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Internationale Sammler- Zeitung.
Nr. 15/16
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eifers, besonders aber durch die Kauflust der vielen
reichen Sammler aus Amerika, die jede Summe für ein
gut . ;d seltenes Blatt gerne zahlen, sind die Preise
; eme Höhe emporgeschnellt, daß es leider den durch
sdmittlich Bemittelten unmöglich ist, sich diesem Sam-
meizweige jetzt zuzuwenden.
Künstler, meist Maler, waren die ersten Sammler
des japanischen Buntdruckes, ihnen schlossen sich bald
andere Kunstfreunde und kunstverständige Sammler
an. Gesammelt wurden selbe wohl zuerst in Paris, dann
in England, Amerika, Holland und erst nach langer
Ueberlegung folgte Deutschland.
Durch das Sammeln der Museen im Deutschen
Reiche aufmerksam gemacht, fing man an, langsam,
sehr langsam, als die günstigste Zeit bereits vorüber
war, auch in Oesterreich dem japanischen Farbenholz
schnitt seine Aufmerksamkeit zu schenken; daß der Er
folg nicht groß sein konnte, ist begreiflich. Wir finden
demnach auch die meisten bedeutenden Sammlungen in
Amerika, England, Frankreich, dann Holland und
schließlich Deutschland, ln Oesterreich haben wir
einige, allerdings ganz beachtenswerte Sammlungen,
die sich zumeist im Privatbesitze befinden.
Die öffentlichen Kunstsammlungen verhielten sich
int allgemeinen lange Zeit gegen den japanischen Bunt
druck ablehnend, obwohl der große Einfluß, den die
japanische Kunst auf die europäische ausiibte, überall in
die Augen springend war. Zögernd und wohl zu spät,
was letzteres hauptsächlich auf die österreichischen
öffentlichen Kunstsammlungen Bezug hat, fingen sie an,
den japanischen Holzschnitt in ihre Mappen einzu
reihen. Was in dieser Hinsicht versäumt wurde, ist
nur noch mit den größten Geldopfern nachzuholen; das
aber, was jetzt fast unmöglich erscheint, wäre noch
vor fünfzehn Jahren bei zielbewußter, kunstverständiger
Tätigkeit mit Leichtigkeit zu erreichen gewesen. Ich
spreche hier in diesem Falle aus eigener Erfahrung.
Freilich könnte man dagegen sagen, und man hört es
auch hie und da, daß das Sammeln ostasiatischer
Kunstprodukte nicht Sache unserer öffentlichen Samm
lungen sei.
Hat denn überhaupt eine Beschränkung in der
Sammlung von Kunstgegenständen eine Berechtigung,
soweit es öffentliche Kunstmuseen betrifft? Doch diese
Einwendung hat auch, insoferne es die japanische Kunst
anbelangt, schon gar keine Berechtigung, denn
japanische Kunst ist es, die auf die europäische Kunst
einwirkend und selbe befruchtend, diese in ganz neue
künstlerische Bahnen lenkte, so daß von einem neuen
Kunststile des 20. Jahrhunderts gesprochen werden
kann. Diese Einwirkung ist eine Tatsache, die nicht ab
zuleugnen ist und von vorurteilsfreien Fachleuten, die
mit der japanischen Kunst vertraut sind, auch bestätigt
wird. Wir stoßen auch hier in Wien auf Schritt und
Tritt auf Kunstwerke, sei es der Malerei, der verviel
fältigenden Künste, der Keramik oder sonstiger Luxus
gegenstände, deren nahe Verwandtschaft mit der
japanischen Kunst unverkennbar ist. Bewundernd, oft
aber auch befremdet, steht der Kunstfreund vor so einer
modernen Kunstschöpfung und staunt über das ganz
eigenartige Talent und über die Genialität des Meisters,
der dies geschaffen; japanischem Einflüsse verdankt es
seine Entstehung, japanische Kunst ist als Göttin der
Inspiration dem Schöpfer zur Seite gestanden. Das
moderne Plakat erst ist ohne die Einwirkung des
japanischen Farbenholzschnittes einfach gar nicht denk
bar. Doch über den Japanismus in der europäischen
Kunst wurde schon viel geschrieben und ließe sich noch
viel schreiben und gehört auch einem eigenen Kapitel
an; daß dieser Einfluß aber vorhanden, ist bewiesen,
daher verdient nicht nur die japanische Kunst die volle
Beachtung der öffentlichen Museen, sondern sie hat
auch die volle Berechtigung, daselbst gefunden zu wer
den, wenn man sie sucht, und die Zahl dieser Sucher
wird von Tag zu Tag größer, sie steigt gleichmäßig mit
dem Fortschritte der Kunst und ihrer Erkenntnis.
Was die öffentlichen Sammlungen anbelangt, so
dürfte wohl die älteste und auch eine der wertvollsten
Sammlungen die jetzt in Leyden befindliche sein.
Den Grundstock zu derselben legte der bekannte Japan-
forscher Dr. Philipp Franz v. S i e b o 1 d, Oberst beim
niederländisch-indischen Generalstab, ein geborener
Würzburger, welcher als Arzt in die holländischen
Dienste trat. Er brachte bei seiner Rückkehr aus Batavia
im Jahre 1830 beiläufig 800 Kakemonos (Hand
malereien), auch Holzschnitte und andere Kunstgegen
stände mit. Die größte Sammlung aber befindet sich
in Boston im Museum of Fine Arts, welche von Prof.
Ernst Frank F e n o 11 o s a, dem bekannten Kunst-
schriitsteller, der zwölf Jahre als Imperial Japanese Fine
Arts Commissionär in Japan wirkte, gesammelt wurde.
Es sind dies ungefähr 400 Wandschirme, 4000 Ge
mälde und 10.000 Drucke. Man sieht, daß Fenollosa
seine Stellung und die Zeit gut ausgenützt hat.
In Paris finden v/ir eine Sammlung von Japan
drucken in der orientalischen Abteilung des Louvre,
ferner in der Nationalbibliothek und im Musee Guimet.
England besitzt eine große Sammlung japanischer
Holzschnitte im Britischen Museum; der größte Teil da
von stammt aus der Sammlung Dr. William Ander
son, welcher Professor an der medizinischen Akademie
in Tokio war und eine Sammlung von zirka 2000
Nummern zusammenbrachte; erworben wurde diese
Sammlung im Jahre 1882 um 3000 Pfund. Hiezu kam
1906 noch die Sammlung Artur Morrisons mit
1851 Stück.
Dem Beispiele dieser Länder folgte Deutschland.
In Berlin befinden sich Sammlungen im Kupferstich
kabinette und im Kunstgewerbemuseum. Hier stellte
Prof. Gierke aus Breslau 1882 seine Sammlung, be
stehend aus etwa 200 Malereien, aus, die der preußische
Staat ankaufte.
Hamburg besitzt in seinem Museum für Kunst
und Gewerbe ebenfalls eine reiche Sammlung, und in
Dresden soll ein eigenes Museum für ostasiatische
Kunst errichtet werden. Wien folgte diesem Beispiele
nur in sehr geringem Maße und mit unzureichenden
Mitteln. Wir finden in Wien Japandrucke in der
k. k. Hofbibliothek, in der Albertina, im Oesterreichischen
Museum für Kunst und Industrie, dann noch weniges in
der Akademie der bildenden Künste, in der Sammlung Sr.
kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs FranzFerdinand
und in der Modernen Galerie.
Die Hofbibliothek besitzt zur Zeit im ganzen 93
Einzelblättcr, 6 Triptyche und ein Hashirakakushi
tPfostenbild) von Koriusai; vertreten sind da 28 Künstler.
Unter den Triptychen befindet sich die gesuchte
satirische Darstellung Utamaros: »Der Shongun
Toyotomi Hideyoshi unter schönen Damen«, derent
wegen der Künstler mit Kerker bestraft wurde. Dr.
Kurth beschreibt das Blatt unter Nr. 106. Die Blätter
dieser Sammlung können als sehr schöne, ausgewählte
Drucke bezeichnet werden. Auch einige illustrierte
Bücher sind vorhanden, darunter wären hervorzuheben:
Utamaros’ »Insektenbuch« und ein Band von
H o k u s a i s »Shashin gwafu«, beide seltene Werke.