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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 19
Kaufleutc darstellen. Bei allen ist staunenswert, wie der
Künstler sein Material beherrscht und wie er trotz der
Kleinheit eine vollständig individuelle Erscheinung dar-
zustellen weiß. In ähnlicher Art, doch aus Elfenbein ge
schnitzt und dann farbig getönt, ist die Medaille eines
Kitters.
Die Kleinporträtkunst seit dem 17. Jahrhundert
repräsentiert sich in der Sammlung, abgesehen von dem
fast miniaturartigen Gemälde der Gräfin Philippina
Sabina von Hohenlohe auf Kupfer, überwiegend durch
Wachsbossierungen, einem künstlerischen Gebiet, das
uns Modernen beinahe vollständig unbekannt geworden
ist. Wohl durch die Kunst der Goldschmiede groß ge
worden, ist diese Kunstgattung seit dem 16. Jahrhundert
selbständig geworden. Das älteste Stück der Sammlung,
ein Porträt Papst Pius V., wird R o s s i zugeschrieben.
Schon ganz barock in der Modellierung und Farben
gebung ist Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz und ein
männliches Porträt. Einer etwas anderen Richtung der
Barocke gehört das feine Porträt des Erzbischofs von
Mainz Karl Heinrich von Metternich an, das mit seinem
weißen Wachs auf dunklem Grund den Gegensatz
big. 3. Bassianus und Cavineus.
zwischen Hell und Dunkel betont. Ueberhaupt scheint
im 18. Jahrhundert das weiße Wachs dominiert zu haben,
wie die Porträts von Dr. Joh. Christian Senkenberg aus
Frankfurt, eines Fürsten, des Herzogs Ernst und der
Herzogin Amalia von Weimar zeigen. Doch setzte schon
mit dem Louis-scize neben Rosawachs wieder das
farbige Wachs, meistens auf schwarzem Schiefer ein,
das in der Biedermeierzeit zur Alleinherrschaft gelangt.
Anfangs sind die Farben noch lichter, werden dann aber
in der hausbackenen und manchmal sehr naturalistischen
Biedermeierzeit immer kräftiger. Wie wenig gekannt und
erforscht gerade in dieser Zeit die Wachsbossierung ist,
sicht man am klarsten daran, daß man von den wenigsten
Künstlern die Lebensdaten kennt. So geht es mit Biickle
um 1782, F. C. Wimmer in Konstanz um 1789, Anton
Didich um 1795, Xav. Carriger um 1807, Benedikt Gäriger
um 1818, Karl E. Lode um 1819, L. Heybolt um 1820,
F. Brugger um 1830 bis 1847 und Sprecher um 1840 bis
1850. Die ungefähren Daten kennt man dagegen bei
J. Hinei, Wachsbildner in Mannheim um 1800 bis 1825,
Jos. Christen, Bildhauer, geb 1769 zu Buochs, Kanton
Unterwalden, seit 1701 in Basel, und Friedrich Brechter,
Schüler von Hinei, Wachs- und Tonbildner in Mann
heim, 1800 bis 1890, der bezeichnenderweise nebenbei
Konditor war.
Von anderen Porträts seien noch das aus Alabaster
von Ohmacht (Fig. 1) und das Alabasterrelief Al. Ber-
thiers, Herzogs von Neuenburg (Fig. 2) genannt. Von
einem gewissen N. Schrödl sind drei Elfenbeinmedaillons
von Baron M. C. Rothschild und zweier Töchter.
Zwei ganz bedeutende Arbeiten, die dem rück
sichtslosesten Naturalismus huldigen, sind die zwei
Terrakottabüsten des Hieronymus Lukanus und des
Max. Retius, wohl zweier italienischer Professoren, die
dem 16. Jahrhundert angehören. Ihre Naturwahrheit
wird durch die prachtvolle Polychromierung künst
lerisch parallelisicrt. Derselben Zeit entstammt auch eine
Chfistusbüste, die ähnliche Qualitäten zeigt.
Auch unter den anderen Kunstgattungen, die die
Sammlung umfaßt, sind hervorragende Stücke enthalten.
Das Porzellan verschiedener deutscher Manufakturen ist
meistens figürlicher Art, darunter einige interessante
Porträtmedaillons. Besonders dürfen genannt werden
die zierlichen, frühen Höchster Gruppen: Schmiede und
Schweineschlachten sowie die Schustergruppe, dann ein
seltenes Kasseler Figürchen: ein Hirtenknabe, das Lim-
bacher Figurenpaar: Sommer und die vier idyllischen
Züricher Gruppen. Das beste unter den Arbeiten in Metall
sind neben anderen Plaketten ein schönes, altvergoldetes
Exemplar von Peter F1 ö t n e r s »Memento mori« und
eine getriebene, seltene Renaissancearbeit: eine Taber
nakeltür mit dem Kalvarienberg aus Geisingen.
Außer den schon erwähnten Buchsschnitzereien sind
aus Buchsholz noch eine Serie entzückend feiner Messer
griffe des 17. Jahrhunderts, verschiedene Buchsreliefs
und Figuren und aus asiatischer Kokosnuß geschnitzte
Nadelbüchsen erwähnenswert. Eine gute Arbeit des
ausgehenden 16. Jahrhunderts ist die Solnhofer Platte
mit der Kreuzigung Christi, die trotz des feinkörnigen
Materiales ehemals gefaßt war, wie die Spuren noch
zeigen.
Die wenigen alten Gemälde weisen auch ein sehr
farbenprächtiges altniederländisches Stück auf: Be
weinung Christi, um 1510, das noch unter dem nach
haltigen Einfluß Rogier von der Weydens steht und nach
verschiedener Richtung hin ein eingehenderes Studium
verdient.
Die Sammlung A. Heß, wie sie jetzt in ihrer ge
wählten Zusammensetzung und der gediegenen Qualität
ihrer Stücke vor uns liegt, wird w r ohl ohne Zweifel das
rege Interesse ernsthafter Sammler guter Kunstgegen
stände erwecken.
Von den Medaillen bringen wir in Fig. 3 ein interessantes
Stück. Der Avers zeigt die Profilbrustbilder zweier bärtiger
Männer nach rechts; die Umschrift lautet: ALEXAND. BAS-
SIANVS. E. [OHAN. CAVINEVS-PATAVINI. Der Revers zeigt
die Göttin in ganzer Gestalt aufrechtstehend, in der Linken ein
Füllhorn mit Früchten, zu Füßen ein Schweinshaupt. Um
schrift: LEGIFERAE CERER1.