MAK
Nr. 2 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 29 
lang an. In den Schatzkammern europäischer Fürstlichkeiten 
bewahrte man neben den unversehrten auch die zerbrochenen 
Porzellangeiäße sorgsam auf und führte sie beim Inventar ge 
wissenhaft mit an. Natürlich strebte man aber danach, den Bruch 
nach Möglichkeit zu verhüten, und ließ darum die Porzellan- 
r 
Fig. 9. Meißener Kanne. 
geschirre in Gold und Silber fassen. Ein einfaches, weißes Por 
zellanbecken. das Isabella der Katholischen gehörte, wurde um 
das Jahr 1500 mit zweiundzwarizigkarätigem Gold im Gewicht 
von einer Mark und drei und einer halben Unze beschlagen. 
Diese Goldfassung wäre nach unserer heutigen Berechnung 
rund 720 Mark wert gewesen, bedeutete für jene Zeiten also 
fast ein kleines Vermögen. Bei den damaligen gesalzenen 
Porzellanpreisen war es natürlich eine aufregende Sache, mit 
dem zerbrechlichen Stoff zu hantieren, und der arme »Jubilierer«. 
bei dem anno 1597 Graf Caspar von Fürstenberg ein paar 
»porsolynen Schalen mit Gold beschlagen« ließ, wird gewiß 
nicht »jubiliert« haben, als er bei der Ablieferung eingestehen 
mußte, daß er »das eine Porsolan Drinckgeschirr unterwegs 
zerfallen« habe. 
Waffen. 
(Neuerwerbungen des Berliner Zeug 
hause s.) Durch eine Zuwendung aus dem Dispositionsfonds 
des Kaisers Wilhelm ist es dem Berliner Zeughaus möglich ge 
worden, eine hochbedeutende Waffensammlung zu erwerben, 
deren Reichturn an mittelalterlichen Schwertern das Zeughaus 
in dieser Hinsicht zu einer der allerreichsten Sammlungen der 
Welt macht. Ueber diese wichtige Neuerwerbung gibt Dr. 
Post in den Amtlichen Berichten aus den königl. Kunstsamm 
lungen ausführliche Kunde. Die Sammlung stammt aus dem 
Nachlaß des ausgezeichneten französischen Gelehrten Viktor 
F a y, der das ganze Gebiet mittelalterlichen Kunst- und 
Kulturlebens durchforschte und die Resultate seiner wichtigen 
Sammlungen und Studien in einem großen, zu seinen Lebzeiten 
nur bis zum Buchstaben G erschienenen lexikalischen Hand 
buche niederlegte. Nach seinem Tode ging der größte Teil der 
reichhaltigen Kunstsammlung, die Fay in mehr als zwanzig 
jährige! Sammlertäügkeit zusammengebracht hatte, als Ver 
mächtnis an den Louvre über. Einzelne Abteilungen aber wui- 
den versteigert, darunter auch die umfängliche Waffensamm 
lung, die ein Pariser Waffenhändler aufkaufte. Diese Kollektion, 
die rund 170 Stücke zählt, darunter 40 Schwerter, 45 Dolche, 
30 Stangen- und Schlagwaffen, 18 Sporen, 2 schmiedeiserne 
Geschützrohre und 3 Helme, ist nun in den Besitz des Berliner 
Zeughauses gelangt. Die Sammlung zeichnet sich nicht so 
durch hervorragende Werke von hohem künstlerischen Reiz 
aus, als durch vollständige Serien von Waffen guten Mittel 
schlages. Besonders wichtig ist die Schwertfolge, die fast 
lückenlos die Entwicklung von der fränkischen Spatha bis 
zum Renaissanceschwert veranschaulicht. Die fränkische 
Spatha, die das älteste Stück darstellt, füllt die empfind 
lichste Lücke in der Schwertersammlung des Zeughauses aus; 
sie ist eine vernehme Waffe, wie man aus dem gut erhaltenen 
Gefäß sehen kann, dessen Eisenteile früher noch mit edlerem 
Material geschmückt gewesen sein müssen. Vielleicht als inter 
essantestes Stück der Sammlung darf ein frühromanisches, bei 
Paris ausgegrabenes Schwert mit gut erhaltener Scheide 
gelten, dessen stark verrostete und abgebrochene Klinge deut 
liche Spuren von Damaszierung aufweist. Mit dem Schwert 
zusammen wurde die Oese einer silbernen Gürtelschnalle aus 
gegraben, deren plumpe Pflanzenornamente auf vertieftem und 
vergoldetem Grunde eine Datierung in die frühchristliche Zeit 
wahrscheinlich machen. Das Schwert aber kann nicht aus so 
fiiiher Zeit stammen, da ciie halbkreisförmige Bildung des 
Knaufes die Waffe in das 11. bis 12. Jahrhundert weist. So 
mußte denn auch die Annahme von Fay bezweifelt werden, der 
das Schwert mit der Schnalle in Zusammenhang brachte und 
es einem friesischen Normannen aus der Belagerungszeit von 
Paris SS5 in die Hand gab. Eine Reihe sehr schöner Schwerter 
mit feinen Inschriften auf der Klinge und schön geschnittenen 
Knäufen gehört dem 12. und 13. Jahrhundert an. Aus der großen 
Zahl von Schwertern des 14. bis 16. Jahrhunderts, ist eine so 
genannte Ochsenzunge bemerkenswert, eine derbgearbeitete 
wuchtige Hauswehr, deren Schönheit auf ihrer Gebrauchsfähig 
keit beruht. Von den 45 Dolchen, die vorwiegend dem 14. und 
15. Jahrhundert angehören, gleicht fast kein Stück dem 
anderen, und es entfaltet sich ein Bild gotischer Formfreudig 
keit. die sich an dieser leichteren Waffe freier auslebtc, als an 
dem ernsten Schwert. Einige dieser Dolchmesser sind kleine 
Meisterwerke der Waffenkunst. Unter den Schutzwaffen der 
Sammlung steht in erster Linie ein gotischer Topfhelm, der 
bis auf das zertrümmerte Scheitelstück gut erhalten ist. ln 
einem lebendigen Gegensatz zu diesem ungefügen kraftvollen 
Kopfschutz steht eine dem 16. oder 17. Jahrhundert angehörige 
elegante türkische Kesselhaube, deren Hauptzierde die silber- 
tauschierten breiten Schriftzeichen, deren Sinn noch nicht ent 
ziffert ist, und die vielleicht ein bloßes Dekorationselement 
bilden, darsteilen. 
Verschiedenes. 
(Tschudis Nachfolgerschaft.) Der »Voss. Ztg.« 
wird aus München geschrieben: Wie von zuverlässiger 
Seite versichert wird, soll die viel erörterte Frage der Nach 
folge. Tschudis keineswegs in der allernächsten Zeit zur Ent 
scheidung kommen. Tschudi hat während seines leidenden Zu 
standes einigen jüngeren, von ihm ausgebildeten Museums 
beamten (zunächst Dr. Hei n z, Braune, aber auch Dr. 
August Mayer) die künstlerische Aufsicht der alten Pina 
kothek übergeben müssen, die im Sinne ihres Vorgesetzten 
einige Neuordnungen selbständig vollzogen haben. Es besteht 
insoferne keine Eile, das bereits bei Lebzeiten Tschudis ge 
schaffene Provisorium aufzuheben und den anspruchsvoll ge 
wordenen Posten sofort zu besetzen. Eine viel wichtigere und 
nächstliegendere Sorge ist es, das Vermächtnis Tschudis 
(eine größere Kollektion bedeutender Franzosen) n n g e- 
mindert München zu sichern. Die Aussichten dazu sind 
günstig, da die notwendigen Mittel zum großen Teile durch 
Tschudis Anhänger und Freunde gedeckt sind. Die noch ge-
	        
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