Erdgeschoße ist kaum noch
erkennbar. Hier ist auch (wie am Gerichtsgebäude in
Wenns) ein Pferd mit Steigbügel dargestellt (fresko, al
tempera übermalt). Rechts vom gegenwärtigen Hausein
gange im Obergeschoße, zu welchem jeßt eine neu her
gestellte Holztreppe führt, ist noch ein schön gemalter kurzer
fries mit Puttifiguren (fresko, 16. Jahrhundert) erhalten.
An der Seitenfront befinden sich noch teilweise erhal
tene gemalte fensterumrahmungen und ein gemaltes fenster
mit einer frauengestalt in deutscher Tracht des 16. Jahr
hunderts.
Bedauerlicherweise ist dieses Haus in jüngster Zeit
zu einem Gasthause (zur „Rose“) adaptiert worden, bei
welchem Anlasse die vorerwähnte Holztreppe hergestellt
wurde, welche sehr störend wirkt,
Hinsichtlich der zur Erhaltung dieser fresken nötigen
ITlaßnahmen, welche vornehmlich in einer entsprechenden
fixierung dieser Wandgemälde zu bestehen hätten, hat der
Konservator das weitere veranlaßt.
Diese Partie der Hausbemalung samt Jahreszahl und einer
fenster Umrahmung hat der Autor in seinem Werke: „Das Bauern
haus in Tirol und Vorarlberg“ (Abt. Oberinntaler Type) farbig
reproduziert,