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Internationale Sammler- Zeitung.
Nr. 13
worben werden konnte. Es ist ein vorzügliches Beispiel
der künstlerisch außerordentlich hochstehenden I'iroler
Malerschule vom Ende des XV. Jahrhunderts, die in der
kaiserlichen Galerie bisher noch nicht vertreten war; die
glänzenden und freundlichen Farben sind von einer
wunderbaren Frische der Erhaltung, die Zeichnung zeigt
einen edlen, gemäßigten Stil (Fig. 13).
Aus dem XVII. Jahrhundert stammen eine vorzüg
liche, fein gestimmte Winterlandschaft von Salomon
Ruisdael (Fig. 14) aus dessen frühester Zeit (1627),
Fig. 10. Leopold 1. Medaille der Stadt Augsburg. (Avers.)
eine wirkungsvolle Abendlandschaft von Lucas van
U d e n mit Figürchen von David Teniers dem Jüngeren,
und endlich eine durch Breite der Ausführung und
kräftige Färbung hervorragende Skizze von dem für die
Entwicklung der österreichischen Barcckmalerei maß
gebenden Neapolitaner Luca Giordano (Fig. 15). Das
XVIII. Jahrhundert ist durch eine sehr interessante
Skizze von Daniel Gran zu einem Fresko im Landhause
zu Brünn, durch ein der österreichischen Schule ange
hörendes reizvolles Bildnis der Herzogin von Angou-
Ierne, der Tochter Marie Antoinettes, und durch ein in
der Wirkung außerordentlich vornehmes Bildnis eines i
jungen Mannes von Heinrich F ü g c r (Porträt des Herrn *
v. Tschoffen) vertreten. Der Alt-Wiener Schule des
XIX. Jahrhunderts gehören von den seltenen Porträten
August v. Hettenkofens ein ungarischer Adeliger
in ganzer Figur und ein gutes männliches Porträt von
Josef Bor sos an. Als Widmungen der Baronin
Marianne Eschenburg, der Gräfin Hedwig P ö 11 i n g
in Prag, des Fräuleins Marie Schwager, des kaiser
lichen Rates Wilhelm v. B o s c h a n, des Dr. Georg
Hahn in Berlin und anderer gelangten an die Samm
lung Gemälde von Gräfin Adriennc P ö 11 i n g und von
Friedrich K 1 e i n - C h e v a 1 i e r in Düsseldorf, Kartons
von Karl v. Bl aas, Miniaturen von R. Schwager
und J. Lanzedelly, endlich ein Aquarell von Max
Suppantschitsch mit der Darstellung der Aus
sichten von einem Fenster des Hofmuseums.
Die prähistorische Sammln n g des Natur
historischen Hofmuseums erhielt im Jahre 1911 in 33
Posten eine Reihe von verschiedenen wichtigen prä
historischen Funden, unter denen neben der ältesten und
der jüngeren Steinzeit die Metallperioden der vorchrist
lichen Jahrtausende sehr gut vertreten sind, und die
durch fortgesetzte Ausgrabungen in zwei Höhlen bei S t.
Kanzian im Triestiner Karst gewonnenen zahlreichen
bronzenen Waffenstücke und Sehmuckgegeustände, die
allem Anscheine nach von großen Opferhandlungen aus
dem Anfänge des ersten Jahrtausends vor Christi her
rühren. Den Hauptbeitrag zu den Kosten dieser Aus
grabungen spendete der Gutsbesitzer Herr Artur
P e r g e r.
Unter den Erwerbungen der anthropologisch
ethnographischen Abteilung des Natur-
histcrischen Hofmuseums im Jahre 1911 ist vom kunst
gewerblichen Standpunkte aus nur ein Stück hervorzu
heben. Es ist eine kleine mongolische Votivstupa aus
vergoldetem Gelbmetall von 21-5 Zentimeter Höhe, bis
auf die aufgesetzte Spitze aus einem Stücke gegossen.
Der untere Teil zeigt Blumendekor in Flachrelief, darüber
ein Streifen mit erhabenen Schriftzeichen, weiter nach
oben das Lotosblütenornament in dreimaliger Wieder
holung in den zwei bekannten Stellungen. Der darauf
folgende Teil ist halbkugclförmig, an seinem Grunde
sind nach den vier Richtungen kleine sitzende Buddha
figuren mit der entsprechenden Umrahmung vorhanden,
mit den vier verschiedenen zeremoniellen liand-
haltungen. Der obere Teil zeigt kleine Einsätze aus ver
schiedenfarbigem Glasschmelz. Auf dem Grunde ist die
innere Höhlung durch eine verzierte Kupferplatte abge
schlossen. Das Innere birgt eine Anzahl kleiner Votiv-
Tigiirchcn und andere plastische Stücke aus Asche.
Die Kupferstichsammlung der Hof
bibliothek verzeichnet im Inventar von 1911 einen
Zuwachs von 740 Nummern mit 1260 Stücken (Einzel
blättern, Bänden, beziehungsweise Mappen). Der Be
stand an älterer Graphik konnte durch einige wichtige
Blätter vermehrt werden, namentlich das Holzschnitt-
werk Albrecht Dürers wurde durch den Ankauf des
seltenen Blattes B. 98, die Jungfrau auf der Rasenbank,
dann einiger vorzüglicher Probedrucke der großen Holz
schnittpassion 13. 9 und 11, der Apokalypse B. 74 und des
Marienlebens B. 81 ergänzt, ebenso das Holzschnittwerk
Lukas van Leydens durch Erwerbung einiger kost
barer Blätter von guter Qualität. Die Oeuvres der
deutschen Kleinmeister, von Hendrik G o 11 z i li s und
Jan van Goyen, ja selbst das Werk Marc Antons
konnten durch charakteristische Stücke komplettiert
werden.