Nr. 15/16
Internationale Sammler -Zeitung.
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kämmerers Wolf Rumpf und anderer (sämtlich aus der
schönen Sammlung Fritz Donebauer, Prag) seien
zum Schlüsse nicht vergessen.
Die Ausstellung hat, was in Prag etwas heißen will,
auch einen Kassenerfolg gehabt: sie zählt zu den meist-
besuchten sämtlicher von der Gesellschaft patriotischer
Kunstfreunde in Böhmen bisher veranstalteter Exposi
tionen. Ohne Zweifel hat sie also, so wie sie ist und ge
rade in dieser wohl unvollständigen, aber mannigfachen
Buntheit das Rechte getroffen, um auch in weiteren
Kreisen Kenntnis und Verständnis für ältere Kunst zu ent
fachen und zu fördern.
Die Ausstellung für kirchliche Kunst in Wien.
Aus Wien wird uns mitgeteilt:
Ais Eröffnungstag für die unter dem Protektorate des
Kardinals Fürst-Erzbisehofs Dr. N a g 1 stehende Ausstellung
für kirchliche Kunst in Wien wurde der 7. September
d. J. festgesetzt; die Ausstellung wird bis Mitte Dezember
dauern.
Es ist dem Ausstellungskomitee gelungen, eine Reihe sehr
großer Aufgaben aus den zur Verfügung gestellten Mitteln
fördern zu können. So wird eine ganze Altarwand für eine
nun fast vollendete Kirche in Ottakring, entworfen vom Archi
tekten Professor Plecnik, zur Ausstellung gelangen. Das
riesige Mosaik mit der Darstellung der Sieben Gaben des
Heiligen Geistes wird nach Entwürfen des Malers und Bild
hauers Ferdinand Andri von der Tiroler Mosaik- und Glas
malerei-Anstalt in Innsbruck und Wien ausgeführt; die
Details des Altars selbst rühren vom Architekten Otto Ad.
Holub her. Eine große Altarnische für eine Kirche in Ober
österreich wird mit Relieffiguren und Mosaiken von der Hand
des Malers Leopold Forstner und des Bildhauers Wilhelm
B o r m a n n ausgeschmückt. Die Ausführung erfolgt in den
Wiener keramischen Mosaikwerkstätten. Ein reicher plasti
scher Altar für eine große niederösterreichiscbe Kirche wird
vom Bildhauer Heinrich Zita ausgeführt. Ein naturgroßes
Modell für die Kanzel, die im Dom zu Trient errichtet werden
soll, geht im Architektonischen auf den Architekten Otto
Schönthal zurück, während den plastischen Schmuck der
Bildhauer Alfonso C a n c i a n i und Stefano Zuech durch
führen. Ein großer farbiger Karton von Professor Rudolt
Jettmar soll als Unterlage zur Ausführung eines großen
Gobelins dienen, der für die Kirche Santa Maria Maggiore in
Trient bestimmt ist, in der bekanntlich das Trienter Konzil
hauptsächlich tagte; er stellt das Pfingstfest gewissermaßen
als Vorbild aller Konzile dar.
Besonders reich werden auf dem-Gebiete der Malerei die
Schule des Professors Rudolf Bacher, derzeit Rektor der
Wiener Akademie, lind die Schule des Professors K. Kratt-
n e r an der Prager Akademie vertreten sein. Soweit die bis
her fertigen oder in Arbeit befindlichen Werke erkennen
lassen, wird besonders auch das für Oesterreich so wichtige
Gebiet der Weberei und Stickerei in hervorragender Weise
in Erscheinung treten; doch wird auch der hohe Stand der
Glasmalerei und Keramik, der Metall- und Holzbearbeitung so
wie der übrigen Gruppen der Kunstgewerbe in Oesterreich
an zahlreichen und ausgezeichneten Beispielen gewürdigt
werden können.
Zu den glänzendsten Goldschmiede-Arbeiten, welche die
letzten Jahre wohl überhaupt hervorgebracht haben, wird
eine Monstranz für Mariazell gehören, an der alte Weihegaben
eine würdige Unterbringung finden sollen, die vom Architekten
Holub entworfen und vom Goldarbeiter Franz Holder in
Wien ausgeführt wird.
Wie schon die erwähnten Beispiele zeigen, wird die
Ausstellung keineswegs nur Wien berücksichtigen, sondern
ebenso wichtige und bedeutende Werke aus den, verschiede
nen Kronländern Oesterreichs bringen; hier sei besonders noch
auf die reiche Vertretung deutscher und slävisch-böhmischer
sowie polnischer Kunst hingewiesen, wobei auch die eigent
liche Volkskunst nicht unberücksichtigt geblieben ist.
Der Schatz von Poltawa.
Aus Petersburg wird uns geschrieben:
Zwei Bauernjungen aus dem Dorfe Malaja Pereschtsche-
Pina (Gouvernement Poltawa) haben einen archäologischen
Fund gemacht, der von Mitgliedern der dahin entsandten
Archäologischen Kommission auf eine halbe Million
Rubel geschätzt wird.
Der Fund besteht aus weit über hundert Gegenständen.
Es sind silberne und goldene Prunkgerät-e, Schmucksachen
und Waffen, die verschiedenen Zeiten und Ländern ange
hören und durch irgend einen Umstand gleichzeitig unter
die Erde geraten sind: ein richtiger Märchenschatz, dem die
Wissenschaft den nüchternen Namen »Depotfund« beilegt.
Der Schatz muß im siebenten Jahrhundert ver
graben worden sein, da von den Münzen, die zum Funde
gehören, die jüngsten aus dieser Zeit stammen; die ältesten
Stücke des Fundes gehören aber ins 4. und 5. nachchristliche
Jahrhundert.
Das wertvollste Stück ist eine große silberne, mit Gold
tauschiertc runde Schüssel. Die Mitte nimmt das Christus-
monogramm ein, um das eine lateinische Inschrift läuft, die
von der Restauration der Schüssel durch einen leider unge
nannten Bischof berichtet. Eine griechische Inschrift auf der
Rückseite gibt das Silbergewicht an. Um den oberen Rand
der Schüssel zieht sich ein prachtvolles getriebenes Wein
rankenrelief mit dem christlichen Symbol des Lammes und
eingesetzten Edelsteinen. Das Prachtstück ist leider von den
unwissenden Findern zertrümmert worden.
Das zweite Hauptstück des Schatzes ist eine sassanidi-
sche Silberschale, die das Reliefbild eines Perserkönigs zeigt;
die Schale ist, obwohl sie heil gefunden wurde, in einem be
klagenswerten Zustand in Petersburg allgelangt. Sie ist von
vorzüglicher Arbeit und zeigt in aufgesetztem Hochrelief
(bei sassanidischen Schalen sehr selten) de,n König aut der
Jagd. Man hofft, das Prachtstück aus den Trümmern wieder