Nr. 22
nternätionale Sammler-Zeitung.
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werter (de dato 3. Oktober 1905). Ferner gibt es eigene
lederüberzogene Metallhülsen in Zigarrenform, in wel
chen man noch nicht ausgerauchte Zigarren verschließen
und in der Tasche verwahren kann, um sic wieder
später gelegentlich in Brand zu setzen.
Die Stummelsammler kommen dadurch freilich zu
kurz, wie die Spitzelsammler durch die Zigarrenlocher.
Aber alle die zahlreichen Raucherutensilien geben
wieder interessante Sammlungsobjekte. Eine zum
zweitenmal angeztindete Zigarre wurde oft besser, weil
sie des angesammelten Nikotins wegen auch stärker ist,
und manchem schmeckt eine am Abend abgelegte Zi
garre, des Morgens wieder angebrannt, besser als eine
frische. Das gilt auch für starke Raucher von der Vir
ginia.
Für solche intermittierende Raucher, die den Gegen
satz zu den sogenannten Kettenrauchern bilden, sei nun
hier ein guter Ratschlag eingeflochten, wie ihn die Er-
Die Prager Schauspielerin Frau Anna Versing-
Hauptmann, die sich auch schriftstellerisch betätigte,
schrieb einst ein Feuilleton für das »Prager Tagblatt«,
»Aus der Asche«, eine Phantasie, ein Traum in einer
Neujahrsnacht, worin die nach einer Tafel auf den
Aschentellern liegen gebliebenen diversen Stummeln
(Regalia, Operas, Virginia, La Terme, Zigaretten) unter
einander eine Konversation abhalten. Die beiden Poeten
Rabies und Herbei, Verfasser des »Schlosses des
Besoffenen«, brachten im Duett der Stummlersammler
diese im Pariser Clunytheater auch auf die Bühne.
Auch der Kunst diente der Zigarrenstummel als
Sujet. Salvatore P i s a n i bringt auf seinem Gemälde
»Der italienische Spitzbub« die übermütige Laune des
Burschen mit dem Zigarrenstummel zur lebhaften An
schauung. Auch erinnere ich an A. Roberts Gemälde
»Le Megot« (Der Stummelsammler) im Pariser Salon
1907. Aber nicht nur zum Vorwurf, selbst als Stift hat er
schon dem Künstler gedient.
Fig. 7. Panorama
fahrung lehrte. Soll nämlich eine angebrannte, wegge
legte Zigarre auch am anderen Tage noch genießbar sein,
so muß man nach dem letzten Zuge den in den Luftwegen
der Zigarre befindlichen Rauch hinausblasen und sie mit
dem brennenden Ende etwas nach aufwärts legen, so daß
der sich im Weiterglimmen, vor dem Verlöschen, etwa
entwickelnde Rauch nicht wieder in die Zigarre ein-
dringen kann. Dieser Rauch nämlich verdirbt über Nacht
die chemische Beschaffenheit des »Stummels« und
macht ihn beißend und übelschmeckend. Wer also den
Rauch vor dem Weglegen der Zigarre hinausbläst, wird
am anderen Morgen einen viel besser schmeckenden
Stummel vorfinden, als wenn er ihn einfach nach dem
letzten Zuge ablegt.
Freilich mir fällt ein Rat ein, den v. S i n n e r in den
»Fliegenden« (1907) in die schönen Verse gekleidet hat:
Warst du in eine Maid verschossen,
Und ist zu End’ der holde Trug,
Veriieb’ dich nicht in sie von Neuem.
Willst du verständig sein und klug!
Man zünde nie zum zweiten Male
Zigarren an und — Ideale!
von Berlin, 1840.
Es ist ein interessantes kulturhistorisches Faktum,
daß Kau Ibach die Originale seiner in den »Fliegen
den« unsterblich gewordenen, von Rudolf M a r g g r a f f
»Eisele und Beisele« benannten Figuren auf der Mentor -
schwaig bei München mit einem verkohlten Zigarren
stummel an der weißen Wand der dortigen Künstler-
kneipe entwarf.
In der Poesie sind wir dem Stummel im Verlaufe
meiner Studie mehrfach begegnet; aber ich will noch
mit einem von K a r 1 c h e n Unterzeichneten, in der
»Jugend« (1907, Nr. 6) erschienenen spöttischen Gedicht
aus dem Liederbuche des fürstlichen Hofrates Knicke
bein aufwarten:
Der Stummel.
In meiner guten Stube
Auf einem Kissen zart,
, Liegt ein Zigarrenstummel
Von ganz besonderer Art.
Oft steh' ich vor dem Stummel,
Zur Erd’ mein Haupt getaucht.
Denn diesen süßen Stummel
Hat einst ein Prinz geraucht.