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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 21
Auch diese Pariser Stummelsammler führen ihren
eigenen Namen. Was die Trovatori in Italien, in Wien die
Tschickarretierer, das sind in Paris die Megotiers (Stum
melleser), denn die Stummel selbst heißen ja megots. Die
kleineren Stummel werden chiquettes genannt. Wer er
kennt darin nicht die Wiener Tschicks? Diese französi
schen Sammler, deren es nach Schätzungen der Pariser
Polizei an 1500 geben soll, bringen ihre Funde den Groß
händlern, Ratfciseurs, die alles, was ihnen geboten wird,
gewöhnlich zu einem Franken das Pfund abkaufen. Diese
reinigen, färben und trocknen die Stummel, um sie dann
mittelst eigener kleiner Maschinen zu schneiden und in
Päckchen als eine Art »Schmuggeltabak« zu drei bis vier
Franken das Pfund zu verkaufen, während der Monopol
tabak fünf Franken pro Pfund kostet; aber man kann
auch 25 Gramm für einen Sous (fünf Centimes) dieses
»Pfeifenfutters« oder »Tabaks aus zweiter Hand« er
halten. Runden für diesen Tabak gibt es genug im Quar
tier latin und der Umsatz ist ein großer. Für manchen
Megotier wurde schon des Rauches blauer Dunst zu
blauen Bankscheinen.
(Schluß in der nächsten Nummer.)
Chronik.
Bibliophilie.
(Die Bibliothek Max Burckhardt.) Nun liegt
der Katalog der Bibliothek Max Burckhardt vor und man
sicht erstaunt, daß das Tamtam nicht gerechtfertigt war, das ge
schlagen wurde. Der ehemalige Direktor des Wiener Burg
theaters war ein Bücherliebhaber, aber nicht das, was man
unter einem Sammler versteht. In seiner Bibliothek liegt darum
auch kein System, er las gerne und kaufte durcheinander alles,
was ihm in den Wurf kam. Daraus entstand, wie Hermann
Bahr in dem hübschen Vorwort treffend bemerkt, eine »höchst
merkwürdige Bibliothek, aus der niemand den Eigentümer er
raten könnte. Die ganze »Moderne« seit den wilden Anfängen
in den Achtzigerjahren, damit stimmen aber wieder die Kirchen
väter nicht. Ueberhaupt sehr viel Theologie, aber auch sehr viel
Philologie, Geschichte, Philosophie, Naturwissenschaft, Kunst,
Medizin, Biographie und besonders Topographie.«
Bilder.
(Der Streit um Rembrandts »Ehebrecherin,
vor Christu s«.) Aus Amsterdam wird uns geschrieben:
Man wird sich erinnern, daß die für einen Rem b ran dt ge
haltene »Ehebrecherin vor Christus«, die bei der Auktion der
Weberschen Galerie von Sedelmeyer, der das Bild vor etwa
zwanzig Jahren für Weber gekauft hatte, zurückgekauft und
nach Amerika gebracht wurde, Gegenstand eines heftigen
Streites zwischen den Rembrandtkennern gebildet hat. Hofstede
de G r o o t nannte das Gemälde eine Komposition Rembrandts.
»dessen ausführende Hand man jedoch in diesem Exemplar gar
nicht oder höchstens noch hie und da erkennt.« Indessen soll
es Dr. P. Mersch gelungen sein, die aus dem 18. Jahrhundert
stammenden Uebermalungen, welche die Zweifel an der Echt
heit hervorgerufen haben, zu entfernen. Dr. Valentine r, der
Augenzeuge der Restaurationsarbeit war, glaubt in diesem Ge
mälde eine der schönsten Schöpfungen Rembrandts zu erkennen,
und Hofstede de Groot wird demnächst sich in Amerika selbst
davon überzeugen, ob er sein Urteil aufrecht erhalten kann
oder nicht.
Numismatik.
(M ii n z e n a u k t i o n in Wie n.) Bei Brüder Egger
gelangt am 18. d. M. die Sammlung griechischer, römischer und
byzantinischer Münzen des verstorbenen Dr. Fenerly Bey
zur Versteigerung. Der mit 27 gelungenen 1 ichtdrucktafeln aus
gestattete Katalog enthält unter den aufgezählten 1400 Lots eine
große Anzahl von hervorragenden Seltenheiten und Kabinett
stücken besonders in den Serien von Sizilien, Thrakien, Make
donien und der syrischen Könige. Erwähnen wollen wir nur drei
herrliche Tetradrachmen von Rhegium, davon eine mit der un
bekannten Künstlersignatur TY zwei syrakusanische Medaillons
von Kimon und zwei von Euainetos, eine Tetradrachme von
Mesembria bei Head Historia Numorun, pag 278, nach diesem
Unikum beschrieben, eine gleichfalls nur in diesem Exemplar
bekannte Didrachme von Perinthus (1. c. p. 270), Tetradraehmen
mit vorzüglich gearbeiteten Porträtköpfen der makedonischen
Könige Demetrius und Philipp V., zwei Goldmünzen, und zwar
ein Stater und ein vierfacher Stater der syrischen Könige
Antiochus I. und Antiochus III., besonders letzterer von größter
Seltenheit, eine Drachme von Seleucus II., von hervorragendem
Stil, eine Tetradrachme Antiochus IV. mit dem Kopfe des
Königs als Zeus, die in nur zwei Exemplaren bekannte Tetra
drachme des Tryphon. Von Judäa zwei Schekel, ein halber
Schekel und eine Bronzemünze des Simon Maccabaeus. Die
Sammlung römischer Münzen enthält eine Reihe von Familien-
und Kaisermünzen, zumeist in sehr schöner Erhaltung. An diese
Versteigerung reiht sich am 2t. November jene von Münzen und
Medaillen von Steiermark, Kärnten, Krain. Elsaß, Montfort,
Münster, Osnabrück, Paderborn, auf die westfälische Friedens
feier, von Polen, Bergwerksmünzen und Medaillen sowie Fluß
golddukaten an. Auch diese enthält unter allen angeführten Ge
bieten eine große Anzahl seltener Exemplare, die auf den dem
Kataloge beigegebenen 10 Lichtdrucktafeln abgebildet sind.
Philatelie.
(Die größte Briefmarken au sstellung der
W e 11.) Gegen 300.000 seltene Briefmarken, die einen Wert von
etwa 6 Millionen Mark darstellen, sind auf der soeben eröffneten
Internationalen Ausstellung in L o n d o n zu sehen. Diese Aus
stellung, die die großartigste Veranstaltung ihrer Art bisher über
haupt ist, hat Philatelisten aus allen Weltteilen angezogen, und
beschäftigt alle Kreise Englands, vom König, der ein begeisterter
Briefmarkensammler ist, bis zu den Schuljungen, die ihre
Marken tauschen. Der Stolz der Ausstellung ist die Platte, von
der die Penny- und Zweipenny-Mauritiusmarken gedruckt
wurden; ihr Wert wird auf 100.000 Mk. geschätzt. Die Marken
selbst, von denen nur 27 Exemplare bekannt sind, kosten
70.000 Mk. das Paar. Zu den größten Seltenheiten gehört eine
Serie von Uruguaymarken. Die seltenste Briefmarke, die vor
handen ist, ist aber eine grüne chinesische Marke für Expreß
briefe, die aus vier perforierten Abteilungen besteht. Wer in
China Eilbriefe versendet, bekommt von dieser Marke nur
eine Abteilung, während die chinesische'Post die übrigen drei
zurückbehält und jeden, der sich in ihren Besitz setzt, mit
schwerer Strafe bedroht. Dem englischen Sammler Harte-
Lovelace gelang es während der chinesischen Revolution, sich
in den Besitz einer vollständigen Marke zu setzen, der einzigen,
die es bisher außerhalb Chinas gibt. 40.000 Mk. ist eine Zwei-
centmissionannarke von Hawai wert, die in den Fünfzigerjahren
des 19. Jahrhunderts von den Missionären Hawais verwendet
wurde und außerordentlich selten ist.