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Seite 226 
Internationale Sammler- Zeitung. 
Nr. 15/16 
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eifers, besonders aber durch die Kauflust der vielen 
reichen Sammler aus Amerika, die jede Summe für ein 
gut . ;d seltenes Blatt gerne zahlen, sind die Preise 
; eme Höhe emporgeschnellt, daß es leider den durch 
sdmittlich Bemittelten unmöglich ist, sich diesem Sam- 
meizweige jetzt zuzuwenden. 
Künstler, meist Maler, waren die ersten Sammler 
des japanischen Buntdruckes, ihnen schlossen sich bald 
andere Kunstfreunde und kunstverständige Sammler 
an. Gesammelt wurden selbe wohl zuerst in Paris, dann 
in England, Amerika, Holland und erst nach langer 
Ueberlegung folgte Deutschland. 
Durch das Sammeln der Museen im Deutschen 
Reiche aufmerksam gemacht, fing man an, langsam, 
sehr langsam, als die günstigste Zeit bereits vorüber 
war, auch in Oesterreich dem japanischen Farbenholz 
schnitt seine Aufmerksamkeit zu schenken; daß der Er 
folg nicht groß sein konnte, ist begreiflich. Wir finden 
demnach auch die meisten bedeutenden Sammlungen in 
Amerika, England, Frankreich, dann Holland und 
schließlich Deutschland, ln Oesterreich haben wir 
einige, allerdings ganz beachtenswerte Sammlungen, 
die sich zumeist im Privatbesitze befinden. 
Die öffentlichen Kunstsammlungen verhielten sich 
int allgemeinen lange Zeit gegen den japanischen Bunt 
druck ablehnend, obwohl der große Einfluß, den die 
japanische Kunst auf die europäische ausiibte, überall in 
die Augen springend war. Zögernd und wohl zu spät, 
was letzteres hauptsächlich auf die österreichischen 
öffentlichen Kunstsammlungen Bezug hat, fingen sie an, 
den japanischen Holzschnitt in ihre Mappen einzu 
reihen. Was in dieser Hinsicht versäumt wurde, ist 
nur noch mit den größten Geldopfern nachzuholen; das 
aber, was jetzt fast unmöglich erscheint, wäre noch 
vor fünfzehn Jahren bei zielbewußter, kunstverständiger 
Tätigkeit mit Leichtigkeit zu erreichen gewesen. Ich 
spreche hier in diesem Falle aus eigener Erfahrung. 
Freilich könnte man dagegen sagen, und man hört es 
auch hie und da, daß das Sammeln ostasiatischer 
Kunstprodukte nicht Sache unserer öffentlichen Samm 
lungen sei. 
Hat denn überhaupt eine Beschränkung in der 
Sammlung von Kunstgegenständen eine Berechtigung, 
soweit es öffentliche Kunstmuseen betrifft? Doch diese 
Einwendung hat auch, insoferne es die japanische Kunst 
anbelangt, schon gar keine Berechtigung, denn 
japanische Kunst ist es, die auf die europäische Kunst 
einwirkend und selbe befruchtend, diese in ganz neue 
künstlerische Bahnen lenkte, so daß von einem neuen 
Kunststile des 20. Jahrhunderts gesprochen werden 
kann. Diese Einwirkung ist eine Tatsache, die nicht ab 
zuleugnen ist und von vorurteilsfreien Fachleuten, die 
mit der japanischen Kunst vertraut sind, auch bestätigt 
wird. Wir stoßen auch hier in Wien auf Schritt und 
Tritt auf Kunstwerke, sei es der Malerei, der verviel 
fältigenden Künste, der Keramik oder sonstiger Luxus 
gegenstände, deren nahe Verwandtschaft mit der 
japanischen Kunst unverkennbar ist. Bewundernd, oft 
aber auch befremdet, steht der Kunstfreund vor so einer 
modernen Kunstschöpfung und staunt über das ganz 
eigenartige Talent und über die Genialität des Meisters, 
der dies geschaffen; japanischem Einflüsse verdankt es 
seine Entstehung, japanische Kunst ist als Göttin der 
Inspiration dem Schöpfer zur Seite gestanden. Das 
moderne Plakat erst ist ohne die Einwirkung des 
japanischen Farbenholzschnittes einfach gar nicht denk 
bar. Doch über den Japanismus in der europäischen 
Kunst wurde schon viel geschrieben und ließe sich noch 
viel schreiben und gehört auch einem eigenen Kapitel 
an; daß dieser Einfluß aber vorhanden, ist bewiesen, 
daher verdient nicht nur die japanische Kunst die volle 
Beachtung der öffentlichen Museen, sondern sie hat 
auch die volle Berechtigung, daselbst gefunden zu wer 
den, wenn man sie sucht, und die Zahl dieser Sucher 
wird von Tag zu Tag größer, sie steigt gleichmäßig mit 
dem Fortschritte der Kunst und ihrer Erkenntnis. 
Was die öffentlichen Sammlungen anbelangt, so 
dürfte wohl die älteste und auch eine der wertvollsten 
Sammlungen die jetzt in Leyden befindliche sein. 
Den Grundstock zu derselben legte der bekannte Japan- 
forscher Dr. Philipp Franz v. S i e b o 1 d, Oberst beim 
niederländisch-indischen Generalstab, ein geborener 
Würzburger, welcher als Arzt in die holländischen 
Dienste trat. Er brachte bei seiner Rückkehr aus Batavia 
im Jahre 1830 beiläufig 800 Kakemonos (Hand 
malereien), auch Holzschnitte und andere Kunstgegen 
stände mit. Die größte Sammlung aber befindet sich 
in Boston im Museum of Fine Arts, welche von Prof. 
Ernst Frank F e n o 11 o s a, dem bekannten Kunst- 
schriitsteller, der zwölf Jahre als Imperial Japanese Fine 
Arts Commissionär in Japan wirkte, gesammelt wurde. 
Es sind dies ungefähr 400 Wandschirme, 4000 Ge 
mälde und 10.000 Drucke. Man sieht, daß Fenollosa 
seine Stellung und die Zeit gut ausgenützt hat. 
In Paris finden v/ir eine Sammlung von Japan 
drucken in der orientalischen Abteilung des Louvre, 
ferner in der Nationalbibliothek und im Musee Guimet. 
England besitzt eine große Sammlung japanischer 
Holzschnitte im Britischen Museum; der größte Teil da 
von stammt aus der Sammlung Dr. William Ander 
son, welcher Professor an der medizinischen Akademie 
in Tokio war und eine Sammlung von zirka 2000 
Nummern zusammenbrachte; erworben wurde diese 
Sammlung im Jahre 1882 um 3000 Pfund. Hiezu kam 
1906 noch die Sammlung Artur Morrisons mit 
1851 Stück. 
Dem Beispiele dieser Länder folgte Deutschland. 
In Berlin befinden sich Sammlungen im Kupferstich 
kabinette und im Kunstgewerbemuseum. Hier stellte 
Prof. Gierke aus Breslau 1882 seine Sammlung, be 
stehend aus etwa 200 Malereien, aus, die der preußische 
Staat ankaufte. 
Hamburg besitzt in seinem Museum für Kunst 
und Gewerbe ebenfalls eine reiche Sammlung, und in 
Dresden soll ein eigenes Museum für ostasiatische 
Kunst errichtet werden. Wien folgte diesem Beispiele 
nur in sehr geringem Maße und mit unzureichenden 
Mitteln. Wir finden in Wien Japandrucke in der 
k. k. Hofbibliothek, in der Albertina, im Oesterreichischen 
Museum für Kunst und Industrie, dann noch weniges in 
der Akademie der bildenden Künste, in der Sammlung Sr. 
kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs FranzFerdinand 
und in der Modernen Galerie. 
Die Hofbibliothek besitzt zur Zeit im ganzen 93 
Einzelblättcr, 6 Triptyche und ein Hashirakakushi 
tPfostenbild) von Koriusai; vertreten sind da 28 Künstler. 
Unter den Triptychen befindet sich die gesuchte 
satirische Darstellung Utamaros: »Der Shongun 
Toyotomi Hideyoshi unter schönen Damen«, derent 
wegen der Künstler mit Kerker bestraft wurde. Dr. 
Kurth beschreibt das Blatt unter Nr. 106. Die Blätter 
dieser Sammlung können als sehr schöne, ausgewählte 
Drucke bezeichnet werden. Auch einige illustrierte 
Bücher sind vorhanden, darunter wären hervorzuheben: 
Utamaros’ »Insektenbuch« und ein Band von 
H o k u s a i s »Shashin gwafu«, beide seltene Werke.
	        
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