Seite 238
Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 15/16
Die Hydra aus dem Jahre 1849.
Von Robert Eder (Mödling).
Den Titel, der diesen Zeilen vorgesetzt ist, führt ein
heute sehr seltenes Blatt, das aus dem Jahre 1849 stammt
und mit »Heinrich Mansfeld inv. et sc. den 10. August
1849« gezeichnet 'ist.
Das Erscheinen des Blattes fällt in eine für die Mon
archie kritische Zeit, in Ungarn triumphierte noch die
Revolution, wenn auch Kossuths Stern schon im Er
bleichen war. Einen Tag später (11. August) mußte der
Diktator seiner Macht entsagen und die höchste Zivil
und Militärgewalt an den noch heute in stiller Zurück
gezogenheit in Visegrad lebenden Görgey über
tragen, der allerdings schon nach zwei Tagen kapitu
lierte.
Das hier reproduzierte Blatt (Figur 8) gibt die
Stimmung der patriotisch Gesinnten wieder.
In Wolken schweben die mit Lorbeer- und Eichen-
laubkränzcn umrahmten Porträts der Kaiser Franz
j c s e f und Nikolaus von Rußland, darüber der
Reichsadler, von dessen linkem Fange Blitze auf die
unten befindliche Hydra niederzucken. Die Hydra ist als
ein vierbeiniges, vielköpfiges Ungeheuer dargestellt. Die
Hälse ihrer noch aufrecht stehenden Köpfe zeigen die j
Namen Mannin, Bern, Goldmark, K o s s u t h,
Fiister, Dembinski, Fenneberg, Perczel
und G ö r g e y, die Hälse der drei bereits am Boden
liegenden Köpfe tragen die Namen der in Wien im No
vember 1848 standrechtlich erschossenen Teilnehmer
an der Oktoberbewegung, Jellinek, Becher und
Messenhauser.
Etwas entfernt von ihnen liegt der Kopf Ro- {
bert Blums, des Führers der sächsischen Demo
kraten, der wiegen der Teilnahme an den Oktoberereig
nissen verhaftet und erschossen wurde.
Links von der Hydra steht ein österreichischer
Soldat mit hocherhobenem Säbel in der Rechten und einer
aufgerollten Fahne in der Linken, rechts von ihr ein
russischer Soldat in Kampfesstcllung, mit der Lanze gegen
die Hydra stoßend.
Auf der Fahnenstange des Oesterreichers befindet
sich die Legende »Ein einiges, freies, mächtiges Oester
reich«, und auf der Lanzenstange des Russen »Nieder
mit den Roten!«.
Fig. 8. Die Hydra aus dem Jahre 1849.
Unterhalb des Bildes ist zu lesen:
»Was tausendköpfig sie auch mag ersinnen
Die Hydra, W'as sie ruchslos mag beginnen,
Sie muß zuschanden werden, muß erliegen,
Recht und Gesetz — die werden ewig siegen.«
Im Original ist das Blatt 13 Zentimeter hoch und
10%' Zentimeter breit.
Das Ropswerk von Dr. Ottokar Mascha.
Arpad Weixelgärtner, einer der besten Kenner
der modernen Kunst und Kunstliteratur, hat jenen Typus
des Kunstsammlers als besonders sympathisch und der
höchsten Achtung wert erklärt, w r elchcr sich auf ein ver
hältnismäßig kleines und gleichartiges Gebiet beschränkt,
dieses während seiner Sammeltätigkeit immer gründlicher
kennen lernt, schließlich, von Stücken der eigenen Samm
lung angeregt und ausgehend, selbständig weiter zu durch
forschen beginnt und so der kritischen Tätigkeit der
Kunstgeschichte die wertvollsten Dienste leistet. Auf dem
Gebiete der graphischen Künste ist Wien so glücklich,
dermalen nicht weniger als drei Sammler vom geschil
derten Schlage sein eigen zu nennen: Dr. Julius Hof
mann, den Verfasser des Kataloges von Goyas Graphi
schem Werk. Josef W ü nsch, den Verfasser der Mono
graphie über Blasius Höfel, und Dr. Ottokar Mascha,
dessen reizend ausgestattetes Buch »Fehden Rops und
sein Werk« (Verlag von Albert Langen in München)
gegenwärtig den vollständigsten und verläßlichsten Ka
talog der Werke dieses einzigartigen genialen Künstlers
darstellt.
In 1038 Nummern beschreibt das Werk alle bisher
bekannt gewordenen Blätter des im Jahre 1898 zu Esson-
nes bei Corbeil verstorbenen Künstlers. Das Buch hat ge
rade zur rechten Zeit eine fühlbare Lücke in der heutigen
Kunstwissenschaft ausgefüllt. Denn der Kunsthandel ist
seit Jahren von so unendlich vielen Fälschungen und
Nachdrucken, und zwar gerade nach den wertvollsten
Radierungen, überschwemmt worden, daß ein sicherer
Führer darüber, was echt und was unecht ist, wirklich
schon nottat. Außer dieser kritischen und streng wissen
schaftlichen Beschreibung des gesamten Ropsschen