MAK
Nr. 21 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 329 
So gibt es in Wien Sammler solcher Zigarrenfrag 
mente, populär wienerisch ausgedrückt: »Stumpfarre- 
tierer«, das »Geschlecht derer vom Tschick«. 
Abgesehen vom Amateur gibt es auch Professionals. 
Diese bücken sich um die desolatesten Beamtenzigarren- 
tschicks. »Mit zur Erde gerichteten Blicken, auch eine 
Art Naturforscher, durchwandern sie die belebtesten 
Straßen und schieben die einer untergeordneten Klasse 
angehörigen Stummel gleichgiltig in die Tasche. Trifft 
aber des Professionals ewig suchender Geist ein wohl- 
beliebtes Trabukerl oder entdeckt er gar den Rest einer 
Spezialität, dann leuchtet es in seinen müden Augen auf. | 
So muß dem Jäger zumute sein, der auf die Hahnenjagd 
geht und der einen Löwen erbeutet.« So las ich einst eine 
Schilderung des Wiener Trovatore. 
Diese gefundenen Tschicks werden dann geordnet 
nach Größe, Ansehen und Abstammung und einzeln oder 
träuperlweise an den Mann gebracht. Die besten Kund 
schaften für diese Waren des Stumpfarretierens re 
krutieren sich größtenteils aus Brantweinbrüdern. Was 
die heilige Sanitas dazu sagt, gehört freilich auf ein an 
deres Feld. 
Kein Professional — nein — sondern ein Amateur 
war es aber, den Fritz Schönpflugs meisterhafte 
Hand in der »Muskete« verewigte, wozu J. Tauber 
den köstlichen Text geschrieben: 
Serwas, Tschick! 
Servas, Tschick! I tua di grüaß’n 1 
Jessas na! A feines Kraut! 
Am Asphalt Trabukerln spiatien 
Kann ma, wann mer a wengerl g’haut! 
Unter da Brigittabruck’n 
Find’t ma'r 'n solchen Tschick wohl schwer, 
Bei da Burg und aufm Grab'n 
Is scho’ leicKta! — Da schau her! 
big. 11. Schellenberg, Gouache. 
Kommt die schöne Zeit — abfahr’n 
Tan vom Hauptsarnmelkanal 
Mir, weil d’ Ratz’n, an fiirn Narr’n 
Halt’n. Sag d’r ’s! A Skandal! 
Ziehen dann zur greanen Bettirau 
In die »Krim«, in ’n Prater ’naus! — 
Greane Bettfrau, Herbergsmuatta — 
Dann san d’ schlecht'n Zeiten aus! 
Zwölfe schlagt’s! Halt schön pomali 
Streich'n ma hin zur Burgniusik! 
Ob’st net hergehst, rote Sali?! 
Häng' di ein, mein Stolz und Glück! 
Laß den g’flickt'n Schurl! Hörst es! 
Sonst brech’ i eahm no sein G’nick! . . . 
Da schau’ her! Scho’ wieder aner! 
Reib mar’n um;! Serwas Tschick! 
Ebenso schildert Ignaz Pauer in seinem humoristi 
schen Gedicht »Der Zankapfel« im Wiener »Figaro« 
(1909, Nr. 40) in der dritten Strophe: 
Da plötzlich stürzen nieder sie, 
Es war ein wüster Rummel, 
Sie balgten sich mit heißer Müh 
Um einen Zigarrenstummel. 
Zur höchsten Blüte aber gelangte dieses Zigarren 
stummelsammeln und sein Handel durch die Zigarren 
stummelindustrie in Paris. Auf dem in der Verlänge 
rung der Ruc Morge gelegenen Place Maubert recte 
Maubuee (schlechter Dunst) wird jeden Morgen zirka 
7 Uhr eine veritable Zigarrenstummelbörse 
abgehalten, wohin jeder seine Sammlung vom Vortage 
bringt, wozu sich die Sammler sogar mit den Gargons 
der Kaffeehäuser verständigen, die ihnen gegen ein 
monatliches Pauschale gestatten, die Aschenbecher zu 
räumen und unter den Tischen Nachschau zu halten. 
Fig. 10. Lips, Federzeichnung.
	        
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