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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 15/16
schichte des 15. Jahrhunderts enthalten. Da die meisten
von ih ui nur in einzigen Exemplaren bekannt und diese
weit zerstreut sind, so möge zum Schlüsse hier noch
kurz uwähnt sein, daß eine Gesamtausgabe aller dieser
Biäucr in Lichtdrucknachbildung vorbereitet und noch
im Laufe dieses Jahres im Verlage von Karl Kuhn in
München erscheinen wird.
Dem Artikel, der der »Frkf. Ztg.« entnommen ist,
fügt das Blatt noch hinzu:
Im obigen Artikel wird als ältester Schützenbrief
ein Ausschreiben der Stadt Nördlingen vom Jahre 1477
vermerkt. Wir sind nun in der Lage, von einem bedeu
tend älteren Schützenbrief Mitteilung zu machen.
Ein Frankfurter Mitarbeiter schreibt uns:
Fines der ältesten und wertvollsten Stücke in der
reichen Sammlung schriftlicher Dokumente, die in der
Historischen Ausstellung zum Jubiläumsschießen 1912 die
Geschichte des mittelalterlichen Schützenwesens illu
strieren, ist der Brief der Cronberger Armbrust-
schützen an die Frankfurter Kollegen mit der Auf
forderung zur Teilnahme an einem Preisschießen zu
Cronberg am 6. September 1398. Auf Grund dieser Ur
kunde hat die Cronberger Schützengesellschaft, deren
Archiv beim Rathausbrande im Jahre 1792 vernichtet
wurde, im August 1898 das Jubiläum ihres 500jährigen
Bestehens gefeiert. Der durch ungemein zierliche, pedan
tisch exakte Schrift auffallende, ausgezeichnet erhaltene
Ladebrief hat folgenden Wortlaut:
1398 Sept. 6.
Unsern fruntlichen grüß zuevor, lieben gesellen, wir lan
ucli wißen, daß wir wollen zu Cronenberg schießen urrib eyn
cleynode als guet als dryzehn gülden uff sant Michels tag
nehste kompt und sal yederman in der herberge sin uff den
abent und wollen steen den ersten staut hundert und fünffe und
ffuffzig .schriede, und wan die Schüße halb gescheen, so wollen
wir sie brechen mit zehen schrieden neher, und wer der beste
ist mit derne armbruste, des eigen sal ez sin.dar nach uff den
andern tag wollen wir schießen um einen appel als gut als
fiinff gülden, und were den gewynnet, des eigen sal he sin, und
der staut sal sin vor mittage hundert und virzig schriede, und
wan die Schüße halb gescheen, so wollen wir sie brechen mit
achte schrieden neher, und were zu uns körnet, der sal ein
stracke geieyde han ane geperde, und yederman mag zerren
in siner herburge, herumb, lieben gesellen, bidden wir uch in
rechter gesellschaft, daß in zue unserme schimpe komet. geben
under jungher Henne ingesigel von Cronenberg, des wir uns zu
dissem male gebrueben, des ich Johan bekennen, feria sexta
ante festuin nativitatis beate M. virginis.
Von uns schießgesellen
zu Cronenberg.
Den schießgesellen zue Franckenfurd,
unsern guten frunden.
Die freie Uebersetzung ins Neuhochdeutsche lautet:
6. Sept. 1398.
Zuvor unsern freundlichen Gruß, liebe Gesellen. Wir
teilen Euch mit, daß wir zu Cronberg an dem auf den
St. Michaelstag folgenden Tag ein Schießen abhalten wollen
um ein Kleinod im Werte von dreizehn Gulden. Die Schützen
versammeln sich abends in der Herberge. Wir stehen zuerst
155 Schritt (von der Scheibe entfernt), und sind die Schüsse
zur Hälfte gefallen, verringert sich der Abstand um 10 Schritte.
Dem besten Armbrustschützen soll das Kleinod gehören. Am
nächstfolgenden Tage wollen wir um einen Apfel im Werte
von fünf Gulden schießen, und wer ihn gewinnt, dem soll er
zu eigen sein. Dieses Schießen beginnt vormittags auf eine
Entfernung von 140 Schritten, die sich, nachdem die Hälfte
der Schüsse gefallen, um 8 Schritte verringert. Wer zu uns
kommt, soll Gefahren ausschließendes Geleit haben und jeder
mann mag in beliebiger Herberge einkehren. Und nun, liebe
Gesellen, bitten wir Euch, recht zahlreich zu unserem Feste
zu kommen. Gegeben unter dem Siegel des Jungherrn Henne
von Cronenberg, das wir diesmal benutzen, wie ich, Johann,
bezeuge, in der sechsten Woche vor dem Feste der Geburt
der Jungfrau Maria.
Die Schießgesellen zu Cronberg.
An die Schießgesellen zu Frankfurt, unsere guten Freunde.
Die Cronberger Schützengesellschaft, deren Grün
dungsjahr nicht festzustellen ist, nahm an den Frank
furter Preisschießen von 1422, 1506, 1522, 1556 und 1582
teil. Bei den großen »Ritterschießen« in Frankfurt 1773
und 1777 holte sich der Cronberger Schütze Franz
Diefenbach die ersten Preise. Im Jahre 1813 endete ein
Streit der Cronberger Schützengesellschaft mit der
nassauischen Regierung wegen des Schießplatzes mit der
Aufhebung der Vereinigung. Aber die Verhältnisse waren
stärker als die Menschen. Als 1815 der Landsturm ein
berufen wurde, stellten sich die gemaßregelten Schützen
bis auf den letzten Mann in einheitlicher Uniformierung
und Bewaffnung, und der Staat, gerührt ob solcher,
patriotischen Eifers, gestattete gnädig das Weiterbestehen
der Gesellschaft, die sich heute mit Stolz eine der
ältesten Deutschlands nennen darf.
Chronik.
Autographen.
(Unbekannte Briefe Christian Gottfried
Körners.) Jm Kestner-Museum zu Hannover werden in
der Handschriften-Abteiiung zwei Briefe Christian Gottfried
Körners an Charlotte Schiller aufbewahrt, die ein
weiteres Zeugnis ablegen für die Treue, die dieser seltene
Mann seinem großen Freunde und nach dessen Tode der Fa
milie bewahrt hat. Beide Briefe sind unbekannt und werden
nunmehr von Dr. Wolfgang Stammler in der »Voss. Ztg.«
veröffentlicht. Der zweite dieser Briefe ist schon nach dem
Tode Schillers geschrieben. Körner hatte von der Witwe den
Auftrag erhalten, die Papiere des Dichters zu sichten. Char
lotte Schiller war damals zu ihren Verwandten gereist und
in Heidelberg mit ihrem Sohne Karl zusammengetroffen. Körner
schreibt an sie aus Dresden, 14. Oktober 1810: »Empfangen
Sie meinen herzlichen Dank für die umständlichen Nach
richten von Ihrer Reise, und für das Schillersche Gedicht.
Letzteres war mir noch unbekannt, gehört aber in die Claße,
die nur seinen Freunden mitzuteilen ist. Fs freut mich, daß
Ihnen auf dieser Reise doch manche Aufheiterung zu Theil
geworden ist, daß Sie für den künftigen Aufenthalt Ihres
älteren Sohnes das Beste zu hoffen Ursache haben, und daß
Ihrer Gesundheit diese Bewegung und Zerstreuung gewiß zu
Statten kommen wird. In dem Alter Ihres altern Sohnes
kommt freylieh auf den eigenen Charakter das Meiste an.
Den Eltern ist nicht zu verdenken, daß sie Freunde und Be
kannten zur Aufsicht anstellen, aber auf diese Maasregeln ist
nicht sehr zu rechnen. Jeder gesunde und rüstige Jüngling hat
einen Trieb zur Unabhängigkeit. Wird sie ihm nicht frey
willig eingeräumt, so sucht er sie zu erlisten oder zu er
kämpfen. Meine Methode war immer, die Selbständigkeit