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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 20
zerstreuten und halb magazinierten Sammlungen zur
Geltung kommen werden; die lokale Kunst in den reichen
Abteilungen der alten Hamburger Malerei und der
neueren Hamburger Kunst, die malerischen Ansichten aus
dem alten und neuen Hamburg und die Bildnisse ange
sehener Bürger von den ersten deutschen Künstlern, da-
Fig. 18 und 19. Kops, Les Cytheres Parisiennes.
neben die Sammlungen älterer holländischer Malerei
(meist aus Hamburger Besitz), die neuere deutsche und
französische Kunst, die Medaillen, die Kupferstiche und
die Handzeichnungen (die großartigen Schenkungen der
Hamburger Kunsthändler Harzen und Kommeter). Andere
Museen haben mit bescheidenen Mitteln geschickt ihre
günstige Lage auf klassischem Boden ausgenützt; so ist
erst in neuer und neuester Zeit die treffliche Sammlung
antiker Kleinkunst im Kölner Museum, in Trier das um
fangreiche römisch-germanische Museum, das vielseitige
und gewählte Museum in Sigmaringen, das Museum in
Darmstadt, das Straßburger Museum und andere mehr
entstanden. Auch Museen, die erst in den letzten zehn
oder zwanzig Jahren gebildet sind, haben verstanden,
Sammlungen alter Kunst neben solchen der modernen
Kunst anzulegen; so Krefeld, Elberfeld, Straßburg gar
nicht zu gedenken. Eine ausgezeichnete Gelegenheit zur
Vermehrung der Sammlungen alter Kunst bietet die Mög
lichkeit, die Kunstfreunde und Sammler zu gewinnen, da
mit sie Mittel für Erwerbungen spenden und ihre Samm
lungen auf die Dauer in der einen oder anderen Weise
für die Museen des Ortes gewonnen werden. Dies wird
regelmäßig glücken, wenn der Direktor es versteht, diese
Sammler (wie es mit Erfolg in Frankfurt, Hamburg, Kre
feld u. s. f. geschehen ist) für sich zu gewinnen, sie hcr-
anzubilden und ihnen beim Sammeln zu helfen, wie
andererseits sie zur Mitarbeit an sein Museum mit her
anzuziehen. Das ist leider früher nur zu wenig geschehen,
und sind daher nur zu viel Schätze ins Ausland gewan
dert; in Zukunft werden bedeutendere Sammlungen
alter Kunst oder doch ihre wichtigsten Teile Deutschland
hoffentlich nicht mehr verlassen. Daß dies verhindert
werde, wird eine Hauptsorge der Museumsleiter sein;
dafür ist aber vor allem auch nötig, daß sie sich selbst
um alte Kunst bekümmern und in ihren Museen die alte
Kunst pflegen und zur Geltung bringen. Die alte Kunst
ist und bleibt die klassische Kunst, die Quelle reinsten
Genusses und der Maßstab für die moderne, über deren
dauernden Wert erst die Zeit entscheiden muß. Deutsch
land ist so glücklich, seine Kunstschätze nicht nur an
einem einzigen Orte aufgestapelt zu haben, sondern eine
ganze Reihe von Städten mit Kunstsammlungen von un
schätzbarem Werte zu besitzen; diese in günstigster
Weise zur Geltung zu bringen und in richtiger Weise zu
vermehren, sowie an den rasch aufblühenden Stätten
moderner Kultur neue Sammlungen alter Kunst ent
stehen zu lassen, ist ebensosehr nationale Ehrenpflicht,
wie die richtige Pflege der eigenen modernen Kunst.
Auch für die modernen Industriezentren bietet sich bei
uns meist die Gelegenheit zur Bildung hervorragender
Sammlungen alter Kunst durch Vereinigung oder Aus
stellung verzettelter und versteckter Schätze; so in
Düsseldorf durch die jetzt vorbereitete Vereinigung und
Erweiterung der verschiedenen Sammlungen, in Essen,
in Halberstadt und an anderen Orten durch Aufstellung
und Oeffnung der herrlichen Kirchenschätze, die jetzt
hinter Schloß und Riegel schlecht und recht verwahrt
werden. Wenn wir auch sonst in der Kunstpflege von
Kmm&MSäm.rat?-<" . / *
Fig. 20. Pietsch, Scheel.
Italien kaum zu lernen brauchen, so ist doch die Art, wie
unter anderem die Kirchenschätze von Florenz im Museo
delF Opera und in Orvicto der Dornschatz im alten
Bischofspalast in besonderen Museen aufgestellt und
stets zugänglich sind, ein Vorbild, das gerade in Deutsch
land beachtet und befolgt werden sollte.
Chronik.
Ansichtskarten.
(Neue Oktoberfest-Postkarten.) Die An
regungen zur Aufwendung besseren Geschmackes bei An
sichtskarten, besonders bei solchen, welche für das breiteste
Publikum in Betracht kommen, beginnen erfreulicherweise
Beachtung zu finden. Die an der Spitze der Münchener Post
kartenfirmen stehende Kunstanstalt Otmar Zieher unter
nimmt in diesem Bestreben, die Geschmacklosigkeiten, die sich
gerade bei Oktoberfestkarten mit der Verherrlichung des Suffs
und unter Anwendung blödester, oft abstoßender Bilder her
vortaten, aus dein Felde zu schlagen. Der genannte Verlag hat
eine Reihe sehr schöner, neuer, sowohl in Auswahl der Mo
tive wie in der Reproduktion trefflich gehaltener Szenen und
Bilder vom Oktoberfest herausgegeben, darunter auch nette
dekorative Originale von M. L u b e r, C. Dreiss er und Jos.