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Nr. 2
Internationale
heim gehaltene, aber hoffentlich in nicht zu ferner Zukunft ge
plante Tschudi-Gedächtnis-Ausstellung wird
alle Erwartungen übertreffen.
(Vernichtete Kunstschätze.) Am 4. d. M. brach
im gräflich Karolyischen Palais in Budapest, das Grat
Ludwig Batthyany bewohnt, ein Brand aus, dem zahl
reiche Kunstschätze zum Opfer fielen. Es verbrannten unter
anderem das »Porträt eines Mannes« von Van Dick, das
die Gräfin Batthyany von ihrem Vater geerbt hatte. Das
Porträt wurde in den Vierzigerjahren in London entdeckt und
von Sachverständigen auf eine halbe Million geschätzt.
Ferner ein Bild von Palamedes, ein Tierstück von Paul
Pott er, zwei Bilder von Leduc und Jan Goyen und
zwölf andere Biidcr niederländischer und flandrischer Meistei
des 14., 15. und 16. Jahrhunderts, eine Landschaft von Mun-
kacsy, ein Porträt von Nikolaus B a r a b a s, ein florenti-
nischer Kasten mit Mosaikintarsien, Jagdszenen darstellend,
aus dem 15. Jahrhundert, eine holländische Wiege eines
Prinzen der Niederlande mit Malereien berühmter Meister
aus dem 17. Jahrhundert, eine japanische Truhe mit Lackarbeit
aus dem 14. Jahrhundert, ein vergoldeter Tisch, der nach
authentischen Urkunden aus dem Besitze Ludwigs XIV,
stammte, ein altdeutscher Divan, ein alter Luster mit
Amoretten aus dem Besitze eines brandenburgischen Herzogs,
ferner kleine Kunstschätze, indische Arbeiten, mehrere
Familienreliquien, ein alter venetianischer Schrank, mehrere
venetiänische Spiegel, Ruhekissen mit Stickerei aus dem Be
sitze Rakoczys und Ilona Zrinyis, Nippes, Teppiche
und Gobelins.
(Der grüßte Kunstsammler Rußlands.) Im
Alter von 80 Jahren ist in St. Petersburg der Oberstschenk
des kaiserlichen Hofes, Graf Sergejewitsch Stroganow,
gestorben. Graf Stroganow nahm durch seinen Reichtum und
durch den Gebrauch, den er von ihm machte, in der russischen
Gesellschaft einen ebenso hohen Rang ein, wie durch seinen
vornehmen, mit der Geschichte Rußlands eng verbundenen
Namen. Graf Stroganow galt als der größte Kunstsammler
Rußlands. In seinem Palast an der Mochowaia, der eine der
Sehenswürdigkeiten St. Petersburgs ist, befindet sich eine
Galerie von unschätzbarem Werte, in der namentlich die
alte niederländische Schule, aber auch die italienische Renais
sance mit Meisterwerken vertreten sind.
(Eine kostbare Schmetterlingsammlung.)
Die Schätze des Museums für Naturgeschichte in Newyork
haben neuerdings durch die Aufnahme einer der schönsten
Schmetterlingsammlungen der Welt eine bemerkenswerte Be
reicherung erfahren. Sie setzt sich aus rund 250.000 Exem
plaren zusammen und stellt einen Wert dar, der auf vier
Millionen zu schätzen ist. Die Sammlung wurde von ihrem
kürzlich verstorbenen Besitzer, Dr. Hermann Strecker
aus R e n d i n g in Pennsylvanien, dem Newyorker Museum
vermacht. Sie enthält einzig in der Welt dastehende Selten
heiten, für deren Beschaffung der reiche Schmetterlings-
Sammler ungeheuere Summen ausgegeben hat. Um beispiels
weise eine Rarität einer in Sierra Leone heimischen
Sehrnetterlingsart der Sammlung einzuverleiben, hatte Dr.
Strecker seinerzeit eine eigene Expedition ausgerüstet, die
auch von Erfolg gekrönt war. Der heißersehnte seltene Falter
mit den gelbrot-schwarzen Flügeln, den sie erbeutete, hatte
freilich auch die Kleinigkeit von 32.000 Mk. gekostet.
(Rückkauf der Xantener Gobelins.) Die vor
einiger Zeit von zwei Ausländern aus dem Dom zu Xanten
gestohlenen wertvollen G o b e 1 i n s, die inzwischen bei einem
Brüsseler Antiquitätenhändler gefunden wurden, sollen, wie
man uns aus Duisburg meldet, von der katholischen
Kirchengemeinde zu Xanten zurückgekauft werden; die
Gemeinde bewilligte hierzu einen Betrag von 2400 Mark' den
der Händler an die beiden Diebe gezahlt hatte.
S a m m l e r - Z e i t u n g.
(Ein n e u g e f u n d e n e s Bildnis des H e r a k 1 i t.)
Ein monumentales Bildnis Heraklits des Dunklen, des ionischen
Naturphilosophen, besaßen wir bisher nicht, nur kleine Münzen
seiner Vaterstadt Ephesos, die viele Jahrhunderte nach seinem
Tode geprägt wurden. Mit ihrer Hilfe hat jetzt Georg
Lippold in Wiirzburg in einer Marmorstatue aus Gortyn
in Candia ein Porträt des großen Denkers wiedererkannt. Die
Uebereinstimmungen mit dem Münzbild, die Lippold in den
Athenischen Mitteilungen des Deutschen Archäologischen
Institutes ausführt, springen in die Augen. Es ist ein heiliger
Mann mit recht derben Zügen dargestellt, dem die Locken auf
die Schultern herabfallen, der Mantel auf der einen Schulter
aufliegt, während er die eine Brust freiläßt. Seltsamerweise
trägt Heraklit wie auf der Münze eine große Keule als eine
Art Spazierstock. Vielleicht führt er dieses Attribut wegen
seines an Herakles anklingenden Namens; vielleicht aber war
es ursprünglich ein gewöhnlicher Knotenstock, der nur in
späteren Wiederholungen irrtümlich als Keule aufgefaßt ist.
Die Statue von Gortyn ist um 200 nach Christus entstanden.
Ihr Original aber muß, wie die in die Stirn fallenden Haare,
die langen Strähnen des Bartes, die tiefen senkrechten Falten
an der Haarwmrzel wie beim Bildnis Platons zu beweisen
scheinen, ins fünfte vorchristliche Jahrhundert gesetzt werden.
(Ausgrabung einer altgall. ischen Stadt.)
Im Departement Lot-et-Qaronne w r urde eine für die
Geschichtsforschung äußerst wichtige Entdeckung gemacht.
Bei Grabungsarbeiten kam man zufällig auf eine ausgedehnte
Ruinenstadt, die sich als die gallische Stadt S o s erwies. Die
Wichtigkeit dieses Fundes liegt in dem Umstande, daß Sos eine
rein gallische Stadt gewesen zu sein scheint, die auch bereits
von Caesar in seinem Werke über den gallischen Krieg er
wähnt wird. Die Einwohner von Sos wmren es, die Caesar im
gallischen Kriege den ersten starken Widerstand leisteten und
den Vormarsch der römischen Legionen längere Zeit aufge-
halten hatten. In den letzten Tagen fand man die Reste der
äußeren Befestigung und zahlreiche Dokumente des gallischen
Lebens auf. In der Nähe der Stadt w-urden alte Minen und
Bergwerke aufgefunden, die darauf schließen lassen, daß es
schon in der altgallischen Zeit eine stark entwickelte Metall
industrie gab. Die Gelehrten hoffen auch noch auf Spuren zu
stoßen, die über das ganze interne Volksleben, über den
gallischen Handel und Verkehr genauere Aufschlüsse geben, als
sie bisher vorhanden sind.
(Die Ausgrabungen in Teil el-Amarna.) Die
Deutsche Orient-Gesellschaft versendet den ersten vorläufigen
Bericht über ihre neu begonnene Arbeit in Teil el-Amarna
in Aegypten, den der Ausgrabungsleiter Professor Borchardt
erstattet. Diese erste Kampagne hat ergeben, daß die Haupt
stadt des Königs Amcnophis IV. ais breit hingelagerte offene
Landstadt angelegt war. Das . Grundschema der Gehöfte der
Wohlhabenderen zeigt ein zwischen Garten und Wirtschafts
hof gelegenes Wohnhaus, im Garten einen Kiosk am Teich,
im Hofe Dienerinnenhaus, Speicher, Vorratsräume, Ställe. Die
Grundrißtypen und die Architektur der Häuser, die man bisher
nur aus Abbildungen an den Wänden der Felsengräber
rekonstruieren konnte, werden nun greifbarer: man unter
scheidet das Empfangszimmer, das Wohnzimmer, das Zimmer
des Hausherrn, die Schlafräume, das Bad und andere hygienische
Einrichtungen. Der Schmuck der Wände bestand aus gemaltem
Gipsputz, wovon naturgemäß nur wenig auf uns gekommen
ist; immerhin erhält man aus einer beigegebeneil Abbildung
eine gute Vorstellung von der Wirkung dieser farbenfreudigen
Dekorationsart. Die Haustüren pflegten lange Inschriften zu
tragen, aus denen sich in einigen Fällen Name und Rang des
Besitzers — Oberpriester, Oberarchitekt u. s. w. — fest
stellen ließ. Unter den Einzelfunden dürften das größte Interesse
wohlerhaltene Lederteile beanspruchen, die meist von der
Bespannung und sonstigen Ausrüstung der Wagen stammen,
doch findet sich auch anderer Hausrat darunter, wie zum Bei-