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Seite 140 
Internationale Sammler-Zeitung, 
rtummer 9 
Chronik. 
Bibliophilie. 
(Die Bibliothek des Saint - Sulpice.) Die 50.000 
Bände umfassende Bibliothek des Pariser Priesterseminars Sainf- 
Sulpice, eine der bedeutendsten theologischen Bibliotheken der 
Welf, die durch das französische Kirchentrennungsgeseß in den 
Besilj des französischen Staates gelangte, ist jeßt, roie man uns 
mitfeilt, der Pariser nafionalbibliofhek überwiesen morden. Die 
Flationalbibliothek erhält dadurch einen roertoollen Zuroachs. 
(Versteigerung der Bibliothek Hoe.) Aus llem-york 
rnird unterm 26, April gemeldet: Die Versteigerung der berühmten 
Bibliothek des oersforbenen Druckerpressenfabrikanten Robert Hoe, 
roelche auf anderthalb ITlillionen Dollars beroertet murde, begann 
hier in Gegenwart eines distinguierten Publikums. Aus Europa 
waren Baer (Frankfurt), Quarifch (fondon), Belin, Bonauentura und 
Robinson anwesend, fine Gutenberg-Bibel, gedruckt zwischen 
1450 und 1455, wurde für 50.000 Dollars oon dem kalifornischen 
lllilliardär Huntingdon erstanden, was der höchste für eine 
Bibel je erzielte Preis ist. Der nächsthohe Preis wurde für einen 
ITlainzer Psalter oon 1485 gezahlt, welcher 24.750 Dollars 
brachte. Das erste Angebot auf die Gutenberg-Bibel belief sich 
auf 10.000 Dollars, dann trieben oier Bieter einander bis auf 
51.000, worauf nur der Vertreter Huntingdons sowie der Sfraßen- 
bahn-lTlillianär Widener noch boten. Auch sonstige nummern er 
zielten gute Preise: Berneres „Book of Albans“ brachte 12.000 
Dollars, Augustins „De Civitate dei“ (Venedig 1470) 27.000 Dollars. 
(Bibliothekauktion). Die Fortsetzung der Versteigerung 
der Bibliothek bei ITtax Perl in Berlin (s. llr. 8, Seite 125) brachte 
ein schönes Exemplar non Schillers „Räubern“, das mit 910 ITlk. 
bezahlt wurde. (Erste Ausgabe). Die einzige, non Schiller selbst 
besorgte Ausgabe des „Ficsco“, ITlannheim 1785, erzielte 175 Ulk. 
Geschichte des dreißigjährigen Krieges, ITlusenalmanach für 1798, 
non Schiller ediert, und der ITtarken-Almanach oon 1797 kamen 
auf 128 Alk. Außerdem seien noch uon Hauptwerken uerzeichnet: 
Goethes „Faust“ in einer hebräischen Umdichtung. Wien 1865. Just. 
Bisquius: Do capitnlo Romano 1(569. (Auf dem Vorsaß die Ein 
tragung Wolfgang uon Goethe. Rom. 1855). 100 Alk. Ph. Runge: 
Hinterlassene Schriften. Hamburg 1840. Joh. Gottsched: Versuch 
einer kritischen Dichtkunst oor die Deutschen. (Erste Ausgabe). 
99 Alk. Freiherr uon der Goeben: Orientalische Reisebeschreibung 
nebst der Brandenburgischen Schiffahrt nach Aeu-Guinea. 1694. 
(Altes deutsches Kolonialbuch). 185 Alk. Gerhard Haupfmann: 
Promethidenlos. Berlin 1885. (Hauptmanns Erstlingswerk) Der 
llarr in Christo Cmanuel Quint. Roman, und Friedrich Hebbel: 
Gedichte. 150 111k. Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen 
Intermezzo. Berlin 1825. Revue des deux mondes. 1849—1859, mit 
Beiträgen Heines. 210 Alk. £ T. A Haffmann: Phantasiestücke 
in Callots Alanier. Bamberg 1814. febensansichten des Katers ITlurr. 
Berlin 1820. (Beides Erstausgaben). Die Brautwahl, eine berlinische 
Geschichte. 144 Alk. G. Th. Raynal: Histoire philosophique et 
politique du commerce des Europeens dans les deux Indes. Genf 
1780. 160 Alk Baron J. u. Gerning. A pittoresque tour along the 
Rhine from Mentz to Cologne. (Alit 24 kolorierten Stichen), fondon 
1820. 160 Alk. Jean Jacques Rousseau: Collection complete des 
oeuvres 12 Bände, fondon 1774—1785. (Illustriert oon ITloreau). 
580 Alk. Dasselbe Werk. 17. Bände. Genf 1782—1789. 180 111k. 
Watelet: L’art de peindre. (Poeme) Paris 1760. 110 Alk. fudmig 
Tieck: Geschichte des Herrn William faoell. Berlin bei llicolai 
1795-96. Derselbe: Phantasus 106 Alk. (Berlin 1812. Jn der Real 
schulbuchhandlung). Alaro Virgilius : Opera omnia, cum commentario 
Fried. Taubmanni. Wittebergae 1618. 110 Alk. Oeuvres de Meliere, 
avec des remarques grammaticales par M Bret. 6 Bände. Paris 
1775. 520 Alk. (Alit dem Porträt nach lllignard). Dasselbe Werk: 
6 Bände. Paris, an 13 1804 61 Alk. Die königl. Bibliothek in 
Berlin kaufte die erste Ausgabe der Gedichte uon Theodor Storni 
(Kiel 1852) und das Hausbuch aus deutschen Dichtern seit Claudius 
(erste illustrierte Ausgabe nach Zeichnungen uon Spechter, mit Bei 
trägen erster Dichter), feipzig 1875, für 81 Alk. 
Bilder. 
(Ein Selbstporträt des alten Dürer?) Im „Reper 
torium für Kunstwissenschaft“ behandelt Dr. H Ochenkawski 
das Bildnis eines Goldschmieds in der Wiener Albertina, auf dessen 
stilistische Verwandtschaft mit dem frühesten Selbstporträt Dürers 
(uon 1484) seinerzeit Friedländer hingemiesen hat. Auf die 
schlagende Ähnlichkeit des Porträts mit dem Bildnissen, die 
Dürer uon seinem Vater geliefert hat, wird hingewiesen, dagegen 
die uan Friedländer uertrefene Annahme, daß es sich um eine 
Jugendarbeit Dürers selbst handle, aus Gründen der technischen 
Verschiedenheit abgewiesen. Hingegen wird in Recht einleuchtender 
Weise dargetan, daß uiele Alomente dafür sprechen, daß das 
Wiener Goldschmiedbildnis ein Sei bstporträt des alten Diirer 
sein muß, zugleich dessen einzige erhaltene Arbeit, die uon der 
großen zeichnerischen Gewandtheit des Vaters oon Albrechf Diirer zeugt. 
(Verkauf zweier Tizian-Bilder.) Die Witwe Franz u. 
fenbachs hat zwei berühmte Tizians aus der Sammlung ihres 
Alannes für 60.000 Pfd. Sterl. an einen londoner Kunsthändler 
uerkauft. Das eine Bild ist ein Porträt Philipps II. non Spanien, 
und zwar die Originalskizze, für welche Philipp einige Jahre uar 
seiner Thronbesteigung saß, das zweite Bild stellt Franz I. uon 
Frankreich uor. Beide Bilder befanden sich bis Ende der Siebziger 
jahre in der Sammlung des Grafen Sebastian Giustimani-ßar- 
barigo in Padua und wurden dann auf Anraten Bades uon 
fenbach gekauft. 
(Ein neuer Frans Hals in Deutschland.) Auf einem 
Schloß in der Umgegend uon feipzig, im Besiß der Grafen Wedel 
zu Groß-Zschocher, hat Professor Felix Becker bei einer Durchsicht 
des alten Bilderbestandes ein Aleisterwerk des Frans Hals entdeckt. 
Es ist das Brustbild eines etwa dreißigjährigen Alannes in kurz- 
geschnittenem schwarzen Haar, der mit schwermütigen braunen 
Augen auf den Beschauer blickt. Der Herr trägt einen energisch 
gebürsteten Schnurrbart, einen wie angeklebf sißenden Kinnbart, 
eine flotfgemalte Alühlsteinkrause über schwarzem Rock. Die 
energische finiensprache des Bildes, die zwingende Kraft der 
Charakteristik lassen keinen Zweifel zu, daß hier ein Jugendwerk 
des Hals aus der Zeit um 1620 uorliegf. Das Alonogramm ist 
uan späterer Hand komischerweise auf den Rock in der Herzgegend 
aufgemalt morden und stand ursprünglich mahl in der jeßt be 
schädigten oberen Ecke. Sonst ist der Kopf wohl erhalten. Das 
Bild murde uor 100 Jahren in der Versteigerung des Richterschen 
Gemäldekabinetts in feipzig, das damals zu den Sehenswürdig 
keiten der Pleißestadt gehörte und auch uon Goethe besucht 
worden ist, für den lächerlichen Preis uon 2 Talern 8 Groschen als 
Kopie nach Van Dyck uerkauft. Die Frage nach der Persönlich 
keit des Dargesfellten ist bei diesem interessanten Werk besonders 
fesselnd. Obwohl die Wange noch jugendlich uoll und die Stirn 
glatt ist, reden doch der melancholische Blick, die uon scharfer 
Hugenarbeit gefüllten Tränensäcke, die tiefen Wangenfalten eine 
so deutliche Sprache, daß mir einen Gelehrten, einen Arzt oder 
Künstler oermuten dürfen. Professor Becker meint, daß Frans Hals 
sich hier selbst dargestellt hat. 
Handschriften. 
(A11 ar a b is ch e H a n d s ch r if f en). Einen Fund uon hohem 
archäologischem Werte für die Geschichte des Islams ist oon Dr. 
Eugenia Griffini in der Alailander Bibliofeca Ambrosiana ge 
macht worden. Es handelt sich um einen Kodex in arabischer 
Sprache mit dem Titel „Compendiuin des Zeid ben Ali“, und ist 
nach dem Urteil des Finders die älteste lliederschrift des islamitischen 
Rechts, aus der Zeit uor 740, in welchem Jahre der Verfasser starb-
	        
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