Nr. 20
Internationale Sammler- Zeitung.
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zu bereichern, indem sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf
das eine bestimmte Ziel richten. Das wird man auch in
weiteren Kreisen wohl noch zugeben und billigen, aber
daß Museen der hohen Kunst bei uns noch wesentlich be
reichert oder gar neue gebildet werden könnten, hält
man für unmöglich. Daß es schwieriger ist als vor
amerikanische Börsen nur selten noch zu bezahlen sind;
aber es gibt noch manche tüchtige Künstler, bei denen
dies sehr wohl der Fall ist, und der wirkliche Kenner
versteht auch heute noch gelegentlich trouvailles zu
machen, ebensogut wie der Kunsthändler. Große Auk
tionen sind eine sehr bequeme Art der Erwerbung,
Fig. 15. Forain, Le retour de Fenfant prodigue.
zwanzig oder dreißig Jahren, daß man höhere Preise an-
legen und doch nicht so viel erreichen kann als damals,
ist freilich richtig, aber unmöglich ist es keineswegs. Es
gehören nur Kenntnis und Ausdauer dazu und die Fähig
keit, auf das kunstliebende Publikum einzuwirken. Noch
in den letzten Jahren sind in Berlin, in Hamburg, in Mün
chen, Frankfurt am Main u. s. f. Privatsammlungen alter
Fig. 16. Guerin, Le vigilant.
Gemälde und von Werken der Kleinkunst und des Kunst
gewerbes entstanden, die jedem Museum zur Zier ge
reichen würden, und doch haben die Besitzer nicht mehr
dafür gezahlt, als in neuester Zeit verschiedene rheini
sche und süddeutsche Museen für moderne Bilder in
einem oder zwei Jahren ausgegeben haben. Gute alte
Bilder sind heute nicht teurer, ja oft wesentlich billiger
als moderne, zuweilen recht fragwürdige moderne Bilder.
Es ist freilich ganz richtig, daß einzelne große Meister
überhaupt nicht mehr käuflich, und daß andere für nicht-
bieten eine gewisse Garantie und zugleich die Aufregung
des Spieles, aber sie sind, wie dieses, sehr kostspielig.
Dennoch wird eine größere deutsche Sammlung unter
Umständen, namentlich wenn es sich um die Sammlung
eines Mitbürgers handelt, auch davor nicht zurück
schrecken dürfen, wie es die Hamburger Kunsthalle, um
bei dem oben angeführten Beispiel zu bleiben, bei Ver-
Fig. 17. Rops, C’nez les trappistes.
Steigerung der Hamburger Sammlung Weber getan hat.
Sicher hätte Lichtwark Bilder von gleicher und besserer
Qualität gelegentlich auf dem Kunstmarkte, selbst heute
noch, wesentlich billiger bekommen können; aber nur
aus dieser patriotischen Rücksicht konnte er das Geld
dafür erhalten. Ueberhaupt zeigt gerade die Hamburger
Kunsthalle, was man erreichen kann, wenn man sich die
richtigen Ziele setzt und systematisch sammelt; oder
richtiger: sie wird es zeigen, wenn der Aus- und Umbau
vollendet sein wird, da dann erst die jetzt unglücklich