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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 15/16
Sammler und Sammlungen auf tabakologischem Gebiete.
Von Dr. Eduard Maria Schranka (Wien).
II.*)
Die freundliche Aufnahme, die mein erster Artikel
über dieses Thema in Nr. 10 der »Internationalen Sammler-
Zeitung« gefunden, sowie die Aufforderung des Heraus
gebers veranlassen mich, das begonnene Thema eingehen
der zu behandeln. Nach mehr als vierzigjährigen Vor
studien zu einem großen Werke über den Tabak, das ich,
so Gott will, meinem bekannten »Buche vom Bier« gerne
an die Seite stellen möchte, habe ich auf diesem inter
essanten Gebiete der Kulturgeschichte so viel Material
gesammelt und zusammengetragen, daß ich bereits im
stande war, die scheinbar sprödesten Themen — ich er
innere nur an meinen Vortrag »Der Tabak und die Re
ligion«, gehalten am 19. April 1910 im Vereine der Kon
zeptsbeamten der k. k. Generaldirektion der Tabakregie
- möglich zu machen und literarisch zu fixieren.
Schon die Tabakpflanze allein bietet dem wissen
schaftlichen Sammler Gelegenheit zu aparten Kollektionen.
Zur Zeit der so unvergeßlich schönen philosophischen Stu
dien, da ich, nachdem ich mich auch auf den anderen !
drei Fakultäten umgesehen, doch wieder zur ersten
Wissensflamme zurückkehrte und immer mit Vorliebe be
sonders Botanik kultivierte, besaß ich im botanischen
Garten der Prager Universität von Smichow meine eigenen
Tabakplantagen. Doch Scherz beiseite: Mit Bewilligung
des mir freundschaftlich wohlwollenden Direktors des
botanischen Gartens, des Staatsrates und Professors der
Botanik, des mir unvergeßlichen lieben Dr. Moritz W i 11-
k o m m, wurde mir ein Beet zu meinen Studien cinge-
räumt. Ich ließ mir aus Erfurt verschiedene Samen kom
men und unter Anleitung des botanisch ebenfalls sehr
geschulten Obergärtners Tatar besaß ich bald eine
Sammlung von 36 Sorten der Nicotianeen.
Ich bedaure heute noch, daß ich mir damals — es
spielt gegen Ende der Siebzigerjahre des vorigen Jahr- i
hunderts kein spezielles Herbarium meiner Nicotianeen-
sammlung angelegt habe.
Später, viel später nun, ich habe mein Lieblings-
thema nie aus den Augen gelassen, erfuhr ich von Doktor
Karl Preißecker, Finanzrat der k. k. Generaldirektion
der Tabakregic, dem Botanologen des Tabakes, daß auch
er mit Bewilligung des Hofrates Dr. Kerner von M a-
rilaun im Jahre 1894 im botanischen Garten der Wiener
Universität ebenfalls zwei große Felder für den Anbau
von 105 verschiedenen Nicotianaarten und Varietäten zur
Verfügung hatte, ferner auch eine andere Auslese mit Be
willigung des Generaldirektors Dr. Kempf Edlen von
Harten ka m p f im dritten Hofe des alten Generaldirek-
tionsgebäudes in den Jahren 1901 bis 1903 züchten durfte.
Das sind lebende tabakologische Sammlungen, wäh
rend in den Herbarien die bleibenden wissenschaftlichen
Dokumente niedergelegt sind. Großartig müssen auch die
Kollektionen an dem tabakologischen Fachinstitut in
Scafati in Italien sein, wo sich besonders O. Com es,
dem wir die »Monographie du genre Nicotiana« ver
danken, verdienstlich gemacht. Auch L. Ang'eloni, der
sich mit der Hybridität (Kreuzung) des Tabakes eingehend
befaßte und neue Varietäten, zum Beispiel die halbtro
pische Type »Italia« schuf, ist hier zu nennen. Endlich ist
auch A. Splendore, der sich bei der Ausstellung in
Mailand mit einem photographischen Album eingestellt,
das Lichtbilder einer großen Anzahl von Tabaksamen
arten und Varietäten enthielt, anzuführen, und der eine
*) Siehe Nr. 10 der »Internationalen Sammler-Zeitung«.
Reproduktion dieses Albums in seiner morphologischen
Studie »Sinoni descrittiva et iconographia dei semi del
genere Nicotiana« im Boll. tecn. della colt. dei tab. Sca
fati V (1906, Nr. 4—5) niederlegte. Eine bloße Ergänzung
der Arbeiten Comes nennt Dr. Preißecker die Abhandlung
Anastarias: »Le varietä tipiche della Nicotiana Ta-
bacurri L.«, in seiner vorzüglichen und übersichtlichen
Systematik der Gattung Nicotiana.
Jeder Sammler, wenn er wissenschaftlicher Sammler
ist, muß Systematiker sein.
So sehen wir, daß der Tabaksammler schon bei der
grünen Staude beginnen muß, und will ich ihr auch in
meinen Versen gerecht werden:
»Wenn ich so die Kinder mir Florens beschau-,
In Wäldern und Feldern, auf Fluren und Au,
Da ist doch nur eine nach meinem Geschmack,
Sie lieb’ ich in Glut, die Jungfer Tabak,
Die Pflanze, aus der mein Vergnügen ich hol’,
Drum wählte der Staat sie auch zum Monopol.
Je mehr ich sie liebe, zu ihr bin entbrannt,
Mit Eifersucht stört mich der Staat, ihr Amant,
Vergällt mir offen, ich sag’s mit Verdruß,
Der heißen Brünette süßfeurigen Kuß.
Es ringen nach ihr Millionen mit mir,
Was Wunder, sie beut ja das höchste Pläsir,
Und ob auch der Fiskus mein Minnen vergällt,
Ich lieb’ sie drum heißer die Braut aller Welt,
Und preise in Versen vernehmlich und laut
Der ganzen Botanik bedeutendstes Kraut!«
Ich habe in meinem Eingangsartikel mit den Abfällen
begonnen und will auch bei diesen nun etw as länger ver
weilen.
Da sind denn in erster Linie die Zigarren
spitzeln das Objekt des Sammelns. Die Klarsche Blin
denanstalt in Prag war eine der ersten, welche diese
Zigarrenabfälle zu wohltätigen Zwecken sammelte, wobei
das Sprüchlein galt:
»Lieber Raucher, sei nett und fein,
Schneide die Spitzen nicht gar zu klein!«
was immer noch bescheidener klingt, als die Antwort
jenes Unteroffiziers, der auf die Frage des Einjährigen,
ob er auch Zigarrenspitzeln sammle, den Wink mit dem
Zaunpfahl gab: »Jawohl, das übrige kann aber auch noch
daran sein!«
Das IVogramm der Bitte der genannten Blinden
anstalt enthielt zwei Gründe für dieselbe: erstens bilde
das Aufwickeln dieser Abschnitte eine nützliche Beschäf
tigung für wiegen geistiger Zurückgebliebenheit zu an
deren Arbeiten nicht verwendbare weibliche Pfleg
linge, und zweitens erhalten die männlichen Pfleglinge
umsonst einen guten Rauchtabak, w'ohl für die Pfeife
ziemlich stark, ob aber besonders vom sanitären Stand
punkte gutzuheißen, mag des unvermeidlichen Klebstoffes
'wegen in Frage stehen. Außerdem versprach die Direk
tion des Klarschen Blindeninstitutes jedem, der eine
größere Partie einsende, ein Dankschreiben in Blinden
schrift. Nach anderen sollen diese Spitzeln auch zur
Fabrikation von Schnupftabak dienen, und wieder nach
anderen feiern sie eine Art Auferstehung, denn sie wer
den w ieder zu Zigarren. Zufällige Untersuchungen neuerer
Zeit haben das zweifelhafte Resultat au frischen Zigarren
ergeben, indem nach Aufschneiden des Deck- und Um-