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Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 18 
aus u... Metall — darunter die überaus kostbare 
Maria -Mi' Monstranz mit zirka 4000 Edelsteinen — vervoll 
ständigen die Ausstellung. 
Einen lehrreichen kleinen Kursus der religiösen Kunst in 
Oesterreich gibt auch die Ausstellung, die die Direktion der 
kaiserlichen Gemäldegalerie im Kunst historischen 
Holmuseum arrangiert hat. Vom 18. Jahrhundert führt die 
Darbietung bis zu unseren Romantikern. Der Wechsel in der 
Anschauung und Auffassung wird einleuchtend klar. Der 
Kremser Schmidt und Führich sind die Gipfel der beiden 
Richtungen. Dazwischen liegt F ii g c r. 
Vom Kremser Schmidt ist der prachtvolle heilige Mar- 
tinus dominierend. Hier ist viel Tiepolo und doch Eigen 
art, Eigenwille auch. Neu ist für viele eine reich bewegte Oel- 
skizze von H. F. Maulpertsch, »Der heilige Nepomuk zum 
Tode geführt«. Daniel Gran, Altomonte, Paul Troger 
durften nicht fehlen, Neben den berühmten taucht auch ein 
wenig bekannter Name, Tobias -P o c k, auf. Ein tüchtiger 
Meister, der zu Anfang des 17. Jahrhunderts lebte und nach 
1675 starb. 
Heinrich Fügers »Predigt Johannes des Täufers« ist nach 
SOjährigem Schlummer im Depot neu entrollt und aufgespannt 
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worden. Das Bild wurde über kaiserliche Bestellung 1804 iiir 
die Hofkapelle gemalt, wohin cs jedoch nicht, oder höchstens 
bloß für kurze Zeit gelangt zu sein scheint. Es ist eine süßlich- 
empfindsame Arbeit, für die wir heute wohl historischen 
Respekt, aber keinerlei Begeisterung auizubringen vermögen. 
Neben Führichs Hauptwerken aus der Galerie entzücken 
eine Reihe seiner Handzeichnungen durch den edlen Rhythmus 
ihrer Linienführung, durch die zarte Bestimmtheit der durch- 
gefiihlten Umrisse. Kupelwieser ist dagegen viel flauer 
und schwächer, obschon immer noch achtenswert. Johann 
E r, d e r, S t e i n 1 e, Scheffer v, Leonhardshof zeigen 
ihr Können, ihren Ernst und ihre Empfindung. Ihnen verwandt, 
obschon poetisch verweltlicht, ist S c h w i n d s treudeutsche 
große Kunst. Sein großer Karton zu Haydns »Schöpfung« ist 
eine bedeutende edle Arbeit, selbst eine »Schöpfung«, ganz im 
Geiste Haydns, und sie prägt sich dem aufmerksamen Be 
trachter tief ein. Es sind auch die schönen Skizzen zu den 
Glasfenster zu sehen, die .Teile (181 4bis 1893) im Aufträge 
des Kaisers Franz Josef für die Marien-Kapelle in Konstanz 
entwarf. 
Eine weitere Ausstellung ist die in der Hofbibliothek, 
die in folgendem eingehend besprochen wird. 
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Die Ausstellung in der Wiener Hofbibliothek. 
Die Wiener Hofbibliothek hat eine Ausstellung ver 
anstaltet, die etwa 150 Handschriften, 150 Drucke und 10 Stiche 
in 92 Vitrinen umfaßt und eine vorzügliche Uebersicht über die 
kirchlichen und ’kirchenrechtlichen Skripten bietet, die zum 
Besitzstand der kaiserlichen Bibliothek gehören. 
Beim Eintritt in die Ausstellung gelangt man zunächst in 
das »Langhaus«, das der Liturgie gewidmet ist. Links fällt 
zunächst in Vitrine 7 ein Fronleichnamszug vor König 
Matthias Corvinus von Ungarn und seiner Gemahlin 
Beatrix von Aragonieti ins Auge. Im Gegensatz zu diesem 
farbenprächtigen Bild sieht man in Vitrine 8 den goldenen 
Psalter Karls des Großen und das Sakramentar (Meß 
gebete des Priesters am Altäre) Gregors des Großen. 
Die übrigen Meßbücher, Pontifikate und Psalter aus dem 9. bis 
15. Jahrhundert, darunter die Wiener Bearbeitung von 
Notkers (St. Gallen) Psalmenübersetzung seien nur ge 
streift, ebenso das Graduale für Rudolf III. und Elisabeth 
sowie die Liturgik von Duranti für Alb recht III. und seine 
Gemahlin Beatrix von Hohenzollern, Zierden wienerischer 
Kunst des 14. Jahrhunderts. 
Bei der Säuäe überschreiten wir die Grenze der rein 
liturgischen Abteilung und kommen zu der Gruppe, die bis 
zum Rundbau reicht und, in weiterem Sinne liturgisch, das 
Konzil von Trient darstellt. Die Bilder an den Wänden 
zeigen Papst Paul III. (Stich von Veneziano), den Berufer, 
Papst Pius IV. (Beatrizet), den Fortsetzer und Beender des 
Konzils, in der Mitte beider den Vollender der Reformen. 
Papst Sixtus V. (Scavezzi), den früheren Hirtenknaben. Die 
Vitrinen füllt des Wiener Bischofs Nausea unermüdlich ver 
söhnende Tätigkeit, während die Namen Leipzig und 
Worms auf die vorbereitenden Religionsgespräche in 
Deutschland, Bologna auf die Verlegung des Konzils von 
Trient und Poissy auf die Nebenströmung in Frankreich 
weisen. Konzilsväter (H o s i u s), Gesandte katholischer 
Mächte (Frankreich und Bayern) und sachverständige Theo 
logen (T o r r e s) kommen zu Worte. Die erste Ausgabe der 
Verhandlungen in deutscher Sprache zeugt von dem lebhaften 
Interesse für dogmatische Fragen. Einen hervorragenden Platz 
nehmen die eigenhändig geschriebenen Briefe des heiligen 
Karl Borromäus ein, der die rechte Hand Papst 
Pius IV. war. 
Im Kuppelbau liegen die ältesten Drucke, aus den 
Jahren 1450 bis 1500, liturgische und katechetische, vermengt. 
Neben der Abhandlung über die Eucharistie des Regensburger 
Bischofs Albertus Magnus gibt es Armenbibeln, das 
heißt, Bibeln für Ungelehrte, holzgeschnittene Darstellungen aus 
dem Neuen Testament mit Vorbildern des Alten. Der erklärende 
Text ist mit den Bildern aus einer Tafel geschnitten und ge 
druckt, daher der Name Tafel- oder Blockdruck. Sie sind den 
gleichzeitigen handschriftlichen Armenbibeln im Text fast voll 
kommen gleich, an Feinheit der Zeichnungen aber weit über 
legen. Den Platz am Fenster behauptet die Gutenberg- 
Bibel, 1450 bis 1452 in Mainz entstanden, der erste Druck 
überhaupt, der Stolz deutschen Gewerbes. Daneben der Psalter 
von F u s t und S c h ö f f e r, ein noch heute unerreichtes 
Meisterstück. An den Wänden sind die Bilder der deutschen 
Kaiser aus dem Hause Habsburg, von Maximilian I. bis 
Karl VI. und Maria Theresia zu sehen. 
Mit dem oberen »Langhaus« beginnt bis zur Säule die 
katechetische Abteilung im engeren Sinne. »Katechis 
men« gab es erst seit Luther, aber außer den Armenbibelu 
dienten dem katechetischen Zwecke auch andere Bilderbibeln, 
wie die in Vitrine 30 aufliegende französische, mit historischen 
und allegorischen Darstellungen nebeneinander, ferner enzyklo 
pädische (Matfre von Ermengau aus der Provence) 
und geographische Schriften (Monteville). Die Weltchronik 
Rudolfs von E rn s und seines Nachfolgers Heinrich von 
München war die Quelle, aus der das deutsche Volk durch 
Jahrhunderte theologische Belehrung schöpfte. Bald setzen 
auch theatralische Aufführungen ein. Eine Wiener 
Handschrift, die einzige, die es gibt, hat ein deutsches 
Osterspiel vom Niederrhein erhalten. Die im 
weiteren Sinne katechetische Gruppe bilden Bibeln und 
Evangelienbücher. Eine mit Purpur getränkte Pergament 
handschrift des fünften Jahrhunderts enthält 
Proben des griechischen Urtextes des Neuen Testaments, und 
eine zweite aus dem 6. Jahrhundert die lateinische Ueber- 
setzung (Vulgata) des heiligen Hieronymus. Beide sind in der
	        
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