Hummer 9 internationale 5
Ciiie andere Gruppe geht uon Glse Opler-£egbend
in Berlin und Blade Bötticher in Ceipzig aus, die die
Perlenschnur aufnähen, roie roir es schon bei den Sumatra
arbeiten ermähnt haben. Diese Gruppe mahlt ausschließlich
Cinienmotioe als selbständiges Illuster, roie bei den Kissen
und Täschchen non Glse Wislicenus in Teipzig oder
sie nehmen die Perlenstickerei als Umrandung für Appli-
katiansstickereien, roie dies etroa lllargarethe Pfaff in
ChemnÜ3 anmendet. Besonders beliebt roerden jeßt Schmuck
knöpfe aller Rrt, die namentlich als Hutnadeln mit Perlen-
und Steindienbesaß roirkungsooll sind und außerdem den
Vorteil haben, außerordentlich leicht oon Geroicht zu sein.
Charlotte Janorosky in Stuttgart ist hier in erster Pinie
zu nennen. Dem Charakter der uenezianischen Sprengperle
entspricht am besten das Zarte, Duftige, roie es FR. o.
Zroicklit3 in Berlin im Anschlüße an Klara Paster pflegt,
aber neben den Glasperlen auch den Uletallperlen einen
roeiten Spielraum gönnt.
Interessant ist in den uerschiedenen Pagern die Ver
wendung des Blumenmotioes. Während sich die Ginen uon
der Biedermeierzeit noch nicht emanzipieren können, die
Blüte botanisch genau festzuhalten streben und sich genau
an den natürlichen Schatten und das Picht halten, betrachten
die andern die Blume nur sozusagen als einen farben-
fleck, bei dem es auf botanische Genauigkeit absolut nicht
ankommt, sondern roo es bedeutend wichtiger ist, daß sie
gut im Reck sind. Die Wirkung gibt der leßten Gruppe
oollkommen Recht. Denn auch auf andern Textilgebieten,
z. B. in der Teppichfabrikation, kann man ähnliche Be
strebungen roahrnehmen,
ainmler-Zeiturig. Seite 131
Das große Geroicht der Glasperle benimmt ihr so
manche Jllöglichkeit der Verwendung; zarte Stoffe darf
man nicht mit Blassen oon Glasperlen zieren und jede
Dame, die ein modernes Ballkleid mit jenem unglaublich
schweren Überwurf oon Perlenstickerei trägt, weiß ein Pied
oom Geroichte der Perlen zu singen. Da auch die Porzellan-
und Alabasterpeden nicht geringer oon Geroicht sind, so
kann man die weite Verbreitung der Holzperlen begreifen,
deren Oberfläche so gar nicht widerstandsfähig ist, die
daher schon nach kurzer Benüßung die färbe und den
Glanz oerliert. Und dabei kann man einzelne der besonders
beoorzugten JTlodefarben, roie Violett oder Blaugrün nicht
einmal echtfärbig hersteilen. Hier eröffnet sich neuen
lllaterialien roie Zelluloid und Galalith, die in allen ihren
Iluancen mit Goldäderungen in der Blasse gefärbt roerden
können, ein ebenso weites roie dankbares feld.
Die Glasperle roird troß ihrer ungemeinen Vielseitigkeit
noch nicht genug gewürdigt. Ihr Glanz, ihr Bichtbrechungs-
oermägen, oor allem aber die Beuchtkraft ihrer färben,
die den Jahrhunderten widersteht, die Blannigfaltigkeit der
färben, die heute fast in lückenloser Reihe hergestellt
roerden können, endlich auch ihre außerordentliche Billigkeit
sichert ihr ohne allen Zroeifel einen oiel größeren Geltungs
bereich, roenn sich erst noch bedeutendere Künstler ihrer
angenommen haben roerden. Die Stuttgarter Ausstellung
des Jahres 1910, die eine reiche Auswahl oon Perlen
arbeiten aller Zeiten und aller Völker zur Schau stellt,
dürfte in dieser Hinsicht anregend und belehrend gewirkt
haben und es ist zu hoffen, daß die Perlentechnik einer
neuen Renaissance entgegengeht.
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Die Flutographensammlungen
Jm Antiquariat oon C. G. Boerner in feipzig kommen, roie
schon mehrfach mitciefeilf, oom 5. bis 6. ITlai die Autographensamm
lungen Pr. Carl Gei bei (Ceipzig) und Carl Herz uon Hertenried
(Wien) unter den Hammer, die über die Kreise der sammelnden
Ciebhaber hinaus Interesse erregen dürften.
Der Katalog meist 1211 nummern in sieben Abteilungen aut.
Der erste Teil „Die Reformation“ beginnt gleich mit einer großen
Seltenheit: einem lateinisch abgefaßten Brief oon Johannes
A g r ic o I a an den Kurfürsten Joachim IJ. mit scluuungucllen Worten
des Dankes für die Crhaltung der Reinheit der Cehre und mit
der Bitte um eine Unterstüßung zu seinem beuorstehenden
Aufenthalt in Cöroen. Die Begründung der Bitte gibt interessante
Cinzelheiten über die Kosten des Cebens in der mitte des sech
zehnten Jahrhunderts. Cin Brief KasparAquilas an seinen
Patron, den Grafen uon Henneberg, ist als Begleitschreiben der
Aquilaschen Broschüre „Wie man christlich die Sünder strafen soll“
gedacht und endet mit einer Bitte an die Gräfin, den oersprochenen
„guften, starken, gesunden Wein“ nicht zu oergessen. Die Refor
matoren roaren also nach nicht antialkoholisch.
Cine außerordentliche Rarität ist ein Schreiben G ö ß uon
Berlichingens, gezeichnet: „mein hant Goß oon Berliching“. 1907
kam ein Brief Gößens bei der Versteigerung der Sammlungen Paar
und Posony zum Vorschein; weitere Autographen des Ritters mit
der eisernen Hand sind in den leßten Jahrzehnten nicht nachge-
miesen morden, nicht minder selten ist ein Brief Konrads oon
Berlichingen, des Oheims Gößens, bei dem dieser 1494 als „Bube“
in den Dienst trat. Der Brief Herrn Kunrafs ist an die Herzogin
niargarethe oon Braunschmeig Cüneburg gerichtet, die der Ritter
gehörig angepumpt hat und die er bittet, bei der Zinseinziehung
doch ein rnenig milder oerfahren zu mallen. Cin Brief Kurts oon
Boyneburg, des „kleinen Hessen“, der mit Karl uon Bourbon den
Sacco di Roma herbeiführte und Clemens VII. gefangen nahm,
Deibel und Herz-Hertenried.
ist uom Sonntag Trinitatis 1515 datiert und an einen fürsten ge
richtet, wahrscheinlich an den Candgrafen Philipp oon Hessen,
in dessen Diensten Boyneburg damals noch stand.
Cin wichtiges Dokument zur schwäbischen Reformationsge
schichte ist die Abhandlung, die Johannes Brenz 1549 an den
Herzog Christoph oon Württemberg schickte. Cs handelte
sich um das ausführliche Gutachten, das der Herzog kurz uor seinem
Regierungsantritt bei Brenz einholfe über die brennenden fragen
des damaligen Standes der reformatorischen Bewegung. Brenz
begründet darin die einzunehmende Stellung gegenüber der päpst
lichen Jndulgenz, dem Augsburger Interim, einem speziellen kaiser
lichen Schreiben, einer Visitation der Grafschaft ITlömpelgard usw.
Aus diesen Orundsäßen ging später das „Württcmbergische Glaubens
bekenntnis“ und die „große mürttembergische Kirchenordnung“
heroor, die für oiele eoangelische Candeskirchen oorbildlich wurde,
Cin Prachtstück ist auch der oon ITlelanchthon mitunter
schriebene und adressierte Brief Johannes Bugenhagens an den
Rat uon Hildesheim mit der Crmahnung, die dortige Kirchenordnung
aufrecht zu erhalten. Von C aluin stammen zwei Briefe, ebenso
zwei oon Karl V. Johann Cochläus, nach Cck der eifrigste
Gegner Cuthers, leiht in einem Schreiben oon 1545 an Bischof
Julius oon Aaumburg seiner lTlißstimmung heftige Worte. Der
Brief stammt aus einer Zeit, roo der ehrgeizige Katholik, durch
die Ausbreitung der Reformation um die erhofften persönlichen
Crfolge betrogen, oom öffentlichen Kampfplaß abgetreten war und
sich nach Cichsfätf zurückgezogen hatte. Seiner Stimmung gibt der
Brief deutlichen Ausdruck. Kurfürst llloriß hat ihn zur Verzicht-
leistung auf sein meißener Kanonikat gezwungen, die Hoffnung,
sich noch einmal an einem Konzil beteiligen zu können, scheint zu
schwinden, „Gott möge mit Glich gegen alle Spießgesellen des
Teufels kämpfen, die unsern Vater bis zum äußersten herabzuseßen
suchen!“ . . .