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Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 19 
kommen, ist von Uebel und ist kulturwidrig, barbarisch 
und v irkt zersetzend und zerstörend, nicht aufbauend. 
Es genügt vollkommen, wenn man für Museumszwecke 
gute Kopien herstellt mit Hilfe eben des hochentwickelten 
Fälscherkunsthandwerkes. Das gilt ebenso von Möbeln 
und aller Art Hausgerät, wie Goldschmiedearbeiten und 
selbst Trachten (Heimatliche Trachtenmuseen — eine 
wichtige Aufgabe für sich). 
Nebenbei bemerkt, gilt cs auch für naturwissen 
schaftliche Museen, den hier geltend gemachten Gesichts 
punkt zu verwerten, so zwar, daß man in Geologie, Geo 
graphie, Botanik, Zoologie vom Heimatsorte ausgeht und 
zunächst eine Sammlung der heimatlichen Pflanzen, 
Tiere, Steine u.-s. w. zusammenbringt. Hat doch die Päda 
gogik endlich diesen Grundsatz, in konzentrischen Kreisen 
vom engsten Heimatsorte aus weiter zu schreiten, sich 
zu eigen gemacht. Kurz, das Heimatsprinzip, das von der 
modernen Biologie und Vererbungstheoric gestützt wird, 
isl es, das unser gesamtes Museumswesen umgestalten 
muß, wie es unsere Pädagogik umzugestalten im Begriff 
ist. Auf allen Gebieten gibt cs zuvörderst Heimatskunde 
zu treiben, zu den heimischen Quellen zurückzugehen und 
von da aus organisch den Weg in den breiten Strom der 
Volkskunde zu verfolgen, nicht aber, wie früher, gleich 
von Anfang an das ganze Ausland zu umfangen und für 
Internationalität von Kunst und Wissenschaft zu 
schwärmen. Die Kunst ist vor allem einmal national und 
die Aufgabe der Wissenschaft ist es, vor allem den histo 
rischen und entwicklungsgeschichtlichen Voraussetzungen 
des heimatlichen Lebens nachzuspüren. Die Geschichte 
selbst sollte diesen sozusagen geozentrischen Standpunkt 
sich zu eigen machen, aber es ist eine alte Sache, daß wir 
auf den Schulen die fremdländische Geschichte besser 
kennen lernen, als die Heimatsgeschichte, und mit der 
Geschichte als Wissenschaft ist es nicht viel anders. Das 
war die Zeit, als wir in den botanischen Gärten ebenso 
wie in den zoologischen Gärten am Fremdländischen uns 
ergötzten, für das Exotische auf allen Gebieten in Leben, 
Kunst und. Wissenschaft uns begeisterten und die Perlen 
des Vaterlandes und der Heimat vergeudeten — die Zeit, 
als wir alles, was international war, anbeteten und kosmo 
politischen Träumereien nachgingen, als wir versuchten, 
den deutschen Kulturbaum an den Blättern und Aesten 
mit den Wurzeln nach oben in die Erde zu bringen. 
Fasse die Welt an einem Zipfel und du hast sie ganz. 
Dieser Zipfel kann immer nur die Heimat sein. So weit 
sind wir heute, das einzusehen. Es wächst alles aus 
Zellen, Ei und Keimen, aus Mutterleib und Mutterboden. 
Diesen Mutterboden der Heimat und des Vater 
landes gilt cs zu suchen, zu lieben, zu ergründen, zu um 
fassen. Heimatspolitik und Heimatskunst. Heimatskunde 
und Heimleben. 
Heimatsmuseen, nicht internationale Museen, sind es, 
die wir vor allem brauchen, Heimatsmuseen auch als Frei- 
luftmuseeri, wie Skansen bei Stockholm, und als eine 
Art lebenden Heimatsmuseums sogar die Naturschutz 
parke, an die wir jetzt denken. 
□?□ müsii 
Zwei unbekannte Gemälde von Hans Baidung Grien. 
Von Paul Bergner (Prag).*) 
In der reichhaltigen und interessanten Gemälde 
sammlung des Bohuslav Grafen Kolowrat-Kra- 
kowsky-Liebstein-sky, die im Schlosse zu 
P e i c h e n a u a. d. K. in Böhmen untergebracht ist, fand 
ich zwei Gemälde von Hans Baidung Gr Len. 
Wie Baidungs Gemälde in Kassel stellt das eine der 
Reichenauer Bilder, die Monogramm, Datierung und Auf 
schriften des Meisters tragen, den Ringkampf des Her 
kules mit Antäus dar, ist aber in der Komposition und 
Auffassung abweichend vom Kasseler Bilde. Auf unserem 
Bilde steht vorne der nackte, bärtige Herkules und hält 
den ebenfalls nackten, vor Entkräftung zusammengesun 
kenen Antäus über dem Erdboden. Auf der rechten Schul 
ter des Herkules das flatternde Löwenfell. Malerisch 
interessant sind hier die Kontraste der beiden nackten 
Körper. Herkules mit beinahe weißlichem Fleischton, aber 
auffallend rotgelben. Schatten, die namentlich an den 
spielenden Muskeln die Anstrengung im Kampfe charak 
terisieren, während Antäus’ gleichmäßig gelblicher Kör 
per uns den überwundenen, abgematteten Kämpfer zeigt. 
Ein Versuch, durch koloristische Mittel den Vorgang 
zu charakterisieren, der auch sonst bei dem Meister be 
obachtet werden kann. Pechts bilden die in gleichmäßi 
gem Braun gehaltenen Felsen eine Höhle, vor welcher 
unter Steinen Löwenfelle liegen. Vor den Kämpfern auf 
*) Wir entnehmen den interessanten Aufsatz dem eben 
erschienenen »Jahrbuch des kunsthistorischen Institutes der 
k. k. Zentralkommission für Denkmalpflege«. Herausgegeben 
von Professor Max Dvorak, Wien. In Kommission bei Anton 
Schroll & Co. 
der dunkelgrünen Grasfläche liegt die Keule. Links Archi 
tektur, auf einem Pilastcrkapitäl die Inschrift ElERCVLi 
In der Mitte Durchblick auf bewaldete Berge. Leichte, 
weißliche Wolken ziehen gegen den nach oben blauen 
Himmel. Links unten auf einer Steinfläche die Datierung: 
»1530.« 
Das zweite Gemälde stellt den .Opfertod des Gurtius 
dar. Der Held ist gerade im Begriffe, sich in voller 
Rüstung mit dem Pferde in den rauchenden Erdschlund 
zu stürzen. Sein braunes Pferd mit weißer Mähne und 
hellgcblichem Schweife ist im Sprunge. Der Held sitzt 
auf einem Löwenfeil und zieht mit der Linken den Zügel 
zurück, während die Rechte das kurze Schwert wie zum 
Angriffe schwingt. Er trägt einen blauen Helm, gelblich- 
braunen Brustpanzer, über die Lenden ist ein dunkel 
braunes Tuch gelegt und von den Schultern herab flattert 
sein dunkelrot-violetter Mantel und richtet seinen Blick 
gegen den links unten gähnenden Erdschlund, aus wel 
chem das Feuer und die verpestenden Dämpfe auf 
steigen. Pechts unter dem Felsen stehen einige Männer 
und Frauen und blicken mit traurigen Mienen zu den sich 
Opfernden emper. Hinter dieser Gruppe kommt auf einem 
Schimmel geritten ein alter, weißbärtiger Vornehmer 
mit Hermelinkragcn, dunkelrotem Gewände mit blauen 
Aermeln, um der Szene beizuwohnen. In der Ferne links 
ein Steingebäude, dessen Fenster und Mauern mit Frauen 
und Männern besetzt sind, die den Sturz des Ritters mit 
ansahen. Im Hintergrund zieht sich durch hohes, blaues 
Gebirge ein Tal. Der lichtblaue Himmel wird durch die
	        
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