MAK
Seite 214 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 14 
Stellung der Decken und Polster. Die Erwerbung dieser 
liebenswürdigen Kleinplastik, die in ihrer Art so gut ist 
wie eine ganz frühe Meißener Figur, wurde ermöglicht 
durch die Güte des Herrn Hermann Hofmann. Der 
Munifizenz der Stadtgemeinde Urfahr verdanken wir 
eine ganz ausgezeichnete polychrome Wachsfigur, die 
offenbar sprechend ähnliche Porträtbüstc eines Herrn 
der Biedermeierzeit. (Interessant sind auch die 
wächsernen Erinnerungspokale aus Wallfahrtsorten und 
das große Votiv-Wickclkind aus Wachs.) Auch des her 
vorragenden, edel komponierten schmiedeeisernen Tür 
klopfers mit der Bronzefigur eines Heiligen (16. Jahr 
hundert. angekauft aus einer Spende des Herrn Josef 
Hustcr) sei an dieser Stelle auszeichnend gedacht. 
Unter den neuerworbenen Bildern seien in erster 
Linie zwei für Linz wichtige, reizende Handzeichnungen 
von Greil (erworben aus der Greil-Ausstellung) zu er 
wähnen, deren eine den alten Devotionalienhandel an 
der Aufgangstreppe zur Wallfahrtskirche auf dem Pöst- 
lingberg schildert, während die andere die Fahrt einer 
bis ins 16. Jahrhundert zurück; unser Exemplar ist über 
hundert Jahre alt. 
In der jüngsten Zeit wurde vom Museum ein 
originelles Justizaltertum erworben, das im ganzen 
Lande Oberösterreich und darüber hinaus populär ist: 
die gewaltige »W i e g e der Alten« in Marchtrenk, 
welche der Richter Johann Kotzing er im Jahre 1702 
anfertigen ließ, um zänkische Eheleute darin festzu 
schnallen und zur Strafe so der öffentlichen Schau 
preiszugeben (vergleiche die verwandten Justizinstru 
mente des Prangers, der Schandgeige u. s. w.) Die 
Wiege (Fig. 6) zeigt barocke Formen und stellt 
sich als ein festgefügtes, mit eisernen Bändern be 
schlagenes Möbel dar, das seinen praktischen Zweck 
durch die köstlichen Malereien und Versinschriften an 
den beiden Längsseiten kundgibt. Auf der einen Seite 
ist der als Wickelkind eingefatschte bärtige Mann, aut 
der anderen die ebenso behandelte Frau dargestellt; zu 
ihren Füßen eine kleine Breipfanne mit einem Bein 
löffel. Die alten Gesichter der beiden kontrastieren aufs 
»Fließstein« auf der Donau oberhalb Linz darstellt. Eine 
sehr vornehme Pastellmalerei englischer Provenienz 
vom Anfang des 19. Jahrhunderts ist das Porträt des 
Kabinettskuriers Josef Kraus, das aus dem Nach 
lasse des Feldmarschalleutnants Alois Kraus ans 
Museum kam. 
Bei den neuerworbenen Kostümen und Textilien 
herrscht naturgemäß das Empire und die Biedermeier 
zeit vor. Besondere Erwähnung verdienen die von Frau 
Dr. Weibel dem Museum übergebenen Kostümstücke 
und ein aus dem Nachlasse der Frau Luise v. D r o u o t 
stammendes Empire-Stickmusterbuch von auffallender 
Schönheit und Frische (Verfertigerin Josefine Feichtinger, 
1813). Unter den kulturgeschichtlichen Kuriosa muß vor 
allem auf eine große Seltenheit hingewiesen werden, in 
deren Besitz unser Institut durch Frau Professorswitwe 
Hamberger gelangt ist. Es ist dies ein sogenanntes 
»Weiset«, das ist die Miniaturnachbildung eines Hoch 
zeitsgeschenkes in farbigem W'achs; ein mit Silber- und 
Golddraht umflochtenes, mit verblaßten Rosa-Seiden 
schleifen kokett verziertes Körbchen, das in kleinen 
wächsernen Nachbildungen alle die Dinge enthält, die 
für ein junges Ehepaar wünschenswert erscheinen: 
Schmalztopf und Salzstock, Weinflasche und Blumen 
topf, Gebäck in allen möglichen Formen, die Bruthenne 
mit Eiern und ausgebrüteten Küchlein und last not least 
ein zierliches Wickelkind. Die Sitte des »Weiset« geht 
drolligste mit der Wickelkindvermummung. Oberhalb der 
Malereien sind je vier eiserne Ringe zum Festschnallen 
der Riemen und lustige Verse angebracht. Bei dem 
Mann: 
»Ach, wie gedts mir armen Mann, 
Dissen spodt ich nit genug betauren kahn. 
Daß ich Hier Lig gewindtlett ein, 
Will doch darbey gedultig Sein.« 
Bei der Frau: 
»Seht ihr weiber and khornbt Herbey, 
Wass Disses fir ein spodt uns Sei, 
Dass ich Da Lig gefatschet ein, 
Das khoch wirdt Mein erlambniss (Erlabnis = Labung) sein.« 
Erwähnt sei noch, daß Karl Ad. Kaltenbrunner 
die Erinnerungen, die sich an diese Wiege knüpfen, in 
einer Ballade, »Die Wiege der Alten«, verarbeitet hat. 
die aus dem Jahre 1829 stammt und 1835 in den »Vater 
ländischen Dichtungen« (Linz, Eurich) zum erstenmal 
erschien. Die Erwerbung dieses hervorragenden ober 
österreichischen Justizaltertums (das bis jetzt seinen 
ursprünglichen Standort, das ehemalige Richter-Gast 
haus in Marchtrenk, nicht verlassen hatte) durch das 
Landcsmuscum darf mit um so größerer Genugtuung 
begrüßt werden, als die Gefahr drohte, daß das schöne 
und allbekannte Stück außer Landes wandere.
	        
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