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Internationale Sammler-Ze i t u ng. 
Nr. 14 
ist es 7,n finden. Aber die Meniikartensamnilung des Genfer 
Vereines beschränkt sich keineswegs auf die kulinarische Kunst 
an den Herrscherhöfen. 
Wohl geordnet findet man hier eine stattliche Reihe von 
Speisekarten, die für jeden Gourmet Kuriositätswert haben, wie 
etwa das Menü eines großen Banketts, das am 24. Juni 1895 aut 
den Fidschi-Inseln abgehalten wurde; diese Speisekarte ist auf 
Leinen gedruckt, bringt als erstes Gericht »Haifischflossen«, 
dann Vogelnester, Schnecken. Schildkröten und manche andere 
exotische Leckerbissen, die viele europäische. Feinschmecker 
auf den ersten Blick gewiß abschrecken Könnten. 
Interessant ist auch die Tatsache, daß sich in Amerika 
nach den meisten Exemplaren der Sammlung die Mode durch 
gesetzt hat, in der Mitte des Mahles zwischen zwei Fleisch 
speisen Gefrorenes zu servieren. Das Gefrorene spielt überhaupt 
in den Menüs de r neuen Welt eine auffällig bevorzugte Rolle, 
denn bei vielen Banketten findet man, daß zwischen Braten 
und Geflügel als besonderer Gang römischer Punsch serviert wird. 
95 min 
Damen als Briefmarkensammlerinnen. 
Der Briefmarkensammelsport, der in diesen Tagen 
sein fünfzigjähriges Jubiläum, ausgehend vom Erscheinen 
des ersten Briefmarkenkataloges, feiert, ist in neuester 
Zeit mehr und mehr eine Lieblingsbeschäftigung der 
Frauenwelt geworden. Während noch vor wenigen 
Jahren das schöne Geschlecht nur wenige Vertreter in 
den Reihen der Philatelisten hatte, spielen die Damen 
jetzt in den Kreisen der Markensammler eine große 
Rolle; zunächst ist das Sammeln in der vornehmen 
englischen Gesellschaft Mode geworden und seitdem 
auch zu uns auf den Kontinent gekommen, wo es sich 
mehr und mehr ausbreitet. 
Unter den Philatelistinnen befinden sich mehrere ge 
krönte Häupter, so die Königin Mary von England, 
die von ihrem Mann, einem leidenschaftlichen Sammler, 
angesteckt worden ist und nun selbst eine schöne Kollek 
tion besitzt; dann Königin Elena von Italien, die 
kaum mit geringerem Enthusiasmus Marken sammelt als 
ihr Gemahl Münzen. . Die Königin, die im vergangenen 
Jahre das Ehrenpräsidium der internationalen Philate 
listenausstellung in Turin übernommen hatte, hat ver 
schiedene Male von fremden Regierungen, die ihr 
Steckenpferd kannten, kostbare Kollektionen erhalten 
und ist nun stolz auf die vollständigen Serien, die sie von 
den Marken der Vereinigten Staaten, der argentinischen 
Republik und Frankreich besitzt. 
Die Königin Maud von Norwegen huldigt eben- j 
falls dem Briefmarkensammelsport, und das schwedi- j 
sehe Kronprinzenpaar widmet sich gemeinsam 1 
diesem interessanten Vergnügen. Als die Prinzessin 1 
Margaret von Connaught den schwedischen 
Kronprinzen heiratete, ließ sie der französischen Regie 
rung als ihren Herzenswunsch mitteiien, sie möchte ihr 
als Hochzeitsgeschenk eine vollständige Sammlung 
französischer Marken machen, und kaum hat sie sich 
über ein arideres der wertvollen Geschenke so sehr ge 
freut. Einige engliche Datnen besitzen sehr umfangreiche 
und berühmte Sammlungen, die sich den bedeutendsten 
der Männer an die Seite stellen können. 
Eine fast lückenlose Sammlung von Großbritannien 
und den britischen Kolonien besitzt Mrs. Bridson; ihr 
höchster Stolz aber ist ihre herrliche Sammlung portu 
giesischer Marken, für die sie bereits mehrere Ehren 
medaillen bekommen hat. Eine andere große Sammlerin 
ist Mrs. Edith Fi el d, die Mitglied vieler großer Philatc- 
listenvereinigungen ist. In einem Interview hat sie sich 
in trefflicher Weise über die Freuden und Reize ausge 
sprochen, die das Markensammeln gerade für Damen 
aufweist: »Markensammeln eignet sich so gut zu einer 
Beschäftigung für Frauen, weil es feinen Geschmack in 
der Anordnung der Marken, Sauberkeit, Akkuratesse 
und Ordentlichkeit erfordert, alles Eigenschaften, die wir 
Frauen haben. Die Damen wissen besonders die wunder 
vollen Farben der alten Marken zu würdigen; ihre leichte 
Phantasie fliegt mit ihren Lieblingen über Länder und 
Meere und durch die Jahrhunderte der Geschichte. Was 
gibt es Besseres, wenn man traurig ist, als sich in die 
Seiten seines Markenalbums zu vertiefen? Was ver 
treibt einem besser die Stunden, als die Augen über die 
bunten Reihen gleiten zu lassen, die manche Erinnerung 
wecken ?« 
Chronik. 
Bibliophilie. 
(EineMillionfürzweiCorvina-Codices.) Im 
Rahmen einer Soiree des Bischois Wilhelm Fra k n o i hielt 
kürzlich Geheimrat Albert Berzevüczy (Budapest) einen 
Vortrag über zwei Carvina-Codices, die dem Budapester 
Nationalmuseum v.on einem Florentiner Kunsthändler zum Kauf 
angebote'n worden sind. Der Kunsthändler verlangt für die 
beiden Codices rund eine Million, was selbst bei voller Ein 
schätzung ihres hohen kulturhistorischen Wertes ein horrender 
Preis ist. Es ist wohl wahrscheinlich, daß der Kunsthändler 
mit sich reden lassen wird. Da aber das Nationalmuseum selbst 
den stark reduzierten Preis nicht zahlen kann, ist der Gedanke 
aufgetaucht, den Ankauf der Codices im Wege einer gemein 
samen Aktion des Staates und der Gesellschaft zu ermöglichen.- 
(Das erste Wallenstein-Drama.) In der steier 
märkischen Landesbibliothek in Graz hat vor einigen Tagen 
Dr. Franz CI o lisch ein kleines, in graugeädertes Papier ge 
heftetes Buch gefunden, das den Titel trägt: »Nicolai Vernulaei 
Eritlandus. ■ I ragoedia. Lovanii, typis J. Coppenii 1637.« Alle 
gorische Figuren schmücken das Titelblatt, ein sorgfäitg ausge- 
führter Kupferstich, der Wallenstein in seiner Rüstung dar 
stellt, ist beigebunden. Ein Begleitschreiben zu dieser Wallen- 
stern-Tragödie ist an Peter Roose, »Seiner kath. Majestät Kon- 
seilspräsidenten in Hispanien und Belgien«, gerichtet und vom 
15. Jänner 1637 — also kaum drei Jahre nach W'allensteins Er 
mordung — datiert. Dr. Goltsch führt über seinen Fund in der 
>Gr. Tp.« aus, der Verfasser des Trauerspieles sei Nikolaus de 
V e r n u 1 a, Professor der Beredsamkeit an der Universität in 
Löwen. Wallenstein wird da als ehrgeiziger Frevler gezeichnet,
	        
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