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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 2
() stade, den Herr Kommerzialrat Herzfelder (noch vor
der Auktion) aus der Frankfurter Goldsclimidt-Sammlung
erworben hat: »Das Schweineschlachten.« Ein derbes
Thema, derb durchgeführt. Die Szene ist vor dem Bauern
haus, mit Ausblick auf freie Landschaft. Der eine Bauer
tötet das Tier, das seine Frau mit einer großen Zange
festhält, ein anderer öffnet die Tonne, in welche das Blut
ablaufen soll. Die Kinder sehen dumm-neugierig zu.
Gleichfalls aus der vorzüglichen Goldschmidt-Sammlung
stammt der vorzügliche Teniers d. Ae., »Tanzende
Bauern«. Wie gewöhnlich vor der Hütte eine Gruppe
plumper männlicher und weiblicher Bauerngestalten im
Reigentanz. Die Landschaft erinnert, wie oftmals beim
älteren Teniers, an die Art der Momper oder des Sammt-
Breughel. Auch dieses Bild ist signiert. An Qualität diesen
Meistern ebenbürtig sind zwei Gemälde der in letzter
Zeit mit Recht hochgeschätzten Quiryn Gerrits B r eke
le n k a m (1626 bis 1678), eines feinen Beobachters und
trefflichen Darstellers einfach menschlicher Züge. Beson
ders fein, beinahe an Pieter de Hoog heranreichend, ist
das Bildchen »Bäuerin, Brot schneidend«. Es ist auf der
Tischkante signiert. »Eine Fischverkäuferin« hinter ihrem
Ladentisch (auf dem Tischrand signiert und datiert Q. B.
1669) ist gleichfalls eine gute Arbeit des Künstlers.
Unter den zahlreichen holländischen Wirtshausszenen
ist eine Darstellung spielender Bauern, eine Kompagnie
arbeit des Kornelius Dusart und des Egbert von
Heemskerk (von beiden Mdistern signiert) besonders
hervorzuheben. Die Behandlung der Figuren, des heil
dunklen Raumes ist erstklassig. — Ich nenne in diesem
Zusammenhang noch Bilder von Craesbeck, Sorgh,
Theobald M ichan.
Eine andere Richtung des niederländischen Genre
bildes vertritt ein geradezu ideal schöner B r e u g h e 1 11.
»Die Kirrneß«. Auf einem grünen Plan im .Dorfe findet
große Festlichkeit statt. Man sieht unzählige tanzende,
schmausende, musizierende Bauern. Links steht das
Wirtshaus, an dem die charakteristische rote Fahne
flattert. Im Hintergründe ist die Kirche zu sehen, Häuser,
Berge, viele kleine Figiirchen. - Dann ist Jan Steen mit
einer sehr lustigen Darstellung gut vertreten, einer
kartenspielenden Gesellschaft von drei Männern und
einem Mädchen. Von Meistern, die auf verwandten Ge
bieten tätig waren: Pieter Wouverman (1623 bis
1682) mit der »Pferdeschwemme« aus der Goldschmidt-
Sammlung, einem besonders reich staffierten Bilde, auf
dem badende Knaben, ein Reitbursche auf dem obligaten
gefleckten Schimmel, ein Eseltreiber auf der Brücke etc.
zu sehen sind. Aelbert C u y p mit einem großen kräftigen
Werk, »Die Rast auf der Jagd«. Von späteren Malern ist
Brakenburg mit drei Bildern vertreten und Tore n-
v 1 i e t mit der guten Darstellung einer Köchin (sämtlich
aus der Sammlung Goldschmidt). Endlich möchte ich
hier ein gutes Reitergefecht anschließen, das wohl dem
Gerard Suellinex zuzuschreiben ist.
Nun aber muß ich mich einer Gruppe von Bildern
zuwenden, die aus dem Atelier Rembrandts, re
spektive von seinen Schülern herrühren. Da ist vor allem
ein kleines Oelbild zu nennen, das vielleicht von des
Meisters eigener Hand stammt. Es ist bloß in Abstufun
gen von Graubraun zu Schwarz, also etwa in Grisaille-
Manier behandelt, und stellt in der für Rembrandt
charakteristischen Gruppierung und seitlich schrägen Be
leuchtung einen alten Mann dar, der im Lehnstuhl sitzt
und mit einer von links kommenden, sich auf den Stab
stützenden Frau lebhaft spricht; deckt sich also teilweise
mit dem Gemälde Nr. 812 im Kaiser Friedrich-Museum zu
Berlin. Rechts auf dem Saume des Mantels liest man die
Signatur R. L. F., die sich auf früheren Arbeiten des
Künstlers findet.*)
Dann enthält die Galerie eine sehr gute alte Wieder
holung des »Orientalen«, und eine sehr schön durchge-
führte biblische Szene mit vielen Figuren, die wohl dem
Gerbrand van den Eeckhout (1621 bis 1674) zuzu
schreiben ist. Das schönste und wertvollste Bild der
Gruppe aber ist ein meisterhaftes Werk des Benjamin
C u y p, eine belebte Szene am Meeresstrande, im gelb
lichen Ton und in der Stimmung erstklassig.
An Porträtwerken enthält die Sammlung wenige,
aber auserlesene Stücke. Eine Perle ist der seltene (in
Oesterreich überhaupt der einzige!), vorzüglich erhaltene
Adam Camerarius, »Porträt eines jungen Mannes
mit blondem Lockenhaar«, welches von Hofstede de
Groot als aus seiner Familie stammend, sofort agnos
ziert und in sein betreffendes Werk aufgenommen wurde.
Das Bild erinnert in der eleganten und gefälligen Manier
an Bartholomäus van der Heist. Rechts Mitte sieht man
die deutliche Signatur, das Monogramm A C. Das
Bildnis eines jungen Offiziers in Lederkoller, mit gelbem
Atlaswams gibt sich in der kecken Manier und in der
Kostümbehandlung als Werk aus der Schule des Frans
Hals zu erkennen. Vielleicht ist es sogar einem Mit-
gliede der Familie Hals zuzuschreiben; der Porträtierte
wenigstens ist dargestellt, wie er eben an die Wand ein
großes H schreibt.
Ein hübsches Brustbild eines Jünglings in Rüstung
möchte ich nach der technischen Behandlung dem
Verspronck zuweisen, und die beiden schönen
Damenporträts dem Caspar Netscher (früher Philipp
van Dyck bezeichnet) und dem Nicolaas M a e s. Das
ersterc, ein überaus delikat und sonnig durchgeführtes
Werk, stellt laut Inschrift die »Justina Clara De moor
(Tochter des Malers De Moor?), getrowd met Lucas
van Voorst, moeder van Eduard Lucas van V o o r s t«,
dar.
Zeitlich und stilistisch wären an diese niederländi
schen Bildniswerke einige Genrebilder der beliebten
Kabinettsmaler anzureihen. Eine anmutige Szene des
Gabriel Metsu, »Ein Kavalier überbringt der Dame
seines Herzens die Jagdbeute«, ein Bild voll feiner Stim
mung und Charakterisierung, dann eine Boudoirszene
»Die Briefleserin«, das ich dem Jacob van Ochter-
velt (Rotterdam, 17. Jahrhundert) zuw'eise: ln einem
eleganten Interieur steht eine reichgekleidete Dame an
dem Tisch und liest einen Brief, den ein Negerknabe im
Pagenkostüm ihr überreicht hat. Die alte Dienerin, mit
der Servierplatte in den Händen, sieht aufmerksam zu. —
Auch ein französisches Bildchen in der Art des V e s t i e r.
eine junge, schöne Dame mit dem Schoßhündchen,
möchte ich hier anreihen.
Endlich seien die ganz entzückenden Landschafts
bilder der Sammlung Herzfelder erwähnt, unter denen ein
ganz ungewöhnliches Werk des Jan Massys, ein in
der Art des Bauern-Breughel gehaltenes, stimmungsvolles
Winterbild, mit charakteristischen Figuren, voll signiert
und datiert, sowie eine überaus feintonige Flachland
schaft des so selten vorkommenden Aert van der
Neer, in erster Reihe stehen. Andere Landschaften sind
ii: der Art des A. C u y p, des E. van Poel, van de
Velde gehalten, ein Kompagniebild des de J o n g h und
C. Berghem ist mit Jongh und CB. signiert.
*) Laut einem unzweifelhaft echten Originalvermerk auf
der Rückseite des Bildes wurde das Gemälde zwischen zwei
Mauern gefunden, gelangte in die Hände des Prinzen C. von
Dänemark, Gemahls der Königin Anna.