MAK
Nr. 11 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 171 
Chronik. 
Bibliophilie. 
(Ein interessanter Wiegendruck.) Die Biblio 
thek des Germanischen Nationalmuseums hat jüngst einen 
außerordentlich seltenen, vielleicht nur in diesem einen Exem 
plar vorhandenen alten Druck erworben: eine frühe Aus 
gabe jenes mittelalterlichen Heldengedichtes, das die Kämpfe 
Dietrichs von Bern und Hildebrands mit dem Riesen Sigcnat 
zum Gegenstände hat. Die Holzschnitte scheinen auf Augs 
burg als Druckort und auf die Neunzigerjahre des 15. Jahr 
hunderts zu weisen. 
(Die Linzer Studien-Bibliothek.) Die unter 
der Leitung des Professors Dr. Konrad Schiffmann 
stehende k. k. Studien-Bibliothek in Linz war nun schon einige 
mal der Fundort hochinteressanter Schätze der Bibliophilie. 
Jetzt sind, wie die »Wiener Abendpost« meldet, Dr. Schiff- 
marin sehr wertvolle Erwerbungen gelungen. Im Stifte Bau m- 
gartenberg trug ein Jahrzehnt vor der Aufhebung des 
Klosters P. Josef Leb it sch sämtliche Urkunden seines 
Hauses in einen Thesaurus zusammen, der damals im Lande 
seinesgleichen nicht gehabt haben dürfte. Die kalligraphisch 
ausgeführten Urkundenkopien waren mit kunstvollen und 
reichen Federzeichnungen der Siegel geschmückt. Im Jahre 
1806 berichtete der Geschichtsschreiber F. Kurz aus Baum 
gartenberg. wo er wegen archivalischer Studien weilte, seinem 
Prälaten nach St. Florian, daß unter anderen \vertvolleii 
Schriften auch der »Codex traditionum«, den der P. Josef 
Lebitsch geschrieben hat, nicht mehr unversehrt vorhanden 
sei. Die ersten drei Hefte fehlten und das vierte fange schon 
mit 1365 an. Seit Kurz war dann von dem ganzen Werke 
gar nur der Registerband bekannt, der sich seit der Auf 
hebung des Stiftes in der Studien-Bibliothek in Linz befand. 
Vor kurzem tauchte nun plötzlich ein Teil des Thesaurus auf. 
Professor Dr. Schiffmann beeilte sich, ihn zu erwerben. Er 
enthält die Urkunden weltlicher Würdenträger; da er voll 
ständig ist, ergibt sich, daß Kurz an der zitierten Briefstelle 
vom ersten Teile des Thesaurus spricht, der die Urkunden 
der kirchlichen Würdenträger umfaßt hat. Ein dritter Teil 
enthielt die Privaturkunden.. Aber noch ein anderer Fund von 
vielleicht noch größerer Bedeutung wurde der Studien- 
Bibliothek einverleibt. Ein etwa 32 :26 Zentimeter großes 
Papierblatt, das in schwarzen und roten Missale-Typen ein 
Dankgebet, das Vaterunser, Ave Maria und das Glaubens 
bekenntnis, sämtliche in deutscher Sprache, sowie folgende 
Schlußschrift enthält: »Das vor geschriben gebet vater unser. 
Gegrusset pistu maria Ich glaub in got. Ist also teutsch ge- 
hawen in ain merblstain zu Saltzpurk in der Kirchen (des he) 
yligen sant Ruprecht zu aitiem exempel allen Pfarrern des 
Ertzpistumb n Kirchen sandt Ruprecht zu Saltzpurk 
das sy und all ir mit gesellen in « Nach dem Cha 
rakter der Typen im Einblattdruck gehört das Blatt, wie 
Dr. Schiffmann feststellte, dem Anfänge des 16. Jahrhunderts 
an. Auf der Rückseite steht von gleichzeitiger Hand: »Ungellt 
puech anno des XXXIII. Jar.« Das Blatt hat also für ein Heft, 
das eui Verzeichnis des Ungeldes enthielt, als Umschlag ge 
dient und ist jedenfalls vor dem Jahre 1533 hergestellt. Nach 
Süß: »Beiträge zur Geschichte der Topographie in Salzburg« 
und Zillner: »Salzburger Stadtgeschichte« eröffnet die 
Reihe der Salzburger Buchdrucker im Jahre 1533 Hans Bau- 
marifl aus Rothenburg ob der Tauber. Vorher hatte der 
Buchfiihrer Jakob Wacker Agenden und Meßbücher, die er 
in Nürnberg für den Salzburger Kirchensprengel drucken ließ, 
vertrieben. Auch das vorliegende Blatt dürfte aus Nürnberg 
stammen. Vielleicht stellt es den ältesten Salzburger Druck, 
der bisher bekannt ist, vor. Merkwürdig ist auch der Text 
des Blattes; es scheint sich um eine kirchenbehördliche Ver 
fügung in bezug auf den Protestantismus zu handeln. Mit der 
Niederlegung des alten Rupertus-Miinster in Salzburg, nach 
dem Brande vom Jahre 1598, wird auch der »Marmelstein« 
verschwunden sein, in welchen Erzbischof Matthäus Lang den 
Normaltext der Hauptgebete der katholischen Christenheit hat 
eirimcißeln lassen. — Schon diese zwei Stücke machen die so 
wenig bekannte Studienbibliothek zu einer beachtenswerten 
Sehenswürdigkeit. 
Bilder. 
(Ein unbekanntes Bild Beethovens.) Aus 
Wien wird der »Voss. Ztg.« gemeldet: Ein Zeichner, Anton 
v. Aue, hat im Juli 1824 in Baden bei Wien einige Bilder von 
Beethoven angefertigt, von deren Existenz man wußte, die 
aber als verschollen galten. Nun hat man kürzlich in Baden 
vier Schattenrisse entdeckt, die zweifellos mit den gesuchten 
Bildern identisch sind. Es handelt sich um die Bildnisse von 
Beethoven, seine Freunde Stephan v. B r e n n i n g, dessen 
Frau und dem Wiener Komponisten und Verleger Beethovens 
Tobias Haslinger. Wenn auch speziell die Gesichtszüge 
nicht streng bildnisgetreu festgehalteu sind, so kann man trotz 
dem bei diesem Profilschnitt die charakteristischen Details 
seines Gesichtes deutlich erkennen. Ein Blumenkranz um 
rahmt die Bildchen, die außerdem noch eine handschriftliche 
Widmung Anton v. Aucs an Dr. Braunhofer tragen. Das Blatt 
ist Eigentum des Kamnierphotographen Schiestl in Wien. 
(Eine O e 1 s k i z z e von Vermeer.) Der junge Ber 
liner Kunsthistoriker Dr. Eduard Plietzsch hat unter den 
Handzeichnungen des königl. Kupferstichkabinettes in Berlin 
eine Oelskizze von Vermeer wiederentdeckt, die bisher 
in der sogenannten zweiten Garnitur als Zeichnung eines Un 
bekannten aufbewahrt wurde. Dieser neue glückliche Fund, 
den Plietzsch. in seiner kürzlich erschienenen Vermeer-Mono 
graphie (der ersten Buchpublikation über Vermeer in deut 
scher Sprache) mitteilt, ist insofern von Wichtigkeit, als wir 
von Vermeer, dem zu Unrecht von dem Kunstpublikum so 
wenig gekannten Zeitgenossen Rembrandts, überhaupt nur 
einige dreißig Bilder und keine einzige authentische Zeichnung 
kennen. Die Skizze gibt ein sehr charakteristisches und lebens 
volles Knabenporträt wieder und bereichert unsere Kenntnis 
Vermeers und in Sonderheit seiner Technik nicht unwesentlich. 
(Zur Erhaltung der modernen Bilder.) Ueber 
die Frage der Erhaltung moderner Oclgeniälde sind an der 
Hochschule für die bildenden Künste in Berlin-Charlottenburg 
von Prof. Dr. Ernst Täuber interessante Versuche ausge 
führt worden. Täuber beschäftigte sich besonders mit dem 
Uebereinanderliegen von Farbschichten, die aus zwei oder 
mehreren Einzelfarben zusammengesetzt sind. Er kam zu dem 
einfachen Ergebnis, daß Mischfarben von ähnlicher Zusam 
mensetzung unbedenklich ohne vollständiges Durchtrocknen 
der einzelnen Schichten übereinandergelegt werden können. 
Besonders wertvoll zur Erhaltung der Farben ist nach 
Täubers Feststellungen das B 1 e i w e i ß. Eine Farbe, die wie 
Kobaltblau oder Krapplack, in unvcrmischtern Zustande auf 
unvollständig durchtrocknetem Bleiweiß, fast stets rissig wird, 
verliert diese Neigung in dem Maße, in dem ihr Bleiweiß zu 
gemischt wird. So treten schließlich, wenn Bleiweiß mehr als 
die Hälfte der Mischung ausmacht, Risse überhaupt nicht mehr 
auf. Mischungen von Blciwciß und verschiedenen Farben aus 
mehreren Schichten zeigen nach dreijähriger Beobachtung 
nicht den geringsten Schaden. In den zahlreichen Fällen also, 
wo die Maler mit Mischungen arbeiteten, die Weiß in be 
trächtlicher Menge enthalten, können sie ihre Arbeit beliebig 
unterbrechen und auf gute Erhaltung rechnen. Bei Anwendung
	        
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