Nr. 15/16
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 241
Schleier, vom Rücken fließt ein breiter roter Mantel herab,
der aber nach vorne offen ist. Retorten, Mörser, Toten
köpfe, eine schwarze Katze und anderes kennzeichnen
den Schauplatz der Handlung.
Als dritte Abbildung (Fig. II) entnehmen wir dem
Werke des Dr. Mascha eine Tafel der wichtigsten S a m-
mclmarken, welche sich auf echten Blättern Rops'
vorfinden und davon Zeugnis ablegen, daß sie aus zweifel
los echten Sammlungen und von Persönlichkeiten her-
rühren, die zum großen Teile diese Blätter von Rops selbst
erhalten haben.
Es ist ein Verdienst des Pr. OPokar Mascha, in
dieser Monographie derartig orientierende Sammelmarken
zum erstenmal reproduziert zu haben. Das für Kupfer
stichsammlerunendlich w ichtige, nur in englischer Sprache
erschienene Werk von F a g a n, das Reproduktionen von
ähnlichen Sammlerzeichen der Kupferstecher der letzten
zwei Jahrhunderte enthält, ist bekanntlich vollständig
vergriffen und wird im Buchhandel, wenn es zufällig ein
mal auftaucht, mit 200 und mehr Mark bezahlt. Es ist zu
bedauern, daß auf diesen wichtigen Fingerzeig in den so
zahlreichen Monographien der Kupferstichkunde im allge
meinen so wenig Wert gelegt wird.
Dr. Ottokar Mascha besitzt notorisch die g r ö ß t e
Rops-Sammlung der W e 11. Er konnte bei seiner
Arbeit aus eigenem Besitze schöpfen und so ein Werk zu ■
stände bringen, das eine ungemein wertvolle Bereiche
rung der Kunstiiteratur bedeutet.
Rudolfinische Kunst in Prag.
Von August Strobel (Prag!.
Am 20. Jänner 1912 waren es gerade 300 Jahre, seit
einer der größten Kunstmäzene auf Kaiserthronen,
Rudolf II., römischer Kaiser und König von Böhmen
und Ungarn, dahingeschieden ist. Man weiß, welche
Epoche bedeutsamsten Aufblühens für alle Künste und
Wissenschaften sich in Prag, wo der Herrscher Hof hielt,
an Rudolfs Namen unvergänglich knüpft. Der Kaiser, der
auf seiner Hradschiner Burg später das Leben eines ein
samen und menschenfeindlichen Sonderlings führte, hatte
sich doch ungeschwächt einen offenen Sinn für das
Schöne in der Kunst bewahrt und pflegte sie neben
seiner skurillen Neigung zur astrologischen Wissen
schaft mit feinem Verständnis. Auf seinen Ruf waren
nach Prag die bedeutendsten Meister der Malerei und
Bildhauerei aus ganz Deutschland zusammengekommen,
mancher von ihnen ist zum Prager geworden, von
anderen suchte der Kaiser wenigstens vorbildliche
Werke in seinen Besitz zu bringen, und zu guter Letzt
ist an diesen Vorbildern auch ein tüchtiger, junger Nach
wuchs groß geworden, der Außerordentliches für die
Zukunft erhoffen ließ. Der Ausbruch des langen Krieges
hat alle diese Hoffnungen vernichtet, die Entwicklung
der Kunst nicht nur in Prag auf lange Jahrzehnte unter
brochen, sondern ohne Zweifel auch eine fruchtbare
Tradition abgerissen, an die später die neue Zeit des
Friedens zu ihrem Schaden nicht mehr angeknüpft hat.
So ist es auch erklärlich, weshalb die rudolfinische
Kunst selbst, wiewohl allezeit hochgepriesen, doch
eigentlich wenig gekannt und in ihrem, weite Kulturge
biete umspannenden Zusammenhang kaum begriffen ist.
Während die Wissenschaft diese interessante Zeit natür
lich längst ausführlich bearbeitet hat — für die Prager
Verhältnisse sei insbesondere auf die mehrfachen
Arbeiten des ausgezeichneten Fachmannes und Direktors
des Prager Kunstgewerbemuseums Dr. Karl C h y t i 1
hingewiesen - - ist das Publikum an den Künstlern dieser
Epoche, deren Werke in Museen, hauptsächlich aber doch
in privaten Sammlungen verstreut sind, gleichgiltig vor
beigegangen.
Es ist nun in diesem Zusammenhänge außerordent
lich wertvoll, daß der Fleiß und die Unternehmungslust
einiger Kunstfreunde in Prag hier anläßlich des Jubiläums
auf einige Wochen eine Ausstellung zustande ge
bracht hat, die auf breiter Grundlage ein anschauliches
Bild rudolfinischer Kultur in Wort und Bild vermittelt.
Man findet in dieser Ausstellung, deren Komiteevor
sitzender der bekannte böhmische Kavalier und Mäzen
Graf Erwein Nostitz- Rienek ist, während als un
ermüdlichstes Mitglied dem Komitee u. a. der bewährte
Galcricinspektor des Rudolfinums, Paul Bergner, an
gehört, neben den wichtigsten Werken, die von den
kaiserlichen Gemäldesammlungen in Wien und von der
Prager Rudolfinergalerie zur Verfügung gestellt wurden,
eine Fülle bisher fast unbekannter oder doch schwer zu
gänglicher Werke aus privatem Besitz, die sich in ihrer
Gesamtheit, vermehrt um charakteristische Erzeugnisse
des damals hochentwickelten Kunstgewerbes, zu einem
fesselnden Gesamteindruck zusammenschließen. In
diesem Berichte soll auf die aus öffentlichen Galerien
stammenden Werke begreiflicherweise nicht näher ein
gegangen sein, auch die von der Galerie des Stiftes
Strahow in Prag beigestcllten Gemälde, deren eines
- - das Dürersche Rosenkranzfest — den Clou der Aus
stellung bildet, können hier übergangen werden, da die
Sammlung den Lesern der »Internationalen Sammler-
Zeitung« bereits vertraut ist. (Vgl. Jahrg. III, Nr. 21: »Die
Galerie des Prämonstratenserstiftes Strahow.«) Auch
über die von Dr. Anton K i c m a n n geliehenen graphi
schen Raritäten wurde hier in anderem Zusammenhänge
schon gehandelt. (Vgl. den Aufsatz »Die Pragensia-
sammlung des Dr. Kiemann« in Nr. 1 des laufenden
Jahrganges.)
Dagegen dürfte die Kollektion, welche der Herzog
von Raudnitz Fürst Ferdinand Z d e n k o von Lob-
k o w i t z zur Verfügung gestellt bat, wahrscheinlich zum
erstenmal einem großen Publikum zugänglich gemacht
sein. Sie birgt eine ganz ungeahnte Uebcrraschung:
prachtvolle Bildnisse von der Hand spanischer Meister,
die in der Eleganz der Aufmachung und dem unnach
ahmlichen Ton aristokratischer Vornehmheit die Luit
des Madrider Zeremoniells atmen. Da malt Juan
Pantoja de la Cruz einen Grafen Fürstenberg, ein
dreijähriges Kind, das mit entzückender Grandezza im
steifen, langen Röckchen dasteht, den Degen an der
Seite, die hohe Prunkhellebarde in der Rechten und den
feinen Kopf auf eine hundertfach gefältelte steife Hals
krause aufgebettet. Oder Donna Juana d’Aragon, eine
geborene Pernstein, stolz und bleich in weißer Seide und
himmelblauem Futter. Oder Johann v. Pernstein, den
Sohn des Oberstkanzlers, neben dem selbst der weiße