Seite 202 Internationale
haft zu interessieren, so daß seine Vorlesungen in eine glän
zende Ovation zu Ehren des Redners und seines Themas aus
liefen?«
Von Justinus Kerner findet sieh ein eigenhändiges
Kollegheft mit Namen, »Herrn Professor Kielmeyers Vor
lesungen über die Botanik im Frühling 1805«. Handschriften
Kerners aus so früher Zeit sind sehr selten. Der Duktus der
Schrift ist sehr sorgfältig und nur an wenigen Stellen läßt
flüchtigere Schreibart die spätere, so schwer leserliche Hand
schrift durchblicken.
In die Pariser Kampfzeit H e in es . versetzen uns die
Briefe des Dichters an den Elsässer Schriftsteller Alexander
Weil. Eines dieser Schreiben nimmt Bezug auf einen Artikel
in der »Mainzer Zeitung«, in der behauptet wurde, Heine hätte
auf offener Straße von Salomon Strauß, dem Gatten der
Madame Wohl-Strauß, Ohrfeigen bekommen . . .« Was
Sie mir,« heißt es da, »von Moss'eii Strauß sagen, diesem
miserablen Lügner, so ist von diesem Pack alles zu erwarten
- - ich hoffe, Sie werden hinlänglich widersprochen haben. Wer
aber den feigen Aussagen eines solchen Lumpen mehr Glauben
schenken will als den Worten eines Heinrich Heine, der wenig
stens nicht als Lügner in der Welt bekannt ist und genug
Proben des persönlichen Mutes gegeben, solchen Leuten muß
man nur mit Achselzucken antworten . . .«
Den Ausstreuungen, daß er wahnsinnig geworden sei,
tritt Heine in einem anderen Briefe entgegen, in dem es heißt:
»Liebster Weil! Ich danke Ihnen für die Mitteilung in Betreu'
meines Wahnsinns; es fehlt nur noch, daß wieder drey deut
sche Biedermänner auftreten, welche die Wahrhe : t mit ihrem
Ehrenworte bezeugen! — Eine direkte Erklärung konnte ich
nicht machen, ohne einem Ridicul heimzufallen. Aber ich schrieb
auf der Stelle nach Augsburg ... Ich glaube, die Art und
Weise, wie ich das Dementi gebe, ist interessant genug. Es
ist in der That die brillianteste Verleumdung, welche die
Blätter Deutschlands, denen ich schon so viel verdanke, auf
genommen haben . . .«
Ein interessantes Zeitdokument stellt eine Bittschrift
Johann Gottfrieds Gruber, des bekannten Jugendschrift
stellers an den König Friedrich Wilhelm III. dar.
Gruber fleht in rührendem Ton den König an, ihm seinen Sohn
freizugeben, der in die Gewalt der preußischen Werber ge
raten und in Breslau gezwungen ist, in das Regiment des
Fürsten v. Hohenlohe-Ingelfingen einzutreten. Er schildert mit
beredten Worten den qualvollen Zustand seiner Frau, seitdem
der Sohn ihr geraubt ist: »In ihren Kindern und für ihre
Kinder lebte von jeher mein nun beweineuswerthes Weib. Sie
waren ihr Stolz, ihre Freude, ihre Hoffnung und ihr Trost.
Wehe ihr der Unglücklichen! Kinderlos steht sie jetzt da, und
trostlos starrt ihr Blut gen Himmel. Den einen ihrer Söhne
deckt das Grab, den Zweiten, den noch Einzigen, — ach, auch
ihn soll sie nicht wieder in die mütterlichen. Arme schließen.
Schrecklich ist ihr Schicksal, wie eine Leiche wandelt sie um
her, ihr Auge hat keine Träne, ihr Schmerz keine Worte. Mein
Haus, sonst der Sitz der stillen häuslichen Freude, ist jetzt
ein Ort des Jammers. Meines Weibes Herz ist gebrochen,
meines Geistes Flügel sind gelähmt. Gott weiß es, daß mein
Herz stets genügsam war, ich begehrte wenig, ich wünschte
wenig, — aber nun bin ich ein sehr unglücklicher Mann . . .«
Der ergreifende Brief schließt mit dem Ausdrucke des uner
schütterlichen Vertrauens auf die Gnade des Königs.
ammler-Zeitung. Nr. 13
Von Anzengruber weist der Katalog eine inter
essante ästhetische Abhandlung, von Robert Blum eine
Epistel an Winkler, von Herder einen literarischen Brief
von Gerhard Hauptmann ein Glückwunschschreiben auf,
Castelli verbreitet sich in einem Briefe in sehr inter
essanter Weise über Wiener Theaterangelegenheiten. »Der
Kaiser,« schreibt er, »hat bisher dem Pächter die ungeheuere
Summe von 140.000 Gulden cour. Münze jährlich darauf be
zahlt. Kommenden November aber ist der Pacht zu Ende und
die Majestät will künftig nichts mehr darauf zahlen.« Ein
äußerst interessantes Urteil über Gutzkow fällt der Dich
ter des »Narciß«, Brachvogel, in einem Briefe, der das
Datum des 22. Jänner 1865 trägt: ». . . . Zugleich muß ich
Ihnen sagen, wie sehr mich Gutzkows Schicksal alteriert hat.
Dies also ist das Ende der großen Weimarer Schillerstiftungs-
tragödie. Der Schurke siegt und — doch alles findet einmal
im Leben seinen Lohn. Obwohl ich Gutzkows Charakter nie
eigentlich lieben konnte, ja mir seine Handlungsweise in der
letzten Zeiten vollständig rätselhaft ist, so bedaure ich doch
aus tiefem Grunde das Geschick eines Mannes, dem die
moderne Literatur so viel schuldig ist.«
Der Seltenheit wegen sei auch ein Brief Kaspar Lohen
steins, Empfehlungsschreiben arr den Leipziger Professor
Dr. Beckmann fiir einen jungen Herrn von Freitag, erwähnt.
Ganz erstaunlich ist, wie groß der Bestand des Anti
quariats Licprnannssohn an Autographen der großen Wei
maraner Zeit ist. Vom Altmeister selbst ist eine Reihe von
Briefen vorhanden, darunter ein ungedruckter an J. W.
Döbereiner, den Erfinder des bekannten Feuerzeuges:
». . . . da Ihr so glücklich erfundenes Feuerzeug mir täglich
zur Hand steht und mir der entdeckte wichtige Versuch von
so tatkräftiger Verbindung zweyer Elemente, des schwersten
und des leichtestem, immerfort auf eine wundersame Weise
nützlich wird« . . . »Bleiben Sie überzeugt, daß d’le
rühmliche Anerkennung eines vorzüglichen Mannes, der sich
unwandelbar an die Geschäfte hält, denen auch ich seit vielen
Jahren ergeben bin, mir nicht weniger tednehmende Freude
gewährt.«
Die Familienliebe Schillers dokumentiert ein reizen
der Brief an Körner. Jedes Vaterherz fühlt dem Dichter
nach, wenn er schreibt: »Mein Klemer hat beim Eintritt des
Fiebers viel ausgestanden, weil gerade ein Zahn herausgekom
men ist; er hat starke Krämpfe, die uns sehr erschreckter.
Jetzt ist er aber, seitdem die Blattern heraus sind, wieder
besser und onngeachtet er sehr viel Blattern, hat, ohne alle
Übeln Zufälle.»
Von den Angehörigen der beiden Dichterfürsten fehlt in
der Sammlung ebensowenig einer, wie man ifgendwen aus
ihrem Freundeskreise vermissen wird.
Durch ihre besten Namen sind auch die Literaturen der
fremden Völker repräsentiert wir nennen Andersen, Augier,
Beranger, Brillant Savarin Coppe, Viktor Cousin, Metastasio,
John Stuart Mill, Mirabeau, Mistral, Renan, Scribe, Herbert
Spencer, Sully Prudhomme, Taine, Tissot, Turgenjew, Jules
Verne, Voltaire, ohne mit dieser Aufzählung irn geringsten
den reichen Inhalt der Sammlung erschöpfen zu wollen, die
durch umfangreiche Abteilungen von Autographen von Bild
hauern, Schauspielern und — last not least — Naturforschern
ergänzt wird.