Nr. 11
Internationale Sammler-Zeitung.
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demgemäß verschwanden auch die aus türkischen Ortschaften
abgestempelten Postwertzeichen Italiens. Derartige Marken,
die bisher nur einen, Wert von 25 Hellern hatten, sind jetzt
schon auf 4 Kronen das Stück gestiegen und werden noch
weiter steigen, je länger der Krieg dauern wird.
(Die neuen belgischen Marken.) Vor einigen
Tagen sind, wie uns der Verlag des Schaubeck-Albums, C. F.
L ii c k e, Q. m. b. H., in Leipzig, mitteilt, vier Marken der seit
Jahr und Tag von der Sammlerwelt erwarteten neuen Serie
belgischer Postwertzeichen erschienen, und zwar die Werte
zu 1, 5 und 10 Centimes sowie eine seit 1881 nicht mehr ver
ausgabte Wertstufe zu 5 Francs. Die 1 Centime-Marke (Fig. 8)
ist in Zifferzeichnung ausgeführt, die 5 Centimes-Marke (Fig. 9)
stellt den belgischen Wappenlöwen mit erhobener rechter
Pranke dar, während die linke auf das weiße Wertschildchen
gestützt ist. Der 10 Centimes-Wert (Fig. 10) zeigt das Brustbild
König Albsrts. Die neue 5 Francs-Marke, in gleicher Zeich
nung wie die lü Centimes, ist in bedeutend größerem Format
gehalten. Die Farben der Neuheiten sind: 1 Centime orange,
5 Centime grün, 10 Centime rot, 5 Francs rotviolett. Das
Sprichwort: »Was lange dauert, wird gut!« trifft bei den
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Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 10.
neuen Marken leider, nicht zu, denn die Ausführung ist als
wenig geschmackvoll anzusprechen. Die alte Zeichnung der
Wertstufen von 10 Centimes aufwärts, mit dem Kopf des
greisen Königs Leopold, war ohne Zweifel schöner. Auch in
Belgien selbst gefallen die heuen Marken nicht besonders. Fs
heißt bereits, daß die rote 10 Centimes-Marke eingezogen
werden soll, Ja auf derselben König Albert schielt. Betrachtet
man die Marke, besonders größere Bogenteile ungebraucht, so
ist in der Tat eine Verschiedenheit in der zeichnerischen Aus
führung der Augen wahrzunehmen; es erscheint nämlich das
linke Auge etwas größer als das rechte. Sollte sich die Ein
ziehung der 10 Centimes bewahrheiten, so wird dieser Wert
zweifellos von der Sammlerwelt sehr begehrt werden. Wer
also diese Marke in die Hand bekommt, tut gut daran, sie aui-
zuheben.
Museen.
(Neuerwerbungen des Berliner Kupfer-
stich Kabinetts.) Die Sammlungen des Kupferstich
kabinetts der Berliner Königlichen Museen haben wieder eine
ganze Reihe hervorragender Neuerwerbungen zu verzeichnet],
Geschenke und Ankäufe. Unter den Geschenkgebern obenan
steht der König Carol von Rumänien, der von seiner
Sammlung alter Bilder das Reproduktionswerk mit dem von
B a c h e 1 i n 1898 geschaffenen Katalog überwies. Von Werken
alter Meister erhielt das Kabinett einen Holzschnitt der
heiligen Familie von Flans Baidung Grien, dem prächtigen
deutschen Renaissancenleister, und eine 1566 geschaffene Ra
dierung von Pieter B r e u g h e 1, dem großen Epiker des
niederländischen Sittenbildes, die Kaninchenjagd. F. W. Lipp-
m a n n in London, der Sohn des früheren Direktors der
Sammlung, stiftete die von Roeland Savery geschaffene
Ansicht von Prag, eine aquarellierte Federzeichnung. Seinen
Besitz an Werken T i e p o 1 o s, des glänzenden Führers der
venezianischen Kunst im 18. Jahrhundert, vergrößerte das
Kabinett durch die Erwerbung einer Auferstehung Christi, die
mit Sepia gezeichnet und dann laviert ist. Auch moderne
Kunstwerke kamen wieder reichlich als Geschenke in das
Kabinett. Durch Ankäufe vergrößerte das Kabinett diesmal
seinen Besitz an französischer Graphik der führenden Meister
des letzten Jahrhunderts. So wurde die berühmte Serie der
18 Steindrucke von Eugene Delacroix zum »Faust« er
worben, die in ihrer romantischen Eigenart noch Goethes
Interesse erregten, ferner Blätter von I) a u m i e r, von
Mille t die Frau, die einen Eimer ausgießt, von Corot
mehrere seiner Landschaftsradierungen, von Meryon die
Radierung des »Saales der verlorenen Schritte«, von Manet
der Stierkämpfer. Ferner «erwarb Direktor Friedländer
Blätter von Whistler, von Muirhead B o n e, D. Y. C a-
nieron und Seymour Haden.
(Das »Napoleonische Museum« derKaiseriri
Eugeni e.) Die Kaiserin E u g e n 1 e, die Witwe N a p o-
leons III., die dieser Tage das 86. Jahr ihres ereignisreichen
Lebens vollendete, hat kürzlich auf ihrer Besitzung Farri-
b o r o u g h, in der Nähe von London, ein Museum eingerichtet,
um darin alle an die napoleonische Geschichte erinnernden
Gegenstände ihres Besitzes zu vereinigen. Dieses «Napoleonische
Museum« ist in einem besonderen, hinter Bäumen verborgenen
und mit Efeu dicht besponnenen Gebäude neben dem Schlosse
der Kaiserin untergebracht Mattes Licht erfüllt es im Innern,
und wer es betritt, dämpft unwillkürlich den Laut seiner
Schritte, denn er wandert hier zwischen den Denkzeichen der
höchsten menschlichen Erfolge und des tiefsten menschlichen
Unglücks. Der Blick des Eintretenden fällt zunächst auf eine
Wand, an der die durch unzählige Bilder bekannten Uniform-
Stücke des Kaisers Napoleon i. ausgebreitet sind, sein
Waffenrock der Grenadiergarde, sein grauer Mantel, sein
kleiner schwarzer Hut und seine Stiefel. Rechts und links da
von sind die Totenmasken des Kaisers und seines Sohnes, des
Herzogs von, Reichstadt, angebracht. Auch ein Degen
Napoleons I., das Waschbecken, dessen er sich in seinen
Feldzügen bediente, und das Tafelgeschirr, das er täglich in
Gebrauch hatte, sind liier zu sehen. Von der Kaiserin
J o s e f i n e stammen einige Kleider und kostbare, reich»
bestickte Mäntel, wie ihr Gemahl sic ihr als Hoftracht vorge
schrieben hatte. Ein Glasschrank enthält Andenken ähnlicher
Art an das zweite Kaiserreich, die Waffenröcke Napoleons III.,
seinen Generalshut, seine Käppis, seinen Paradesattcl. In der
Mitte dieses Raumes stehen einige kostbare Galakutschen,
deren seidene Kissen bereits verblichen sind und auf ihre Art
an die Vergänglichkeit des Irdischen mahnen. An die zahl
reichen Attentate, denen Napoleon III. ausgesetzt war, er
innern ein Dolch und die Pistole, aus der P i c r i auf ihn
schoß. Einige Schritte weiter und man steht an dein Eingang
einer Kapelle, die dem Gedächtnis des Prinzen Louis ge
widmet ist. »Mein Kleiner« oder »Mein Junge«, so nennt die
Kaiserin Eugenie noch jetzt ihren einzigen, ihr vor mehr als
30 Jahren so grausam entrissenen Sohn. Das kurze Leben des
jungen Prinzen zieht au dem Beschauer der Kapelle vorüber.
Da ist die Wiege, die ihn nach seiner Geburt aufnahm, da sind
seine ersten Kleidchen, Strümpfe und Schuhe, da ist ein
schottischer Anzug, den ihm vielleicht die Königin Viktoria
von fingland schenkte, und da ist die Unterleutnants-Uniform,
in der er 1870 an der Seite seines Vaters in den Krieg, der
diesen um die Krone bringen sollte, ~auszog. Es folgen, aus
der Zeit der Verbannung, die Uniformen der englischen
Artillerieschule in Woolwich, und daß der Prinz jederzeit ge
wärtig war, einem Ruf auf Frankreichs Thron zu folgen, be
weisen zwei französische Offizier-Dolmans, die, niemals ge
tragen, noch so neu sind wie am ersten Tag. Ein hoher