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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 15/16
ihn mir als uralten, weißhaarigen Mann vor,
seine Folianten gebeugt dasitzt und nur dann und wann,
wenn das Licht schon zu versagen droht, aufblickt und
mit einem schon mechanischen Griff, ohne recht hin
zusahen, den Docht mit der Schere reinigt, um sofort
wieder in seine gelehrten Werke zu versinken.
Unter den Porzellanen ist eine Vase aus Schlaggen-
wald (Fig. -1) mein Entzücken. Sie hat zarten rosa Dekor
und in einem türkisblauen Felde sieht man das Bildnis
Platos. Die Henkel der amphorenartigen Vase, die auf
einem Postament steht, sind mit Frauenköpfen geziert
und schmale Bandornamente schmücken den Hais
und den Fuß der Vase, die 40 Zentimeter hoch ist.
Das Altwiener Porzellan ist in meiner Samm
lung insoferne am reichhaltigsten, als ich nebst
mehreren vollständigen Kaffeeservicen und Grup
pen einige Zusammenstellungen von Vasen und
T errinen in verschiedenen Größen besitze, die in
ihrem tadellosen Zustande und in ihrer deutlichen
Zusammengehörigkeit ein einheitliches Ganze bil
den. Die hier in Fig. 5
60 Zentimeter hoch ist, habe
bei einem Antiquitätenhändler in Wien um
d.cn gekauft, doch glaube ich, daß ihr Wert unter
des bedeutend gestiegen ist, denn sie ist tadellos
erhalten und ein herrliches Stück. Sie steht auf
einem Postament und hat roten Dekor. Das Posta
ment ist mit wundervollen Ornamenten in Schwarz
und Gold minutiös gemalt, im Mitteloval steht ein
stilisierter Vogel. ■ Die zweihenkeligc Vase ist mit
einer mythologischen Darstellung geziert, auf dem
oberen Teile der Vase und auf dem Deckel
schweben Amoretten.
Ein fünfteiliges Altwiener Kaffeeservice, be
stehend aus zwei Tassen, einer Kaffee-, einer Milch
kanne und einer Zuckerdose, zeigt Darstellungen
aus der Göttersage. Ein zweites Service, das zehn
teilig ist, da es sechs Tassen hat und auf einer
großen Untertasse ruht, hat so wie das eben be
schriebene roten Dekor und ist gleichfalls mit
mythologischen Darstellungen und Amoretten ge
ziert. Zu zwei Vasen von über 40 Zentimeter Höhe
mit rotem Dekor und Götterbildnissen gehören
zwei Blumenschalen mit rotem Dekor und Amo
retten, die sich gegenseitig ergänzen. Zwei kleinere
Vasen auf Postamenten haben blauen Dekor und
sind, ebenfalls mit Götterdarstellungen verziert. Sehr
schön sind zwei Amphoren mit rotem Dekor und
goldenen Henkeln mit Darstellungen aus der Mytho
logie und vier Vasen, die vier Jahreszeiten dar
stellend, mit Malereien in rotem Dekor; die vier
Jahreszeiten werden ebenso wie die Liebe auf einer
anderen Vase durch Erauengestalten personifiziert.
Mein Vater erwarb seinerzeit auf einer Buda-
rester Auktion — es mag zwanzig oder einundzwanzig
Jahre her sein — drei Jardinieren aus dem Besitze des
Grafen Szechenyi. Diese Prachtstücke, ein ovales und
zwei runde auf Untersätzen, sind mit den typischen Alt-
Wiener Blumenbuketts geschmückt und haben einen ge
gitterten Rand, der mit Gold geziert ist. Unter den Alt
wiener Figuren nenne ich als besonders hübsch zwei
Gegenstücke: ein Mädchen mit einem Vogelhäuschen in
der Hand und einen Jüngling mit einem Vogel in der
Hand, der dem Häuschen des Mädchens entnommen zu
sem scheint. Eine Minerva und ein Euterpe sind an ihren
Attributen zu erkennen.
Unter dem Biskuitporzellan sind die zw'ei Leuchter
und die Aase, die ich vor ungefähr zehn Jahren bei einem
Leuchter stehen auf einem Postament, sind zweiarmig
und zeigen eine Säule, an welche sich ein Mann lehnt,
der ein Ständchen darbringt, und eine Frau, die Laute
spielt. Die Hauptgruppc zeigt ebenfalls eine Säule auf
einem Postament, neben weicher eine Erau mit einem
Füllhorn in der Hand steht.
Altwien sind auch zwei kleine dickbauchige Vasen
mit schlankem Halse, die dunkelblau und rnit Blumen
gemalt sind. Ueberaus graziös ist ein bloß sechs Zenti
meter hohes Krüglein mit einer Frauengestalt, der Amor
schmeichelnd naht. Auf dem Deckel ist eine Frauen
gestalt, von Amoretten umgeben. Die Vase, so klein sie
ist, bildet eines der entzückendsten Stücke der Sammlung.
Ein ganz hervorragendes Stück ist eine Gruppe von
Amoretten, die sich die Zeit vertreiben, indem sie mit
Vöglein und einem Vogelhause spielen. Eine zweite
.Amorettengruppe mit drei Engerin bietet den kleinen
Schäkern Zeitvertreib, indem sic Trauben emporhalten,
die sie lüstern und verliebt ansehen, Körbe mit Obst
stehen zu ihren Füßen. Farbige Schärpen umschlingen
die Amoretten. Zwei herrliche Figuren von achtzig Zenti
metern Höhe stellen Mars und Juno dar. Eine Schale
auf einer Untertasse ha 1 blauen Dekor und ist mit einer
der über Antiquitätenhändler für 800 Kronen erstand, die schön
sten Stücke. Sie sind reich mit Bronze geziert. Die