Nr. 17
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 267
Chronik.
Autographen.
(Interessante Autographen.) Bei S o t h e b y
in London kamen kürzlich einige interessante Autographen
zur Versteigerung, die hohe Preise erzielten. Den Gipfel bildete
ein Brief Oliver Cromwells, den er im Jänner 1645 ge
schrieben hat. Er fürchtete damals einen Einfall und mahnt in
diesem charakteristischen Briefe: »Beschleunigen Sie Ihre
Pferde, ein paar Stunden können alles verderben.« Dieser
Brief wurde mit 7600 Mark bezahlt. Eine Urkunde, die die
Unterschrift der Maria von Schottland trägt, brachte
4100 Mark, eine Mitteilung der Königin Elisabeth an Sir
Nicholas Th rockmorton, »geschrieben mit meiner eigenen
kritzligen Hand diesen 23. Tag des Juli«, wurde mit 4300 Mark
bezahlt. Der erste Brief Byrons nach dem Tode Shelleys
brachte 5100 Mark, und zwei Handschriften von Gedichten
von B u r n s erreichten 3040 und 3800 Mark.
Bibliophilie.
(DieBibliothekdesStiftesHerzogenburg.)
Anläßlich des 800jährigen Jubiläums des Stiftes Herzoge n-
burg in Niederösterreich veröffentlicht Prof. Dr. V. O. Lud
wig in der »Wr. Ztg.« vom 18. August (Nr. 188) einen Aufsatz
über die Stiftsbibliothek, dem wir entnehmen, daß die Biblio
thek gegenwärtig 60.000 Bände, 214 Wiegendrucke und 204
Handschriften enthält. Dem rührigen und sachkundigen Eifer
des verdienstvollen Stiftsbibliothekars Chorherrn Hartmann
Pröglhofer ist es mit einigen unter seiner Leitung ar
beitenden Chorherren gelungen, die Bibliothek den modernen
Anforderungen entsprechend einzurichten und durch Anlage
eines genauen Zettelkataloges die praktische Benützbarkeit zu
fördern. Unter dem Propst Frigdian Sch molk erfuhr die
Bibliothek im Jahre 1904 durch die hochherzige Schenkung der
reichen Graf Ealkenhayn sehen Schloßbibliothek zu
Walpersdorf eine wertvolle und mächtige Bereicherung, womit
sich ein gewaltiges neues Arbeitsfeld der Fürsorge des Biblio
thekars erschloß, der den neuen Zuwachs in glücklicher, sach
gemäßer Weise mit dem alten Bestände zu vereinigen und
durch Anlage eines Zettel- und eines Fachkataloges samt einem
Buchkatalog (Standortregister) nutzbar zu machen verstand.
Ebenso publizierte Pröglhofer in den »Mitteilungen des öster
reichischen Bibliothekswesens« die schönen Wiegendrucke,
welchen binnen kurzem die Veröffentlichung des Handschrifter-
kataloges folgen soll. *
(Tirols P f a r r a r c li i v e.) Aus Innsbruck wird
uns geschrieben: Ueber Anregung des Tiroler Landesarchivars
Dr. Karl Böhm hat der jüngst verstorbene Fürstbischof von
Brixen Dr. Josef Alten weise 1 kurz vor seinem Tode in
einem Erlaß an den Diözesanklerus von Deutschtirol die Rege
lung des Pfarrarchivarwesens in die Wege geleitet. Dieser
Schritt ist für den Forscher von außerordentlicher Bedeutung,
denn die reichen Bestände der Pfarrarchive, die besonders in
Tirol eine Unsumme von wertvollstem historischen und kultur
geschichtlichen Materiale bergen, waren bisher für wissen
schaftliche Arbeiten so gut wie unzugänglich. Dazu ließ die
Verwaltung und Verwahrung der manchmal außerordentlich
kostbaren Schätze nur zu häufig alles zu wünschen übrig, und
es lag die Gefahr nahe, daß die Bestände vieler Archive rml
der Zeit vollständig zugrunde gehen.. Eine von Dr. Karl Böhm
im Aufträge des verstorbenen Fürstbischofes verfaßte »An
leitung zur Ordnung der Pfarrarchive der Diözese Brixen«, die
auf den modernen wissenschaftlichen und praktischen Grund
sätzen der Archivkunde aufgebaut ist, und auch dem Laien ge
nügende Winke und Handhaben bietet, ist jetzt an alle Pfarr
ämter Deutschtirols abgeschickt worden und so werden wohl
bald die wünschenswerten Vorkehrungen zur dauernden
Sicherung und entsprechenden Verwahrung der Archivalien
getroffen werden. Bisher war es von den österreichischen Kron-
ländern nur in Oberösterreicti teilweise möglich, die
Pfarrarchive zu wissenschaftlichen Arbeiten zu benützen, nach
dem dort die wichtigsten Materialien seit 1902 in einem ge
meinsamen Diözesanarchiv vereinigt sind. In den übrigen. Län
dern konnte man nur unter großen Schwierigkeiten Einblick
in die Pfarrarchive erlangen. Tirol, das als reichste Fundgrube
dieser Art seit jeher von vielen Forschern aufgesucht war,
hatte übrigens schon bisher das voraus, daß die Bestände der
deutschtirolischen Pfarrarchive, soweit das Mittelalter in Be
tracht kommt, bis ins einzelne, soweit sie die Neuzeit um
fassen, in summarischer Weise von Oswald Redlich und
E. v. O 11 e n t h a 1, jene der Gerichtsbezirke Kufstein und Kitz-
biihel von Ferdinand Kogler in den »Archivberichten aus
Tirol« verzeichnet sind. Aber diese Registrierung ist nur un
vollständig und lückenhaft. Durch die nun eingeleitete Ordnung
aller Pfarrarchive wird mancher wertvolle Schatz bloßgclegt
werden.
Bilder.
(Neue Werke von Tizian und Rubens.) Der
schwedische Graf Trolle-Boude, der kürzlich den Herren
sitz Säftaholm erworben hat, hat einen Teil der bekannten
dortigen Galerie an den Kopenhagener Antiquar Marcus
verkauft. Dieser will nun in zwei Bildern unzweifelhaft Werke
von Rubens und Tizian erkannt haben. Das dem Tizian
zugeschriebene Porträt stellt einen älteren unbekannten Mann
dar im schwarzen Hut und Mantel vor einer Herbstland
schaft. Das Rubens-Porträt ist im Katalog aufgeführt als
Bildnis des Philippe le Roy, spanischen Tresoriers in den Nie
derlanden um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Der Darge
stellte trägt die spanische Halskrause, dunklen Mantel und
auf der Brust eine Goldkette. Die schwedischen Blätter sinJ
über den Verkauf sehr ungehalten Und verlangen die Rück
erwerbung der Werke; der dänische Staat ist aber bereits in
Ankaufsverhandlungen eingetreten.
(F i n Gemälde Cranachs) ist, wie aus Pirna
gemeldet wird, in der Sakristei der Anstaltskirche auf dem
Sonnenstein gefunden worden. Es handelt sich um ein die
Kreuzigung Christi darstellendes Bild, das lange unbeachtet
geblieben war, bis dann Sachverständige das Meisterwerk
Cranachs in ihm entdeckten. Jetzt befindet sich das Bild, das
seinerzeit bei der Uebersiedlung der Geisteskranken aus dem
Schlosse Hartenfels zu Torgau nach dem Sonnenstein ge
kommen war, in der Dresdener Gemäldegalerie, die dafür mit
anderen Bildern eine Entschädigung gewährte.
Handschriften.
(Ein Fragment der koptischen Bibelüber
setzung.) Das British Museum publizierte jüngst eine
Papyrus-Handschrift mit den sahidischen Acta Apostolorum,
welcher eine besondere Bedeutung zugeschrieben wird. Pro
fessor Karl Wessely macht nun hiezu der Wiener Aka
demie der Wissenschaften die Mitteilung, daß er bei der
Uebernahme des koptischen Bestandes der Sammlung
Papyrus Erzherzog Rainer einen Erdklumpen von
doppelter Faustgroße vorfand, der sich aber von anderen
durch sein Gewicht unterschied. Die Reinigung und Aufblätte
rung der Handschrift erheischte nicht geringe Mühe und Ge
duld, schließlich gelang es ihm, durch alle Hindernisse zum
Texte vorzudringen und sämtliche 77 Blätter, die hier nun
Vorlagen, zu entziffern. Es zeigte sich, daß auf diese Weise
eine Handschrift der sahidischen Acta Apostolorum dem