MAK
Nr. 21 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 325 
liehen diese Schriftsteller keine Beweise zu erbringen ver 
mocht, die jetzt die »Nachrichten« gefunden zu haben glauben. 
Der jüngere Bouts ist in Löwen im Jahre 1448 geboren 
und entweder 1490 oder 1491 dort gestorben. Daß er von 1474 
bis 1490 in Löwen gewirkt hat, glaubt man jetzt nachweisen 
zu können, aber in der früheren Kunstgeschichte ist von dieser 
künstlerischen Tätigkeit nie die Rede, sondern nur von der 
jenigen seines Vaters. Nun hat Wauters in dem Archiv von 
Löwen ein Dokument entdeckt, aus dem hervorgeht, daß eines 
der bekannten Bilder von dem Walten der Gerechtigkeit, das 
sich im Museum in Brüssel befindet, und zwar das, auf dem 
Kaiser Otto dargestellt ist, dem jüngeren Dierick Bouts zu 
geschrieben werden muß. Dieses Bild wurde dem Vater im 
Jahre 1468 bestellt. Aus dem aufgefundenen Dokument geht 
hervor, daß der Magistrat der Stadt Löwen sich im Jahre 1480 
irn Mai oder Juli in das Atelier des jüngeren Bouts begeben 
hat, um den Fortgang seiner Arbeit zu besichtigen. Man bot 
ihm für seine fleißige Tätigkeit sogar ein Geschenk in Wein 
an. Das gleiche Geschenk erhielt zur selben Zeit der Priester 
ttugues van der Goes aus dem bekannten Kloster Rouge 
Eloitre bei Brüssel, der auf Wunsch des Magistrates nach 
Löwen kam, um die Arbeit Bouts des Jüngeren zu begutachten. 
Nach Wauters besitzt das Brüsseler Museum eine »Kreuz- 
Abnahme«, die von der Abtei von Tongerloos stammt, und die 
zu verschiedenen Zeitnerioden verschiedenen niederländischen 
Malern zugeschrieben wurde. Zuerst glaubte man, Memling habe 
sie gemalt. Dann schrieb man sie van der Weyden zu, und 
endlich auch dem älteren Thiery. Ein deutscher Kritiker hatte 
sogar Petrus Christus von Brügge als Autor genannt. Das 
Berliner Museum soll eine aus dem Jahre 1488 stammende 
Kopie dieses Gemäldes besitzen, so daß also die Angabe 
Wauters' in der Reichshauptstadt eine kleine Nachprüfung er 
fahren kann. Die Hauptgemälde des jüngeren Bouts sollen in 
Spanien sein, wo sic der bedeutenden Gemäldegalerie der 
Königin von Castilien angehören. Es soll sich um ein Tri 
ptychon handeln, das die Geschichte Jesu Christi darstellt. 
qp 
Die Bibliothek Kurt Wolff. 
Vom 11. bis 14. November wird die Firma Josef 
B a e r & C o. in Frankfurt a. M. eine bedeutende Samm 
lung deutscher Literatur versteigern. Sie stammt aus 
dem Besitze des Herrn Kurt 
Wolff in Leipzig, der sich 
durch Veröffentlichungen 
aus der Frühzeit Goethes, 
sowie durch eine Auswahl 
von Mercks Schriften be 
kannt gemacht hat. Diesem 
Arbeitsgebiet entsprechend 
sind neben den hauptsäch 
lichen Erstausgaben der 
Werke der Dichter der 
Sturm- und Drangperiode, 
wie Klinger, Lenz und Wag 
ner, die Jugendarbeiten 
Goethes, besonders voll 
ständig vertreten. So treffen 
wir darunter Schriften 
Goethes, die. seit Jahrzehn 
ten nicht mehr oder über 
haupt noch nie im Handel 
vorgekommen sind, wie 
»Von deutscher Baukunst« 
derf ersten Privatdruck des 
Singspieles »Erwin und El- 
rnire« (1775), den allerersten 
Druck von »Götter, Helden 
und Wieland« (1774) u. a. m. 
Natürlich sind auch die son 
stigen hauptsächlichen 
Werke des Dichters in hüb 
schen Exemplaren vertreten, 
wie die Erstausgaben des 
»Werther«, »Götz«, »Iphi 
genie auf Tauris«, »Faust«, 
Auch fehlt es hierin nicht 
an besonderen Stücken, wie 
Widmungsexemplaren und 
Autographen des Dichters, 
den einzig in dreißig Exemplaren hcrgestellten Einzel 
druck der »Venezianischen Epigramme«. -— Von beson 
derem Wert und Reiz sind Abteilungen, wie »Goethe auf 
der Bühne und in der Dichtung«, »Werther-Literatur«, 
»Faust in Sage und Dichtung«, worin sich interessante 
Ausgaben des Volksbuches, Kommentare und Illustra 
tionen zu Goethes »Faust« u. a. m. befinden. ■— 
Auch die Abteilung Goethe 
scher Privatdrucke und von 
Drucken zu Ehren Goethes 
weist besonders seltene 
Stücke, darunter solche, die 
den Bibliographen bisher 
unbekannt gewesen sind, 
auf. Außer Goethe sind 
Schiller, Klopstock, Körner, 
Kleist, Heine, Gottfried Kel 
ler u. v. a. in interessanten 
und seltenen Drucken vor 
handen, Lavater ist ziemlich 
vollständig in ersten Drucken 
und seltenen Nachdrucken. 
So finden wir in der Samm 
lung den ersten Druck der 
»Vermischten physiognomi- 
schen Regeln«, dessen erstes 
Hundert 1789 erschien. Diese 
Ausgabe enthält interessante 
erläuternde Figuren, von 
denen wir hier eine (Fig. 6) 
wiedergeben. 
Aus einer Sammlung von 
Handzeichnungen, Silhouet 
ten, Gouaches und Kupfer 
stichen, die Lavater als Stu 
dienmaterial zu seinem be 
rühmten Werke »Physiog- 
nomische Fragmente zur 
Beförderung der Menschen 
kenntnis und Menschen 
liebe« (Leipzig und Winter 
thur 1775/78) und zu an 
deren Arbeiten auf dem Ge 
biete der Physiognomik 
dienten, stammen Herders 
Schattenriß (Fig. 7), das Porträt Peters des Großen 
(Fig. 8), und das Jean Philippe Rameaus (Fig. 9). Unter 
dem Porträt des französischen Komponisten findet sich 
von Lavatcrs Hand der volle Name mit Geburts- und
	        
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