Nr. 15/16
Internationale Sammler- Zeitung.
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gemein geschätzten Kunstmaler Gustav Klimt. Wie in
Frankreich so sind es auch bei uns Künstler gewesen,
die zuerst diese fremden Kunstprodukte sammelten, so
zum Beispiel Prof. () r 1 i k, der selbst in Japan war und
den Buntdruck an Ort und Stelle studierte; dann Prof.
St. D e m b i c k i und der Meister-Radierer Professor
P a n k i e w i c z, beide an der Kunstakademie in Krakau
tätig, ln Wien besitzt Dr. Ottokar Mascha eine sehr
wertvolle Sammlung, die mit großem Kunstverständ
nisse und feinem Kunstgefühle zusammengebracht
wurde. Wir kennen Dr. Mascha ja auch als Sammler von
Künstlerplakaten aller Länder und Besitzer des kom
pletten Werkes von Fehden Rops in sehr schönen und
seltenen Abdrücken; auch verdankt ihm die Kunst-
üteratur die erste deutsche Monographie über Rops.
Eine bedeutende Sammlung besaß auch Exzellenz
M a n o s, der ehemalige Gesandte Griechenlands in
Wien; sie soll jedoch in Auflösung begriffen sein. Das
gleiche ist auch von der Sammlung E. Goldschmidt
zu berichten, welcher hauptsächlich Blätter von Yeisen
und Geizan sammelte.
Im Jahre 1901 veranstaltete der bekannte Kunst
händler E. H i r s c h 1 e r in Wien eine Spezialausstellung
der Werke Hokusais (s. Fig. 2), ein Künstler, der uns am
nächsten steht, am leichtesten verstanden wird und da
her in Europa sich der größten Beliebtheit erfreut; dessen
Arbeiten sind heute hochgeschätzt und werden mit hohen
Preisen bezahlt. Im ganzen waren 630 Nummern ver
treten, und diese gaben ein übersichtliches Bild über
dessen Wirken und Schaffen; cs war dies wohl die erste
derartige Spezialausstellung eines japanischen Künstlers
in Europa, der nur die Hokusai-Ausstellung von Dr.
B i g e ! o w in Boston an die Seite gestellt werden kann.
Die an dieser Ausstellung beteiligten Privatsammler
waren Karl Gersbauer und Fritz Wärndorfer
aus Wien; die Sammlungen derselben sollen nun nicht
mehr bestehen.
Ferner besitzt angeblich die Witwe des bekannten
Anatomen Hofrates Prof. Dr. Z u c k e r k a n d 1, Frau Berta
Zuckerkandl, eine Japansammlung, die ihr ver
storbener Mann zusammengebracht hat.
Auch Herr Hoflieferant C. Trau, der Chef der be
kannten Teefirma, besitzt eine Sammlung. Er brachte im
Vereine mit der Firma P. Singer (»Au Mikado«) 1908
in Venedig die liquidierte Sammlung des Prinzen
Heinrich von Bourbon, in welcher sich ebenfalls
schöne Japandrucke befanden, zum freihändigen Verkauf.
In Prag wäre die Sammlung Naprstec zu er
wähnen, dieselbe enthält Werke von Hokusai, Bairei,
Szunboku, Szunsen, Sadahide und anderen Meistern.
Eine der größten und wertvollsten Sammlungen
aber, die es überhaupt gibt, befindet sich in Krakau. Der
glückliche Besitzer ist der Kritiker und Schriftsteller
Fr. v. Jasienski. Er hat ungefähr 4000 alte, schöne
und kostbare Drucke aus allen Epochen und Schulen.
Der Beschreibung dieser Werke müßte ein eigener Ab
schnitt gewidmet werden.
Ueber meine Sammlung will ich nur kurz erwähnen,
daß ich gegen 15 Jahre sammle; meine Sammlung um
faßt rund 210 Künstler mit 1640 Drucken, 72 Diptychen, 163
Triptychen, 2 Tetraptychen und je ein Penta- und Hexa-
ptychon, einige Makemonos und Kakemonos; ferner übe>-
120 illustrierte Hclzschnittbücher. Unter den Holz
schnitten sind alle Formen und Größen vertreten. Daß
bei dieser verhältnismäßig großen Anzahl von Holz
schnitten nicht alle von erstklassigen Künstlern
stammen, ist wohl begreiflich, Künstler sind es aber alle.
Mein Ziel beim Sammeln war, eine Sammlung zu-
sammen'zubringen, die im allgemeinen ein übersichtliches
Bild über die ganze Kunst des japanischen Holzschnittes
gibt. Als Grenze habe ich mir das Ende des 19. Jahr
hunderts gesteckt. Ob mir dies gelungen ist, mögen
andere beurteilen.
Man kann aus allen dem ersehen, daß die Bestände
an japanischen Farbenholzschnitten in den öffentlichen
Museen hinter dem Besitze der Privatsammlungen
zurückstehen, und dies hat nicht allein auf Oesterreich
Bezug. Die größten und bedeutendsten Sammlungen des
In- und Auslandes befinden sich in den Händen von
Privatsammlern. Unter diesen sind .auch begreiflicher
weise zumeist die Kenner des japanischen Farbenholz
schnittes zu suchen. Es ist dies nicht anders möglich; um
Kenner zu werden, genügt bei allem Kunstverständnis,
nicht ein Studium aus Büchern; dabei ist unsere euro
päische Literatur über den japanischen Farbenholz
schnitt noch sehr klein und lückenhaft, und hier handelt
es sich noch dazu um eine ganz eigenartige fremde
Kunst, die sich vollkommen selbständig und ohne jeden
Einfluß der europäischen Kunst und Kultur entwickelt
hat. Der Europäer, der so dieser Kunst ganz fremd
gegeniibersteht, muß eigentlich erst hier sehen lernen,
um in das Wesen und die Art dieser Kunstschöpfungen
einzudringen, und um ihren Reiz und ihre Schönheit zu
erfassen. Um Kenner zu werden, gehört hier außer dem
theoretischen Studium noch eine lange praktische Tätig
keit. Man muß viel sehen, sehr viel sehen, vergleichen
und untersuchen, und wenn hiezu die öffentlichen Samm
lungen nicht im entsprechenden Maße die Gelegenheit
zum praktischen Studium bieten, so bleibt wohl nichts
anderes übrig, und ist auch sonst am besten, man
sammelt selbst, um sich zum Kenner auszubilden. Als
charakteristisches Beispiel will ich hier nur anführen,
daß ein als »bedeutendster Kenner ostasiatischer Kunst«
bezeichneter Experte nicht imstande war, einige Schau-
spielerporträts von Toyokuni JI (Kunisada) zu be
stimmen und diese Blätter als unbczcichnet be
schrieb, obwohl der sehr bekannte Künstlername, wie ge
wöhnlich bei ihm, groß und fett in gelbgerahmtem roten
Schilde und in die Augen fallend, auf jedem Blatte zu
sehen war. Dabei will ich erwähnen, daß dieser Künstler
aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zu den bekanntesten
gehört; seine Blätter sind sehr zahlreich, man findet sie
in den Mappen fast eines jeden Privatsammlers und auch
in den öffentlichen Sammlungen. (Eines dieser Blätter
veranschaulicht unsere Fig. 3.)
In Japan ist der alte Farbenholzschnitt selten ge
worden, gute Blätter sind da sehr gesucht und werden
auch mit hohen Preisen bezahlt. Sammler möge es in
früheren Zeiten in Japan auch nur wenige gegeben
haben, diese zählten zu den höchsten Gesellschafts
kreisen, welche ihre Schätze und Kunstsammlungen der
großen Feuersgefahr wegen in eigene, für diesen Zweck
errichtete steinerne Gebäude unterbrachten, während
sie selbst in ausgedehnten hölzernen Palästen wohnten.
Der Mittelstand und das Volk selbst sammelte nicht, und
was da war, vernichtete zum großen Teile Wurmfraß,
zum Teile die so häufigen Feuersbrünste und Unverstand.
Oeffentlichc Kunstmuseen besitzt Japan erst seit
neuerer Zeit, so eines in T o k i o, welches in den
Siebzigerjahren errichtet wurde, dann ein zweites in
N a r a, errichtet in den Achtzigeriahren, und ein drittes
in K i o t o, gegründet 1895. Ferner wurde in der neuesten
Zeit ein viertes Museum in Y amato errichtet. Diese
Museen haben den Zweck, alte Kunstwerke heimischer
Künstler zu sammeln. Das Land besitzt auch schon seine