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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 14
Stellung der Decken und Polster. Die Erwerbung dieser
liebenswürdigen Kleinplastik, die in ihrer Art so gut ist
wie eine ganz frühe Meißener Figur, wurde ermöglicht
durch die Güte des Herrn Hermann Hofmann. Der
Munifizenz der Stadtgemeinde Urfahr verdanken wir
eine ganz ausgezeichnete polychrome Wachsfigur, die
offenbar sprechend ähnliche Porträtbüstc eines Herrn
der Biedermeierzeit. (Interessant sind auch die
wächsernen Erinnerungspokale aus Wallfahrtsorten und
das große Votiv-Wickclkind aus Wachs.) Auch des her
vorragenden, edel komponierten schmiedeeisernen Tür
klopfers mit der Bronzefigur eines Heiligen (16. Jahr
hundert. angekauft aus einer Spende des Herrn Josef
Hustcr) sei an dieser Stelle auszeichnend gedacht.
Unter den neuerworbenen Bildern seien in erster
Linie zwei für Linz wichtige, reizende Handzeichnungen
von Greil (erworben aus der Greil-Ausstellung) zu er
wähnen, deren eine den alten Devotionalienhandel an
der Aufgangstreppe zur Wallfahrtskirche auf dem Pöst-
lingberg schildert, während die andere die Fahrt einer
bis ins 16. Jahrhundert zurück; unser Exemplar ist über
hundert Jahre alt.
In der jüngsten Zeit wurde vom Museum ein
originelles Justizaltertum erworben, das im ganzen
Lande Oberösterreich und darüber hinaus populär ist:
die gewaltige »W i e g e der Alten« in Marchtrenk,
welche der Richter Johann Kotzing er im Jahre 1702
anfertigen ließ, um zänkische Eheleute darin festzu
schnallen und zur Strafe so der öffentlichen Schau
preiszugeben (vergleiche die verwandten Justizinstru
mente des Prangers, der Schandgeige u. s. w.) Die
Wiege (Fig. 6) zeigt barocke Formen und stellt
sich als ein festgefügtes, mit eisernen Bändern be
schlagenes Möbel dar, das seinen praktischen Zweck
durch die köstlichen Malereien und Versinschriften an
den beiden Längsseiten kundgibt. Auf der einen Seite
ist der als Wickelkind eingefatschte bärtige Mann, aut
der anderen die ebenso behandelte Frau dargestellt; zu
ihren Füßen eine kleine Breipfanne mit einem Bein
löffel. Die alten Gesichter der beiden kontrastieren aufs
»Fließstein« auf der Donau oberhalb Linz darstellt. Eine
sehr vornehme Pastellmalerei englischer Provenienz
vom Anfang des 19. Jahrhunderts ist das Porträt des
Kabinettskuriers Josef Kraus, das aus dem Nach
lasse des Feldmarschalleutnants Alois Kraus ans
Museum kam.
Bei den neuerworbenen Kostümen und Textilien
herrscht naturgemäß das Empire und die Biedermeier
zeit vor. Besondere Erwähnung verdienen die von Frau
Dr. Weibel dem Museum übergebenen Kostümstücke
und ein aus dem Nachlasse der Frau Luise v. D r o u o t
stammendes Empire-Stickmusterbuch von auffallender
Schönheit und Frische (Verfertigerin Josefine Feichtinger,
1813). Unter den kulturgeschichtlichen Kuriosa muß vor
allem auf eine große Seltenheit hingewiesen werden, in
deren Besitz unser Institut durch Frau Professorswitwe
Hamberger gelangt ist. Es ist dies ein sogenanntes
»Weiset«, das ist die Miniaturnachbildung eines Hoch
zeitsgeschenkes in farbigem W'achs; ein mit Silber- und
Golddraht umflochtenes, mit verblaßten Rosa-Seiden
schleifen kokett verziertes Körbchen, das in kleinen
wächsernen Nachbildungen alle die Dinge enthält, die
für ein junges Ehepaar wünschenswert erscheinen:
Schmalztopf und Salzstock, Weinflasche und Blumen
topf, Gebäck in allen möglichen Formen, die Bruthenne
mit Eiern und ausgebrüteten Küchlein und last not least
ein zierliches Wickelkind. Die Sitte des »Weiset« geht
drolligste mit der Wickelkindvermummung. Oberhalb der
Malereien sind je vier eiserne Ringe zum Festschnallen
der Riemen und lustige Verse angebracht. Bei dem
Mann:
»Ach, wie gedts mir armen Mann,
Dissen spodt ich nit genug betauren kahn.
Daß ich Hier Lig gewindtlett ein,
Will doch darbey gedultig Sein.«
Bei der Frau:
»Seht ihr weiber and khornbt Herbey,
Wass Disses fir ein spodt uns Sei,
Dass ich Da Lig gefatschet ein,
Das khoch wirdt Mein erlambniss (Erlabnis = Labung) sein.«
Erwähnt sei noch, daß Karl Ad. Kaltenbrunner
die Erinnerungen, die sich an diese Wiege knüpfen, in
einer Ballade, »Die Wiege der Alten«, verarbeitet hat.
die aus dem Jahre 1829 stammt und 1835 in den »Vater
ländischen Dichtungen« (Linz, Eurich) zum erstenmal
erschien. Die Erwerbung dieses hervorragenden ober
österreichischen Justizaltertums (das bis jetzt seinen
ursprünglichen Standort, das ehemalige Richter-Gast
haus in Marchtrenk, nicht verlassen hatte) durch das
Landcsmuscum darf mit um so größerer Genugtuung
begrüßt werden, als die Gefahr drohte, daß das schöne
und allbekannte Stück außer Landes wandere.