Nr. 14
Internationale Sammler-Zeitung.,
Seite 213
Wappenscheiben (eine runde und eine rechteckige), die
uns der regierende Fürst Liechtenstein geschenkt
hat. Die eine von Holbeinschem Gepräge der Rahmen
komposition ist datiert 1574. Die relative Häufigkeit
dieser schönen bunten Wappenscheiben geht auf eine
hübsche Sitte zurück, die uns Montaigne im Tage
buch seiner Reise durch Deutschland (vom Ausgang des
16. Jahrhunderts) erzählt. Er berichtet, in den größeren
Herbergen der reichen süddeutschen Städte überall
solche Wappenscheiben vorgefunden zu haben, die von
reisenden Edelleuten als Andenken an ihren Aufenthalt
in der Herberge gestiftet worden waren. Fürwahr, eine
prunkvollere und kostspieligere Art der Verewigung als
unsere schlichte Eintragung ins Fremdenbuch; erklärlich
nur aus der verhältnismäßigen Seltenheit und Bedeu
tung des Reisens jener Zeit.
Im Uebergang zu den Kleinplastiken sei des in der
Form eines Altarbildes aufgebauten polychromen Stuck
reliefs aus der Werkstatt des Luca della Robbia ge
dacht, das uns ebenfalls die Freigebigkeit des Fürsten
Liechtenstein beschert hat. Mit diesem Stück ist
Fig. 4. Schneider-Spottschüssel.
wieder ein sehr charakteristisches Denkmal der italieni
schen Renaissance in unser Museum gezogen. Das von
einem vergoldeten und bemalten und reich geschnitzten
Holzrahmen umrahmte Relief zeigt die Halbfigur der
hinter einer Brüstung stehenden, in ein rotes Gewand
mit blauem Mantel gekleideten Madonna, die den
nackten, auf der Brüstung vor ihr herlaufenden und seine
Händchen an ihre Brust legenden Bambino hält und
stützt. In der stilistischen Behandlung ist unsere Arbeit,
die sich ihrem ganzen Charakter nach zwanglos in die
Reihe der Stückarbeiten der Robbia-Schule einfügt,
stilistisch eng verwandt mit dem runden, gleichfalls die
Madonna mit dem Kinde darstellenden Stuckrelief des
Ashmolean-Museums in Oxford. Gleichfalls der italieni
schen Renaissance gehört der reichgeschnitzte schöne
Rahmen in Schwarz und Gold (mit irrelevantem Bilde
in venezianischem Charakter) an (Fig. 5), auch eine
Spende des Fürsten.
An derselben Stelle, wo im Oktober des Jahres 1904
eine ausgezeichnete römische Herakles-Statuette aus
Bronze gefunden wurde (veröffentlicht vom Schreiber
dieser Zeilen in den Mitteilungen der Zentralkommission
1905, Seite 161 bis 164, mit drei Abbildungen), auf der
Höftberger-Leiten bei Watzing (in der Nähe von
Gaspoltshofen), trat aus einer schotterreichen Mulde
neuerdings ein hervorragendes römisches Fundstück zu
tage, eine i'0 J .4 Zentimeter hohe Bronzestatuette der
Venus, die bis auf den fehlenden linken Fuß gut erhalten
ist. Die Göttin ist nackt dargestellt, mit linkem Stand-
und rechtem Spielbein, und hält die linke Hand schützend
vor den Schoß, während die rechte vorgestrecktc Hand
eine jetzt fehlende Muschel gehalten hat. Die Gestalt
hat sehr schlanke Proportionen, die hochsitzenden
Brüste sind auffallend klein. Das leicht nach links ge
neigte Haupt ist von reichem Haarschmuck bekrönt und
mit einem Diadem verziert; über beide Schultern fallen
je zwei lange zopfartige Locken auf die Brust herab. Die
Komposition der Figur ist von großer Anmut und die
künstlerische Arbeit im einzelnen steht auf derselben
Fig. 5. Rahmen. Italien. Renaissance.
Höhe wie bei der Herakles-Statuette, die über den
Durchschnitt römischer Provinz-Bronzen emporragt.
Es steht nun außer Zweifel, daß an dem Platze, wo die
beiden Statuetten gefunden wurden, eine römische An
siedlung bestanden hat; die Herakles- und die Venus-
Statuette gehörten offenbar zu dem Lararium (Haus-
altärchen) in diesem römischen Haus. Die Direktion des
Museums hat mit dem Besitzer des Terrains Verein
barungen getroffen, die dem Museum das Vorkaufsrecht
auch für die übrigen an dieser Stelle etwa noch zum
Vorschein kommenden Funde sichern. Die Mittel zum
Ankauf der schönen Venus-Statuette (zusammen mit
dem Herakles und der Linzer Marmorvase das wert
vollste oberösterreichisch-römische Fundstück in den
Sammlungen des Museums) wurden der Museumsdirek
tion von einem nicht genannt sein wollenden Spender
übergeben.
Eine rassige Rokokoschnitzerei ist das liebliche
schlafende Kind aus Elfenbein mit Nußauflagen zur Dar-