Internationale
^ammfer^eifunj
Zentralblatt für Sammler, Eiebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Horbert Ehrlich und J. Hans Prosl.
3. Jahrgang. Wien, 1. Itlai 1911. Hummer 9.
Glasperlen und Perlenarbeiten.
Von £lse ehrlich-fränhel (HJien.)
Die roieder erstandene lllade der Biedermeierzeit hat
auch die Glasperlenarbeiten roieder in den Vordergrund
gerückt. Und es ist mit freude zu begrüben, dafj eine
Textiltechnik, die es ermöglicht, unser koloristisches Emp
finden als dauerndes Ver
mächtnis den späteren Ge
nerationen zu hinterlassen, da
Perlenarbeiten ihren färben-
reiz dauernd beibehalten,
roieder in Schroang kommt.
Die Glasperlenarbeiten zeigen
uns die färbe der Entstehungs
zeit noch nach Jahrhunderten,
ja nach Jahrtausenden. Heut
zutage macht man einen
grofjen Unterschied zwischen
echten und unechten Perlen,
bezeichnet mit ersferem Aus-
druck die naturperlen, mit
letjterem alle Produkte dieses
Genres aus Glas, Porzellan
oder Wachs. Die Differen
zierung ist unangebracht. Echt
ist jede Perle, die über ihr
material nicht täuscht, die
es klar erkennen läfjt. Und
nur jene Perlen sind als
falsch zu bezeichnen, die na
turperlen imitieren oder den
Anschein eines anderen künst
lichen Stoffes erwecken wollen.
Die Urheimat der Glas
erzeugung und somit auch
der Glasperlen ist, roie Gus-
tao E. Pazaurek in seinem
soeben erschienenem instruk-
tioen Werke „Glasperlen und
Perlenarbeiten aus alter und
neuer Zeit“ (Verlag Alexander ,
Koch, Darmstadt) ausführt,
Ägypten, roa sie schon zur
Zeit der 12. Dynastie bekannt waren. Und schon um 1500
o. Ehr. sind die Perlenarbeiten, roie roir in den Samm
lungen des llliinchner Professors freiherrn o. Bissing
sehen können, so kunstvoll geschliffen, von so tadellos
runder, scheiben- oder ringförmiger fassen, dal) man daraus
auf eine hohe Entwicklungsstufe der Perlentechnik jener
Zeit schließen mufj. Was in den ägyptischen, alexandrinischen
und altrömischen Glashütten
entstand, roanderte in die ent
legensten Teile der damals
gekannten Welt. Die Perlen
hatten die oerschiedensten
färben und man bemühte sich
insbesondere das Blau, das
in der IJafur so selten ver
kommt, in Glasperlen zu fassen.
Die schmucklosen transparent
kobaltblauen Perlen von Teil
Amarna blieben denn auch
Stapelartikel durch alle Jahr
hunderte. Die andersfarbigen
Perlen unterlagen einem, aller
dings sehr langsamen, Wech
sel der Diode.
Die Glasperle des Alter
tums war norroiegend eine
Soloperle, die dazu bestimmt
roar, auf Schnüren aneinander
gereiht zu roerden. man hat
vier Gruppen derselben zu
berücksichtigen: Die geroik-
kelfen A Spiedo - Perlen, die
nach dem ältesten, heute zu
rückgedrängten Verfahren am
Glasofen gemacht wurden;
die gedruckten Perlen aus
Kompositionsglas - „Stangen“,
die mit formeisenzangen ge-
prefjt und gelocht rourden; die
gezogenen und gehackten
Perlen, die zuerst in Venedig
und dann hauptsächlich in
Aordböhmen hergestellt rour
den und endlich die Holz
perlen, die „alla lucerna“ an der Campe geblasen und
zu Paternoster- und Rosenkränzen verwendet rourden.
Als man in der romanischen Zeit begann, mit kleinen