MAK
Nr. 15/16 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 247 
meines Sohnes eher zu befördern, als zu beschränken, und ich 
habe mich zeither wohl dabey befunden. In einzelnen Punkten 
bleibt dabey mancher Wunsch unerfüllt, aber ist einmal der 
Keim des Outen vorhanden und entwickelt, so kann man im 
Ganzen zufrieden seyn. Und ein Jüngling, der allein zu gehen 
gewohnt ist, wird auch nicht so leicht von seinen Jugend 
freunden beherrscht. Die kolossale Büste von Dannec-ker 
wünschte ich zu sehen. Was Sie mir von ihrer Entstehung 
schrieben, ist sehr interessant und macht mir Dannecker 
doppelt schätzbar. — In Ihren Nachrichten über Stuttgard 
bemerke ich eine Lücke. Es scheint wenigstens ein Blatt beym 
(franc) Couvertiren des Briefs zurückgeblieben zu seyn. Ich. 
habe nur 3. Blatt außer dem Schillerschen Gedichte erhalten. 
Haben Sie doch die Güte, unter Ihren Papieren nachzusehen. 
Das Fehlende scheint Nachrichten über Schiller und Aufsätze 
von ihm zu betreffen. H u m b o 1 d ist nicht über Dresden ge- 
reißt. Abei' sein Sohn war hier in Begleitung seines Lehrers 
und eines Barons von Röder. Das Aeußere des jungen Hum- 
bold ist recht angenehm. Vorjetzt scheint er viel Lust zum 
Soldatenleben zu haben. Bey mir geht noch alles im Wesent 
lichen recht gut. Meine Frau ist mit den Wirkungen des Carls- 
bads sehr zufrieden und viel gesunder, als vorher. Meine 
Schwägerin, die einen Monat bey der Herzoginn von Cur- 
land war, ist jetzt wieder bey uns. Mein Sohn, studiert in 
Leipzig. Emma macht uns viel Freude, sowie der Sohn. 
Beyde treiben die Künste, jedes auf seine Art. Goethe war 
hier sehr guten Humors, und äußerst freundlich und mit 
theilend. Er macht uns Hoffnung im Frühjahr wieder herzu- 
kommen. Leben Sie recht wohl. Die Mehligen empfehlen sich 
Ihnen bestens. Körner.« 
Bibliophilie. 
(Eine libysche Staats-bibliothe k.) Einer Mit 
teilung des »Corriere della Sera« zufolge, hat das italienische 
Oberkommando die Errichtung einer Bibliothek in der Stadt 
Tripolis beschlossen, die alles enthalten wird, was seit den 
frühesten Zeiten auf dem Gebiete der Politik, wie der allge 
meinen Wissenschaften über Libyen geschrieben und gedruckt 
worden ist. Die Bibliothek soll in ihren Beständen bis in die 
Tage des alten Griechenland zurückreichen, und die Be 
geisterung für diese Neugriindung (st in allen Kreisen Italiens 
eine große, wenn man sich auch nicht verhehlt, daß die Aus 
führung dieses Gedankens nicht nur der Zusammenarbeit der 
hervorragendsten Gelehrten bedarf, um allen wissenchaftlichen 
Ansprüchen genügen zu können, sondern daß sie auch ganz be 
trächtliche Kosten beanspruchen wird, um d-:e zum großen 
Teil außerordentlich seltenen Werke anzukaufen. 
(Das neue Goethe-Jahrbuch) bringt wieder 
eine schöne Kunstbeilage: das Miniaturbildnis Minchen Herz 
liebs, im Jahre 1805 in Jena von Johanna Frommann, 
der Pflegemutter der Genannten, gemalt. Das Bildnis gehört 
zu den wertvollsten Neuerwerbungen des Archivs aus den 
letzten Jahren. An »Neuen Mitteilungen« enthält das Jahr 
buch zwei Beiträge: Jean-Marie Carre, »Quelques Inedits de 
Goethe, Wieland, Knebel et Mme. D’Einsiedel, und interessante 
Bruchstücke aus Briefen von Zeitgenossen Goethes« 
über ihn und verschiedene seiner Arbeiten. Die Briefe um 
fassen die Jahre 1773—1804 und sind sämtlich an V o ß ge 
richtet, aus dessen Nachlaß sie von Dr. W r olfgang Stemm- 
1 e r ans Tageslicht gezogen worden sind. In ihnen ist viel 
Ergötzliches und für das Verhältnis der einzelnen darin ge 
nannten Personen oder der Briefschreiber selbst zu dem 
Dichter Bezeichnendes zu finden. So schreibt u. a. Christian 
Stolberg unterm 19. September 1773 aus Altona an Voß und 
Gramer: ». . . Was sagst Du, mein liebster Cramer, daß Klop- 
stock Uber den Götz ebenso urteilt wie mein Bruder und ich? 
Das Kompliment an den Trompeter und andere solche Worte 
verwirft er ganz . . .« Miller schreibt unterm 17. Oktober 
1774: ». . . Götz von Berlich.ingen, den Weygand auch verlegt 
hat, scheint von geringer Bedeutung zu seyn . . .« Welchen 
Sturm der Begeisterung dagegen der »Werther« erregte, geht 
aus einem Briefe Stolbergs an Voß hervor; er schreibt da 
unterm 31. Dezember 1774 aus Kopenhagen: ». . . Noch ein 
Glück haben Sie — daß Sie Werthers Leiden au einer Zeit 
gelesen haben, da Sie schon mitempfinden konnten. 0 ich kann 
Ihnen nicht sagen, wie ich das Büchlein liebe, es legt sich 
ganz um mein Herz herum, und so harmoniert es mit mir, daß 
ich in jedem raisonnement und in jedem Gedicht mich er 
kenne. O der gute Goethe, ich halt ihn schon manches mahl 
dafür zärtlich umarmt. Das ist ein rechts National Buch. Denn 
wahrlich niemand als ein Deutscher konte es schreiben, und 
kein andrer kann es nachempfinden. Aber leider wie vielen 
unserer Landsleute wird es Thorheit oder Acrgerniß seyn . . .« 
Von großer Heftigkeit sind die Angriffe, die der alternde 
G1 e i m in seinen Briefen an Voß gegen Goethe und Schiller 
namentlich wegen der »Xenien« richtet: ». . . Was sagt mein 
Voß zu den Xenien?« heißt es einmal. »Sind sie nicht eines 
Robespeters würdig? Solche Katzbalgereien sollten der 
Goethe und der Schiller, die man für die Verfasser hält, ver 
abscheuen . . .« Dann an anderer Stelle: ». . . Ich habe die 
Zeit nicht die Todsünden, die Schiller und Goethe . . . be 
gangen haben sollen, zu lesen, und zu enträthseln, denn es 
sollen Dunkelheiten in ihnen Vorkommen; hab ich aber einmal 
Zeit, und find' ich, daß die beyden großen Männer, wie fran 
zösische Tiger, auch auf dem Parnasse tirannisieren, dann, 
lieber Voß, ist’s dem ältesten im Hiittchen auf dem Parnasse, 
nicht zu verdenken, wenn er, keine Tirannen zu seyn, die Ti- 
rannen, bittet, und wenn die Bitte nicht gewehrt wird, mit 
anderen ehrlichen Leuten, nicht mit unehrlichen, auf sie loß 
schlägt! . . .« Noch heftiger nimmt der Alte gegen Goethe 
Stellung, indem er Voß' »Luise« zu »Hermann und Dorothea« 
in Gegensatz bringt. Nach einem Ausfall gegen die Vorrede, 
die er »eine der häßlichsten Xenien, deren Sünden sie als 
verzeihlich vorstellen wollten« nennt, schreibt er: »Dieser 
Hermann und Dorothea ist eine Sünde wider meinen heiligen (!) 
Voß, ist zu Goetter Helden und Wieland das Scitenstiick, ist, 
ich laß es mir nicht ausreden, eine gottlose (!) Satire, meines 
Voß Luise will der Buhe (!) lächerlich machen.« So geht es 
noch in einer Reihe von Briefen in anmutigem Gezeter fort, 
ein Glück für den Briefschreiber, daß der Olympier von diesen 
Ausfällen keine Ahnung hatte. — In den »Abhandlungen« ist 
manches Wertvolle, aber hauptsächlich Studienhaftes, Kontern- 
platorisches. Bisher zum Teil noch nicht Bekanntes bietet 
Ke k ule von Stradonitz in seinem Aufsatz: »Neue Bei 
träge zur Kenntnis von Goethes Rittertafel und dem 
0 rden des Uebergangs zu Wetzlar«. Die bislang 
bereits bekannten Abhandlungen über die Materie von Gloel 
und Wernekke ergänzt der Verfasser auf Grund weiterer 
Forschungen des ersteren, in dem neue Details über den 
Orden geboten werden. Diese finden sich in einem Büchlein, 
das sich gegenwärtig in Weimar befindet. Dessen offizieller 
Titel lautet: »Der hoeere Ruf.« Als Verfasser galt bisher 
G o u e, die Seele der Tafelrunde und seines Zeichens braun 
schweigischer Legationssekretär. Da die einzelnen Abschnitte 
des Büchleins mit verschiedenen Anfangsbuchstaben gezeichnet 
sind, so dürfte auf verschiedene Verfasser zu schließen sein, 
während üouc als Herausgeber zu gelten hat. Ueber etwaige 
Rituale des Ordens ergibt das Büchlein anscheinend nichts. 
Nach den lesenwerten Darlegungen von Stradonitz hatte 
Goue den Ehrgeiz, der Stifter und Schöpfer einer eigenen 
»humanistischen Kultgesellschaft«, eines eigenen »Ordens« zu 
sein. Bemerkenswert ist auch die folgende Studie von Adolf 
D o e b b e r über das »Innere des Alten Weimarer Theaters«, 
in dem er auf Grund einer bislang unbekannten, im Beuth- 
Schinkel-Museum zu Cbarlottenburg befindlichen Arbeit mit 
beigefügten zeichnerischen Skizzen eines jungen Architekten 
namens Schinkel, der im Jahre 1798 die thüringischen Lande 
durchstreifte und bei dieser Gelegenheit das im Bau be 
griffene Theater besichtigte, neue interessante Details an 
führt, nach denen man ein lückenloses Bild vom Innern dieses 
längst entschwundenen, für die deutsche Theatergeschichte so
	        
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