Fig. 3. Bronzestatuette der Ptolemäerzeit.
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zu jener in der Wallace-Kollektion, 70.000 Kronen. Hier waren
auch ein Louis VI.-»Regulator« aus der Sammlung des öster
reichischen Grafen Paar zu sehen, eine Sevresbirste Louis XV.,
von Dodin geschmückt, prachtvolle Chandeliers und ein hoher
sechsfliigeliger Wandschirm vor der offenen Tür mit herrlichen
Lederfüllungen. An der einen Breitseite aber stand ein hoher
Glaskasten, der von innen beleuchtet werden konnte, der in
verschiedenen Stellagen Tabakdosen (70.000 Kronen das Stück),
Miniaturen, Schatullen, die wundervollsten Kristallbecher,
Goldschmiedearbeiten und dann, als ganz unikes Stück, eine
Schale von Benvenuto Cellini enthielt. Sie war aus Kristall,
hatte eine graziöse Sclnvanenform und lief nach einem langen
Hals in einen kleinen Frauenkopf aus. Dieser Hals und Kopf
waren in höchst kunstvoller Weise mit bunten Edelsteinen
geschmückt. Ich fragte Mr. Wertheimer, was der Marktwert
dieses Stückes sei. Er lächelte ein wenig spöttisch und er
widerte, er wisse es nicht; es habe keinen Marktwert. — Er
hat die Cellini-Schale noch kurz vor seinem Tode an Mr. Alt
mann nach Newyork verkauft, wenn ich nicht irre, um eine
Million Kronen.
Fig. 4. Alexandrinische Bronzestatuette eines Athleten.
Während Charles Wertheimer aus seinem Leben erzählte,
brachte der Butler in einer großen, viereckigen Kristallflasche
goldgelben Whisky. Das war die night cap, der Nachttrunk
•md das Zeichen, daß es Zeit sei, bald zu Bette zu gehen. Vor
her wurde noch der Stallmeister gemeldet. Der trat herein,
Das Meublement dieses Salons, in dem das Porträt hing
— mit den Beauvais-Gobelins — hatte 770.000 Kronen ge
kostet, die Ebenholzkommode Louis XVI., an die ich mich
lehnte, repräsentierte einen Wert von 30.000 Kronen, und die
Louis XIV.-Bronzeuhr mit einer Venusfigur darauf, ein Pendant
Dieser Salon war es, aus dem vor einer Reihe von Jahren
zwei wertvolle Bilder gestohlen wurden. Der Diebstahl hatte
damals in der ganzen Welt ziemlich Sensation hervorgerufen,
insbesondere, weil der Dieb niemals erwischt wurde. Aber
Mr. Wertheimer, der immer erklärte, seit jener schrecklichen
Nacht ein alter Mann geworden zu sein, glaubte zu wissen,
wer seine Bilder gestohlen hatte, und er wußte auch, daß sie
noch heute irgendwo in London verborgen seien. Es steckt
eine ganze Kolportagegeschichte dahinter mit nächtlichen
Ueberraschungen, Nachschlüsseln und Erklettern von Blitz
ableitern, mit Hehlerspelunken im Fremdenbezirk Soho, einer
Flucht nach Amerika, mit Scotland Yard-Praktiken, Be
stechungen, Erpressungen und Detektivejagden. Wenn man
solche Geschehnisse aus dem Munde unmittelbar Beteiligter
hört, dann beginnt man ein bißchen zu verstehen, warum die
enorme Anzahl von Hintertreppenromanen von den Massen
hier so selbstverständlich als geistige Alltagskost und als
realistische Wiedergabe des Lebens hingenommen wird.