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Hummer 9 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Interessant durch seine lllitteilungen über die unglückliche 
Che der Tochter ITlelanchthons ist ein Brief Kaspar CruNigers 
des Jüngeren uom luni 1544. Cs heiFjt da u. a.: „Aber unsern 
Philipp haben neben sonstigen andauernden Drangsalen eine Zeit 
lang gewisse häusliche Sorgen gar sehr heimgesucht, besonders 
wegen der Tochter, die nicht sehr glücklich oerheiratet ist an einen 
durchaus mürrischen und wegen seiner Caunenhaftigkeit hartnäckig 
den schlimmsten Verdächtigungen nachgehenden iTtnnn. Jctjt ist 
er nach Preufjen mit sehr stattlicher Besoldung berufen und wird 
seine frau mit dorthin nehmen, beoor er selbst um der nichtigsten 
Ursache willen großen Härm schlägt, der nach beiden Seiten hin 
sowohl Scheidung als auch Schande und nicht eben gelinder Art 
herbeiführen kann“ . . . Von Cck liegt ein ungewöhnlich schöner 
und inhalfreicher Brief aus dem kritischen Jahre der Bannbulle 
(1520) an den Bischof öregor Den Bamberg oor; oon Erasmus 
uon Rot te rm an n ein solcher an fazarus oon Genf aus der 
Zeit (1527), da ersieh endlich öffentlich gegen Euther erklärt hafte 
und die Streitschriften zwischen beiden hagelten; uon Johannes 
Geiler ein Schreiben an Bischof Friedrich II. uon Augsburg 
aus dem Hause Hohenzollern. Gin undatierter Brief Huttens an 
einen frankfurter Ratsherrn dürfte in lAainz mährend Huttens 
dortigem Aufenthalt beim Erzbischof Al b r ech t (1514 bis 1519) 
geschrieben morden sein; Hutten bittet seinen freund darin um 
oerschiedene Bücher, wie die Kosmographie des Aeneas Syluius 
und ein historisches Werk des Ricinus. 
Von Euther selbst zeigt der Auktionskatalog eine authentische 
Urkunde über einen der gewaltigsten Hkte der Weltgeschichte; 
jenes denkwürdige Schreiben uom 28. April 1521, das der Refor 
mator nach seinem Aufbruch uom Reichstage zu Worms aus fried 
berg in Hessen an Kaiser Karl schickte. Gr rekapituliert darin den 
Verlauf der Verhandlungen, begründet sein Verhalten und wieder 
holt seine entscheidenden Worte: „Dafj mirs nicht gebühren wollte, 
märe auch nicht billig noch zu fhun Gottes Wort zu uerleugnen 
und mein Büchlein also zu widerruffen“, cs sei denn, „dafj die 
Jrrfhümer, welche, wie etliche fürgeben, darinnen seyn sollen, mit 
göttlichen, euangelischen und prophetischen Schriften gestraft und 
getadelt würden; auch mich aus christlichem Gemüthe unterthäniglich 
erboten, wo ich einiges Irrthumes überweiset würde, so wollte ich 
alles widerruffen und der erste seyn, der meine Büchlein ins feuer 
werfen, oerbrennen und mit füfjen treten wollte!" Hierauf legt er 
das eoangelische Bekenntnis ab und begründet es aus der Schrift 
mit gewaltigen Worten. Der Brief gelangte bekanntlich nicht in die 
Hände des Kaisers, da es niemand wagte, ihm das Schreiben eines 
unter der Reichsacht stehenden ITtannes zu überreichen. Spalafin, 
der den Brief aller Vermutung nach damals in Cmpfang genommen 
hat, bemerkt in einer Randnote auf dem Original: „Hae litterac 
Caesari non sunt redditae qaod in tanta vi procerum ne unas 
gnidetn erat qui redderet.“ Wenige Tage nach Abfassung des 
Briefes saf3 Euther in Sicherheit auf der Wartburg. 
Gine Grgänzung zu diesem köstlichen Euthetbriefe bildet ein 
Brief seiner frau, den diese wenige Wochen nach Euthers Tode 
(am 25. April 1546) an ihre Schwester Christine uon Bora 
schrieb und in dem es heifjt: „Gnad und fried oon Gott dem Vater 
unseres lieben Herrn Jesu Christi freundtlichc liebe Schwester. Das 
Ir eyn herzlich lAittleiden mitt mir und meynen armen hindern 
tragt glaub ich leichtlich. Denn wer molt nicht billich betrübt onnd 
bekümmert sein umb einen solchen tewren man, als mein lieber 
Herr gewefjen ist, der nicht allein einer Stad oder einigen Cond, 
sondern der ganzen weit oiel gedienet hatt. Derhalben ich warlich 
so seer betrübt bin datj ich mein grofjes Herzeleid keinem menschen 
sagen kan onnd weis nicht wie mir zu sin und zu muth ist. Ich 
kan widder essen noch trinken. Auch dazu nicht schlaffen. Und 
wenn ich hat ein fiirstenthuinb oder Keyserthumb gehabt, solt 
mir so leid nimmer mehr geschehen sein so ichs uerlohren hatt, 
als nun unser lieber Herrgott mir onnd nicht alleine mir, sondern 
der ganzen Welt diesen lieben und tewren man genohmen hatt. 
Wenn ich daran gedenk, so kann ich für leid unnd weinen (das 
Gott wol weis) widder reden noch schreiben lassen. Wie Ir zu 
zu leichtlich salchs liebe Schwester, zu ermessen habt . . .“ Auch 
uon Paul Euther, dem Eieblingssohn des Reformators, uom Gnkel, 
Ur-, Ururenkel und dem lebten männlichen llachkommen, Gottlob 
ITlartin Euther, sind Briefschaften uarhonden. 
Die zweite und dritte Abteilung umfassen die deutsche 
Eiteratur. Aus der älteren Zeit liegen u. a. höchst interessante 
Schriftstücke uon Sebastian franck, Christian Gryphius, Hofmanns- 
waldau, Eohenstein, Opit], Rollenhagen, Angelus Silesius und Treik- 
sauermein oor; Autographe des Bearbeiters des „Tlreuerdank“ und 
„Wei^kunig“ sind nur noch selten aufzutreiben. Glänzend ist die 
deutsche Eiteratur seit Eessing uertreten. Gin ganzes Autographen 
album enthält 74 Gedichte und Sinnsprüche uon Badenstedt, Björn- 
son, Cckermann, Grillparzer, Grün, Hebbel, Halm, Eenau, nürnberger, 
lllörike u. a. Von Börne sind drei Schriftstücke oorhanden, oon 
Bretano uier, sechs uon Bürger (darunter sein driftfrühester 
bekannter Brief uom 14. februar 1769), uon Chamisso mehrere 
eigenhändige Gedichte, uon Goethe dreizehn Stück, auch ein un 
gedruckter Brief uom 50. August 1789, ein Gedicht oon Tischbein 
(„Statt den menschen in den Tieren zu uerlieren“), zwei Stamm 
buchblätter und ein Konuersationszettel; daneben Goethes gesamte 
Korrespondenz mit Eeonhard in Hanau, zwar nur unterzeichnet, 
aher höchst charakteristisch für seine mineralogische Eiebhaberei. 
Hoch 1828 schreibt er an Eeonhard: „Ob ich nun gleich, auf 
manigfaltige Weise nothgedrungen beschäftigt, gegen die liebwerthe 
Flatur kaum augenblicklich hinwenden kann, so rieselt doch, alt 
hergebrachter Weise, aus nie oersiegenden Quellen immer etwas 
Zufluß in mein Bassin; oon den mexikanischen Bergwerkszuständen 
ist mir durch die Gunst der niederrheinischen Societät eine nähere 
Kenntnis geworden Kleine auf die Zinnformation angelegte Samm 
lung hat sich angenehm oermehrt, lllein Sohn, dessen Eiebhaberey 
auffossilien uorzüglich gerichtet ist, hat durch treue Ordnung nach 
Ihren früheren Cehrschriften sich selbst zu einer rationellen Aus 
stattung unserer längst begonnenen Sammlung befähigt . . .“ 
Sonst ragen aus dem Goethekreise heroor: ein prachtuoller 
Brief der frau Rath an Unzelmann uom lllai 1788, ein hüb 
sches Schreiben uon Illinna Herzlieb an ihren Pflegebruder frit] 
frommann, ein Brief und ein Stammbuchblatf oon Eotte Kestner 
und ein sehr interessanter Bericht der Johanna Schopenhauer 
an Glisa uon der Recke über den Tod Christianes. flüchtig ange 
führt seien ferner Briefe der Stein, uon Grabbe an Tieck aus seiner 
lugend, uon Grillparzer (dabei ein prachtooller an eine Unbekannte 
über sein Drama „Gin treuer Diener seines Herrn“), oon der un 
glücklichen Karoline uon Günderode, lllanuskriptfragmente oon 
Aooalis, Schriftstücke oon Hauff, Hebbel, Heine (sehr oiel, lAanus- 
kripte aus „Deutschland“, „Kahldorf“, dem „Salon“ und den „fran 
zösischen Zuständen und die noch nicht oöllig ueröffentlichte Kor- 
j respondenz mit Alexander Weil), uon Heinse, Herder, Hölderlin, 
! Kant. Auch eine reichhaltige Sammlung Autographen uon C. T. A. 
j Hoff mann ist beigesteuert, darunter wahrhafte Prachtstücke wie 
die Briefe oon Dümmler über den „Kater murr“ und die an Wilmans 
über den „meisten floh“. Von Heinrich oon Kleist finden wir 
jenes uielgemanderte lAanuskripf der Germaniaode mit Tiecks Echt 
heitsbestätigung, oon Körner u. a, das ITlanuskript seines Eust- 
spiels ..Die Braut“, oon Eessing, einen herrlichen Brief an llluro 
mit heftigen Ausfällen gegen Klotj 
Die 11 i ersehe-Abteilung enthält die ganze Korrespondenz 
des Philosophen an seinen Verleger flitsch in Eeipzig: 33 Briefe, 
22 Postkarten und einen Elachrichtenzetfel, beginnend am 18. ITo- 
oember 1871 und endigend wenige Tage oor Ausbruch seiner 
Krankheit mit einem Brief aus Turin oom 30. Ilooember 1888. 
Bezeichnend für seinen Seelenzusfand ist folgender Brief llietjsches 
oom 18. Ilooember jenes Jahres: „Werter Herr Verleger, Sie haben 
die Auszeichnung, die Werke des ersten menschen aller Jahrtausende 
im Verlag zu haben. Dafj Sie einer alten Gans wie Pohl erlauben 
können über mich zu reden, gehört zu den Dingen, die nur in 
Deutschland möglich sind. Glauben Sie nicht, dafj ich dergleichen 
lese: man schreibt mir eben wörtlich aus Eeipzig „die Einbildung 
Pohls mit seinem beschränkten Artikel Etwas gegen Jhr Weltgericht 
gethan zu haben ist urkomisch.“ Jch bekomme oon allen Seiten 
wahre Huldigungs-Schreiben, wie über ein ITleisterstück psycho-
	        
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