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Internationale Sa m m ler-Zcitun g. 
Nr. 22 
Sammler und Sammlungen auf tabakologischem Gebiet. 
Von Dr. Eduard Maria Schranka (Wien). 
in>) 
(Schluß aus Nr. 21.) 
Recht charakteristisch schildert dieses Metier der 
Megotiers F. C. Peter sen in seinen »Pariser Feder 
zeichnungen«, worin er eine solche Pariser »mysteriöse 
Tabakfabrik« beschreibt. In neuerer Zeit hat Dr. Emil 
Schultz im »Berliner Lokalanzeiger« über Leben und 
Treiben der Pariser Megotiers geplaudert. Ebenso er 
innere ich mich an den Artikel von Didier, »Der König 
der Zigarrenstummel«, wie Antoine M a r t i n, ein Pariser 
Original, genannt wurde, der auch Zigarrenstummel 
sammler war und als er, 60 Jahre alt, starb, seinen Ver 
wandten in ßelville ein Vermögen von 120.000 Franken 
hinterließ. Fr war aber auch gerieben dieser Schlaumeier 
und sparte genial. Er verkaufte seine Stummelsammlun 
gen nicht an jener Börse auf dem Place Maubert, er ver 
wandelte sie auf eigene Faust in Gold. Die schlechten 
Stummel brannte er so lange, bis sie eine schöne, weiße 
Asche bildeten, die er an Parfümerien verkaufte, die sie 
ihrerseits wieder als Zahnpulver den Damen verkauften. 
Die guten Stummel ließ er dagegen 14 Tage in einem 
Teeaufguß liegen, eine Art Beize, wie er es nannte. Das 
können aber noch zu anderem dienen, zum Beispiel zu 
Tabaksud, als Pflanzenschutzmittel und dergleichen 
mehr. 
Aber auch Unheil haben sie schon angestellt. So ist 
in Brunn ein Taglöhner namens Josef Zahalka an 
einem Zigarrenstummel erstickt. 
Wie oft wurden sie Ursache von Bränden! Durch 
einen noch glimmenden Zigarrenstumpf begann in der 
Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1906 die Wiener 
Aspernbrücke zu brennen. Kleine Ursachen, große Wir 
kungen. Darum bei Wäldern und Forstbeständen die 
Warnung, glimmende Zigarrenreste nicht wegzuwerfen, 
ln den »Fliegenden« stand einst die Waldrauchregel: 
Einer nützlichen Gewohnheit 
Bleib’ getreu jedweder Zeit: 
Und tritt aus den Zigarrenstummel, 
Auch wenn’s regnet oder schneit. 
Ein Zigarrenstummel führte zur Entdeckung eines 
| Mörders, der ein sechsjähriges Mädchen bestialisch er- 
Fig. 6. Chodowiecki, Reise nach Dresden. 
benahm ihnen den schlechten Geschmack und dann erst 
schnitt er sie trocken, wieder klein, daraus seine Nichten 
ausländische Zigaretten machen mußten, die er zu fünf 
Franken das Hundert an die Maitres d'Hotel der großen 
Cafes verkaufte. 
»Was diese schönen Herren,« sagte er oft selbst, 
»doch für Schmutz und Unrat rauchen!« 
Oft kam er auch in Konflikt mit der Polizei, aber 
lieber saß er es ab, als daß er Strafe gezahlt hätte, und 
wurde ein vermögender Mann. 
Auch in England existiert dieser eigenartige Er 
werbszweig der »Zigarrenstummler«, wie Hermann 
Pilz in seinem interessanten Werke »Der Tabak und 
das Rauchen« diese Sammler nennt. 
Nach Sir Hicks Be ach Berichte brachten diese 
gesammelten Zigarrenreste, die dort ebenfalls an Groß 
unternehmer verkauft werden, im englischen Budget 
1896/97 in Großbritannien und Irland die Summe von 
nicht weniger als eine Million Pfund Sterling = 20 Mil 
lionen Mark, ein. Ein anderer Statistiker veranschlagte 
den Wert der innerhalb eines Jahres weggeworfenen 
Reste auf vier bis fünf Millionen Dollars und rechnete 
zwei Millionen auf durch Ungeschicklichkeit und Unauf 
merksamkeit verstreuten losen Tabak. Zigarrenstummel 
*) Siehe die Nummern 10, 15, 16 und 21 der »Internatio 
nalen Sammlerzeitung«. 
mordete. Mit dem Stummel, den man am Tatort als corpus 
delicti fand, begab sich ein Detektiv auf die Jagd nach 
dem Verbrecher. Alle seine Stummeln hatten dieselben 
Merkmale, da er schadhafte Vorderzähne hatte. Der 
Stummel befindet sich im Wiener Polizeimuseum, das 
Balduin Groller in Reclams »Universum« (Nr. 37, 
Jahrgang 1909), illustrativ schildert. 
Kassian Kluibcnschädcl hat in der »Jugend« 
sogar ein Marterl auf einen Zigarrenstummel verfaßt: 
Hier ruht ein Stummel von einer unechten Üpmann, 
Wenn man sie geraucht, macht eine halbe Stunde lang, »hup!« 
man; 
Zwei Tage und drei Nächte hab’ ich an dieser Stiukadores 
verdaut, 
Hoffentlich gibt cs m der ewigen Seligkeit ein besseres Kraut! 
Eigentlich verdiente der Raucher ein Marterl. 
Wie es nun Raucherutensilien gibt, welche die 
Spitzelsammler unterstützen, so besitzt auch der Stum 
melsammler deren in den verschiedenen Zigarrenab 
legern, Tellern etc. 
Ein gewisser Paul L o o s e in Berlin nahm ein Patent 
auf eine Zigarrenspitze mit federndem Stummelaus-
	        
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