Nr. 2
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 21
nauigkeit und Treue nicht gleichkommen, sie tragen als
leichte und geistvolle Variationen der alten Themata Reiz
und Wert in sich selbst.
Die Sammlung Weber hat unter den deutschen
Privatgalerien nicht ihresgleichen, wenn man den Um
fang und die Qualität zugleich berücksichtigt. Der Bilder
bestand erstreckt sich fast über alle Zeiten und über alle
Länder, soweit die Tafelmalerei blühte. Uebrigens hatte
der Sammeleifer Webers die Kunst des XIX. Jahrhun
derts, die hier fehlt, keineswegs vernachlässigt. Die mo
dernen Bilder sind von den Erben zurückgehalten
worden.
Aus den dunkeln Regionen der Vor-Eyckschen Kunst
besitzt die Sammlung ein merkwürdiges Monument. Die
große Zeit des XV. und XVI. Jahrhunderts ist namentlich
durch kölnische Schöpfungen vertreten, in einer fast ge
schlossenen Kette, die sich von dem sogenannten
Meister Wilhelm bis zu dem jüngeren Bartel
B r u y n ausdehnt. Von den Oberdeutschen des
XVI. Jahrhunderts fehlen wenige. Wir stoßen auf die
Namen des älteren Holbein, Hans v. Kulmbachs,
Baidung Grien s, Schaffners, Schäuieleins
und B e h a m s.
In reicher Fülle, wie in den meisten deutschen
Privatgalerien, entfaltet sich die vlämische und die hol
ländische Malerei des XVII. Jahrhunderts. Vollständig
keit ist hier nicht vergeblich erstrebt. Kaum ein be
rühmter Name wird vermißt, weder Rüben s; noch
Rembrand t, noch Franz Hals. Es wäre bequemer,
auf die paar Lücken hinzuweisen, die Konsul Weber in
40jähriger Bemühung nicht zu füllen vermochte, als alles
aufzuzählen, was er gesammelt hat. Unerwartet ist die
Gegenwart vieler Italiener des XIV., XV. und XVI. Jahr
hunderts, dabei Größen, wie M ante g n a und Lorenzo
Lotto, kunstgeschichtlich interessante Persönlich
keiten, wie .Jacopo de Barbari. Der universelle Ge
schmack dieses Sammlers hat auch die geistreichen Spät
linge der italienischen Malkunst, die T i e p o 1 o und
G u a r d i aufgenommen. Im ganzen zeigt diese Galerie
museumsartigen Charakter, zu dem ihr Katalog gut paßt.
Neben einer Menge von Kunstwerken, die den Liebhaber
zu entzücken geeignet sind, eine reiche Zahl von Monu
menten, die der Kunstforschung Nahrung geben.
Nicht ohne Wehmut sehen wir dem Verkauf ent
gegen. Dieses Ganze ist gewiß etwas anderes und mehr
als die Summe seiner Teile. In dem klug gefügten Bei
einander wird eines durch das andere beleuchtet, dieses
durch jenes erklärt. Von der Persönlichkeit des Samm
lers steckt etwas in dieser Hinterlassenschaft, das ent
weichen muß, wenn die Teile ihre neue Aufgabe, Genuß
und Licht in andere Häuser zu tragen, erfüllen sollen.
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*
Die Altertümer
Von Anton Ch.
Nicht weit von Miramär, an den Abhängen des Karstes,
liegt das alte Dorf Santa Croce. Schon der bedeutungsvolle
Name »Heiligenkreuz« weist auf sein hohes Alter hin, auf eine
Ortsentstehung, die möglicherweise in die erste Kreuzzugs
periode hineinfallen dürfte. Andererseits spricht Santa Croce
für eine mönchische Ansiedlung, denn im Mittelalter, besonders
Unsere Abbildung (Fig. l) zeigt ein Gemälde von
Sebastiano di Bartclo M a i n a r d i (geb. um 1460 zu San
Giminagno, gest. 1513 wahrscheinlich zu Florenz, wo er
Schüler und Geselle seines Schwagers Domenico Ghir-
landajo war). Das Bild zeigt »Maria mit dem Kinde«. Knie
stück nach links vor einer grauen Mauer, über die man
rechts und links vom dunklen Vorhang hinter Maria in
eine reiche florentinische Berg- und Flußlandschaft
hinausblickt. Die heilige Jungfrau trägt ein rosenrotes
Kleid, einen blauen, goldgestickten Mantel und ein durch
sichtiges Kopftuch über langem, herabfallendem blonden
Haare. Ihr Haupt umgibt ein perspektivischer, durch
sichtiger, reich verzierter Heiligenschein. Vor sich, auf
der mit farbigen Decken behängten Brüstung, hält sie mit
beiden Händen das stehende, nackte, nur mit durch
sichtigem Schamtuch bekleidete blonde Christkind, das
den linken Daumen in das l’uch steckt, während es die
Rechte segnend erhebt. Sein Haupt umgibt ebenfalls ein
Heiligenschein. Unten links und rechts blicken zwei gold-
lockige Köpfe blaugeflügelter Engel hervor. Rechts auf
der Brüstung steht ein Glas mit Blumen.
Fritz Harck nannte das Gemälde »Das anziehendste
florentinische Bild der Sammlung«.
Fig. 2 zeigt »Die Darstellung Christi im Tempel«
von Hans Holbein dem Aeltercn. Der romani-
sierende Tempelsaal öffnet sich durch einen Bogen
rechts ins Allerheiligstc. In seiner Mitte steht ein
roter Steintisch,. über den Maria in blauem Kleide,
weißem Mantel und weißem, von goldenen Strahlen um
gebenen Kopftuch mit beiden Händen den Knaben von
links nach rechts dem Hohepriester entgegenstreckt.
Dieser steht rechts. Eine spitze Mütze bedeckt sein
Haupt. Er streckt dem Knaben beide Hände entgegen.
Neben ihm stehen zwei Gehilfen, die Kerzen halten,
hinter ihm, ganz rechts, zwei andere Priester. Links,
hinter Maria, Josef in braunem Mantel und kirschrotem
Rock, auf seinen Stab gestützt, und zwei Frauen, die
Trauben herbeibringen, die eine in grünem Kleide mit
spitzer Haube, die andere in rotem Kleide mit rundem
Flechtenkranze. Ganz links blicken noch zwei Männer
in roter und grüner Gewandung hervor. Die Jahreszahl
1500 steht in Buchstaben am Rande des Brustschildes
des Priesters.
Man glaubte lange, daß das Bild zu einer der be
kannten Folgen des Meisters im Augsburger Dom oder
in der städtischen Sammlung zu Frankfurt a. M. gehöre,
doch traf diese Annahme nicht zu. Des Meisters ältere
»Darstellung im Tempel« im Augsburger Dom ist anders
komponiert.
Die neue Holbein-Literatur hat dieses schöne Bild
sonderbarerweise vernachlässigt; Fr. Stoedtner er
wähnt es nicht einmal in seiner Dissertation über Hans
Hclbein den Aelteren. (Berlin 1896.)
3n Santa Croce.
Mailly (Wien).
im 12. und 13. Jahrhundert, war der Name, der mit dem er
lösenden Gedanken der Christenheit Palästina aus dem Be
sitze der Ungläubigen zu befreien aufs engste zusammenhing,
bei Gründungen von Abteien und Pilgrimstationen für die
Kreuzfahrer sehr beliebt. Leider reicht die Ortsgeschichte nur
bis um 1500 zurück, in welche Zeit auch der Bau der jetzt be-